Kapitel 35

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Camilla Moretti

Das Wasser lief an meinem Körper entlang und wie gebannt betrachtete ich die Wassertropfen. Sie würden nur noch einen kurzen Weg haben, bis sie in den Abfluss, ins Nirgendwo, fließen würden.

Genau so ging es mir. Umso länger ich von Noah getrennt war, desto mehr geriet ich in Vergessenheit.

Nachdem die ersten paar Tage Veronica und Luc mich kaum aus den Augen ließen, ist Luc nach Spanien gereist, um dort die Mafia zusammen mit Lucia auf Vordermann zu halten. Veronica ist hingegen immer noch hier und hat endlich aufgehört mich wie eine Glaspuppe zu behandeln. Trotzdem fühlte ich mich schrecklich einsam und unvollständig.

Wie so oft war mein Blick starr in die Ferne gerichtet und meine Gedanken waren Kilometer entfernt bei Noah.

Noch immer wurde kein Urteil gefällt und mir graute es davor.

„Camilla, du musst sofort kommen!", rief mich plötzlich Veronica, die bis eben noch in der Küche stand und gekocht hatte. Schnell sprang ich aus der Dusche und zog mir eine weite Hose, sowie ein bauchfreies T-Shirt an.

Ein Blick in den Spiegel ließ mich erschaudern. Meine Wangen, die vom Duschen errötet waren, wurden trotzdem noch von tiefen Augenringen gezeichnet.

Nachts wälzte ich mich nur noch hin und her und wenn ich dann schlafe, habe ich Alpträume. Mein Gefühl schien mir schon seit Tagen sagen zu wollen, dass etwas Schlimmes auf mich zukommen wird.

Genau dieser Gedanke und die leicht zittrige Stimme und Veronica trieben mich zur Eile an.

Als ich unten ankam, konnte ich Veronica erst nicht entdecken.

Letztendlich folgte ich dann aber dem lauten Ton des Fernsehers und fand eine bleiche Veronica auf dem Sofa sitzend vor.

Verwirrt setzte ich mich neben sie:„ Was ist passiert, du siehst aus als hättest du einen Geist gesehen?"

Meine beste Freundin nickte zum Fernseher und erst jetzt registrierte ich was sie da guckte.

Unmöglich.

Unfähig mich auch nur ein kleines Stück zu bewegen starrte ich auf den Fernseher, der gerade einen Moderator der Tagesschau zeigte, neben dem ein Bild von Noah eingeblendet wurde.

Das Bild traf ihn nicht. Er guckte finster auf dem Bild, dass sie im Gefängnis aufgenommen haben mussten.

Seine Lippen waren schmal und krampfhaft zusammengepresst. Das Blitzen in seinen Augen war fast stechend und schien von dem Fernseher aus seine Zuschauer umbringen zu können. Mein Blick wanderte weiter zu seinem kantigen Kinn mit den hohen Wangenknochen, für die so einige junge Männer morden würden.

Mord.

Es war Mord.

Der Gedanke sickerte so langsam wie Honig es tat in meinen Kopf. Für mich nicht fassbar.

Mein Kopf schmerzte und in meinem Magen machte sich ein Gefühl breit, dass das Bedürfnis mich zu übergeben in mir breit machte.

Der Moderator zeigte Bilder von dem Tatort und ich versuchte zu verstehen was er sagte, doch ich konnte es nicht.

Es rauschte überall und mein Herzschlag war so deutlich über allem zu hören, dass ich schon glaubte, dass er mich verspotten wollte. Meine Augen waren wie hypnotisiert auf das Bild des schönsten Mannes, den ich kannte, gerichtet. Ich war unfähig meinen Blick abzuwenden.

Ich konnte das Bild von Noah nicht loslassen.

Ich konnte ihn nicht loslassen.

Irgendwo aus weiter Ferne hörte ich Veronica, die versuchte auf mich einzureden. Sie klang fast wie ein Engel, so unwirklich war diese Situation.

The Mafia - EistränenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt