Kapitel 28

3.4K 101 4
                                    

Noah Cano

Ich saß in der Küche mit einem kühlen Bier, während ich Luc im Stillen verfluchte.

Ich könnte ihn erwürgen, obwohl ich wusste, dass es meine Schuld war.

Auch wenn es die Wahrheit war, war es mir einfach rausgerutscht.

Plötzlich näherten sich leise Schritte der Küche und ich spannte mich an. Die Schritte passten nur zu Camilla, aber was würde sie noch von mir wollen.

Sie liebte mich nicht, ich hatte es verspielt. „Meine Freundin" hasste mich offiziell.

Die Tür wurde aufgestoßen und tatsächlich erschien nur wenig später Camillas zierliche Gestalt in der Tür. In mir zog sich alles zusammen, bei ihrem Anblick, doch gekonnt unterdrückte ich es mit einem weiteren Schluck Bier.

„Noah?", ertönte ihre sanfte Stimme und mein Herz machte einen Sprung. Verräter.

Wütend schaute ich zu dem Mädchen, aber antwortete ich ihr nicht.

Sie kam vorsichtig näher und setzte sich neben mich auf die Bank.

Es war nur noch ihr Atem, der stoßweise ging, zu hören. Ich hingegen war ruhig, zu mindestens äußerlich, denn innerlich spürte ich den Sturm, der mich aufwühlte und mein Herz hin und her schmiss.

„Es tut mir leid.", versuchte Camilla es erneut, doch nach wie vor ignorierte es sie. Ihr tat es leid, aber mir tat es weh und das konnte ich mir nicht erlauben. Sie sollte gehen und nie wieder kommen, aber das konnte sie ja auch nicht, weil ich sie und Bianca noch als Geiseln brauchte.

Camilla schluckte neben mir unruhig und ballte ihre zitternden Hände, als sie sich zu mir drehte und schimpfte:„ Jetzt machst du dich wieder kalt und unnahbar. Soll ich dir mal was sagen, was dich wieder was fühlen lässt, ich erzähl dir mal die Wahrheit, die du doch so gerne wissen willst. Theo wollte mich vergewaltigen, aber ich habe mich gewehrt. Dann nahm er ein Messer und daher die Narbe. Schlimm oder? Jetzt willst du ihn umbringen oder? Gut, dann bist du immerhin nicht so kalt!"

Gleich nachdem sie das gesagt hatte, schlug sie sich beide Hände vor den Mund und schaute mich mit einem ängstlichen Blick an.

Denn sie hatte Recht, ich würde am liebsten die ganze Welt absuchen, damit ich diesen Theo finden und so lange quälen kann, bis er mich anfleht sein erbärmliches Leben zu beenden.

Trotz der Wut, die mich erfüllte wie eine Droge, sah ich klar vor mir, wie sehr Camilla bei der Erinnerung an die Vergewaltigung erschauderte. Ich konnte nicht anders. Vielleicht war unsere Geschichte doch nicht zu Ende, wenn sie mir jetzt ihr größtes Geheimnis anvertraute.

„Wieso erzählst du mir das, Camilla?", fragte ich sie und konnte nicht das Lächeln, das sich auf mein Gesicht schlich unterdrücken.

Das Mädchen rückte näher zu mir und ihr Gesicht war so nah an meinem, dass es mir schwer fiel mich noch zu beherrschen.

Ich wiederholte meine Frage noch einmal, doch Camilla presste ihre Lippen aufeinander und sagte nichts. Stattdessen wollte sie den letzten Abstand zwischen uns schließen, doch ich wich zurück und drückte sie von mir weg.

„Wieso tust du das?", erkundigte sie sich verwirrt und ihre Wangen wurden leicht rot.

Ich schaute sie traurig an und diesmal verhinderte ich nicht, dass Camilla meine Gefühlsregungen genau verfolgen konnte.

Ich holte ihr Luft und beschloss alles zu riskieren:„ Ich liebe dich, Camilla Moretti. Bei dir fühle ich mich wie ein anderer Mensch. Du machst mich zu jemand besserem, jemand besonderem. Doch ich kenne die Liebe und wenn du nur mit mir zusammen bist, damit ich dich nicht töte, dann will ich dich nicht lieben. Du kannst es ja nicht sagen und das ist okay, aber weil ich dich liebe, muss ich dich gehen lassen, bevor du mich zerstörst. Also du kannst gehen, wenn du willst. Ohne Bedingungen und ohne Deals. Du bist frei."

Ich spürte wie etwas von mir abfiel und fühlte mich darin bestätigt das Richtige getan zu haben. Trotzdem konnte ich die aufkeimende Enttäuschung nicht verhindern, als sie nicht antwortete. Tief in meinem Inneren war wohl noch ein hoffnungsvoller Funke, den ich schon lange für abgetötet geglaubt hatte.

Camilla riss mich wieder aus meinen Gedanken:„ Wieso sollte ich gehen wollen? Du bist wohl alles was ich jemals gebraucht hatte, damit ich mich wieder lebendig fühle. Du bist mein fester Freund, also werde ich hier bleiben und dich lieben. Von ganzem Herzen."

Erstaunt sah ich ihn Camillas Augen, die gerade mit der Sonne um die Wette strahlten.

Ein Glücksgefühl breitete sich in mir aus, ich hätte wohl ausrasten können vor Freunde. Ich wusste nicht womit ich es verdient hatte, dass sich dieses süße Mädchen in mich verliebt, aber ich genoss es. Ihre Worte waren wir Balsam für meine dunkle Seele und glücklich zog ich sie an mich.

Meine Lippen legten sich auf diese und all die Leidenschaft und die Liebe die wir für einander empfanden, fanden sich in diesem Kuss wieder. Ich fühlte mich lebendig und als ihren Lippen ein glückliches Seufzen entlockte löste ich mich kurz und murmelte gegen ihre Lippen:„ Du bist das Beste, das mit passieren konnte."

„Ich liebe dich, Noah Cano.", war ihre schlichte Antwort und unsere Lippen fanden sich wieder in einem süßen Kuss, der mir alles bedeutete. Endlich hatte ich mein Mädchen, meine Frau gefunden und sie liebte mich und wollte sogar freiwillig bei mir bleiben.

Ich verstand nicht, wie sie mir alles, was ich ihr angetan hatte verziehen konnte, aber ich war einfach glücklich, dass sie es tat.

Als Camilla auf meinen Schoß krabbelte, ergriff ich die Chance und hob sie, so wie ich es bei unserer Hochzeit tun werde, hoch.

Glücklich lachte sie auf und ich trug sie die Treppe hoch in unser Zimmer. Dort fielen wir zusammen in mein oder besser gesagt unser Bett.

Sanft zog ich Camilla zu mir und sie legte ihren Kopf auf meine Brust, während ich sanft mit ihren Haaren.

Ich wünschte mir, dass dieser friedliche Moment niemals enden würde.

Camilla seufzte in meinen Armen, als ob sie gerade den selben Gedanken hatte.

Noch immer schien es mir, als ob ich in einer Seifenblase leben würde, die gleich platzte. Aber das würde sie nicht, das wusste ich.

Camilla war hier und das war das wichtigste.

Zusammen würden wir ein glückliches, perfektes Leben haben.

„Du musst nie wieder Angst haben. Vor niemandem, das verspreche ich dir.", schwor ich leise und Camilla hauchte mir einen Kuss auf die Wange.

„Du lebst gefährlich, irgendwas wird immer passieren und das weißt du, aber zusammen schaffen wir alles.", stimmte sie mir zu, bevor sie die Augen schloss und ich mit dem wundervollsten Mädchen der Welt, in meinen Armen einschlief.

The Mafia - EistränenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt