Kapitel 41

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Camilla Moretti

Meine Hände schwitzten so stark, dass ich sie Noahs entzog. Meine Gedanken fuhren währenddessen Achterbahn. Doch alle kreisten sie um eine Frage: Wenn Noah seinen Bruder so sehr hassen konnte, was würde dann passieren, wenn ich etwas Falsches tue?

Die Angst vor diesem Tag schnürte mir die Kehle zu und hinderte mich daran noch etwas zu erwidern. Ich war mir sicher, dass Noah und ich uns noch heftig streiten werden, vor allem, wenn er jetzt wieder die Mafia führen werde. Er hatte mir erklärt, dass Lucia viel übernommen hatte, damit er mich raushalten konnte, aber in Spanien war er die größte Macht und da konnte Lucia nichts für ihn tun.

Schon oft hatte ich mir vorgestellt was er machte, aber mein Freund wollte mir auf keinen Fall eine Antwort auf die Frage geben. Was ist, wenn er jemanden umbringen musste, den ich liebe?

„Mach dir keinen Gedanken über diesen Verräter, er kann dir nichts tun, so lange du bei mir bist.", riss mich Noahs sanfte Stimme aus den Gedanken. Wenn er wüsste worüber ich wirklich grübelte. Zittrig legte ich eine Hand an seine Wange und meinte:„ Ich mach mir keine Gedanken. Es ist alles gut."

„Außer das du einen Deal mit dem Teufel gemacht hast."

Grinsend schaute ich zu Noah und konterte:„ Du bist der Teufel."

Dieser fand das jedoch nicht so lustig. Stattdessen verdrehte er die Augen und schüttelte ernst mit dem Kopf, während er erklärte:„ Du musst das ernst nehmen. David ist gefährlich, besonders für dich. Du kannst dich nicht verteidigen und ich kann dich nicht beschützen, wenn er deinen Teil der Abmachung einfordert."

„Ich kenne ihn seit Jahren. Er wird mir nichts tun.", versuchte ich meinen Freund zu überzeugen, doch es funktionierte nicht. Bevor Noah aber noch etwas sagen konnte stürmte ein aufgebrachter Luc ins Zimmer.

„Bist du komplett irre?", fuhr er mich sofort an und ich zuckte erschrocken zurück. Noah, der das bemerkte, legte schützend seinen Arm um mich und gab mir dabei ein Gefühl von Geborgenheit, dass ich immer hatte, wenn er den Beschützer raushängen ließ.

Bevor ich mich jedoch weiter dem Gefühl hingeben konnte setzte Luc sich uns gegenüber auf Noahs und mein Bett. Verunsichert sah ich zu Luc, der fast schon einen irren Schimmer in den Augen. Noah schaute böse zu ihm und fuhr ihn an:„ Sie hat nur versucht mich zu beschützen und damit uns alle. Jetzt werden wir sie beschützen."

„Du bewegst dich auf gefährlichem Boden, Bruder. All die Jahre war das Band bis zum Zerreißen gespannt und wenn wir uns jetzt gegen David stellen sitzen er und Manuel uns im Nacken. Also mach keine Versprechen die du nicht halten kannst, sonst werden wir alle sterben.", erklärte Luc mit sachlicher Stimme und mir wurde klar, dass er mich nicht vor David retten würde. Auch bei Noah war ich mir nicht sicher. Zu deutlich konnte ich ihm ansehen, wie hin und her gerissen er zwischen der Sicherheit seiner Leute war und mir. Als er gerade etwas zu Luc sagen wollte klingelte mein Handy und wir fuhren alle drei erschrocken zusammen.

„Geh ran.", wies Luc mich an. Bei seiner kalten Stimme durchfuhr mich ein flaues Gefühl und ich konnte deutlich spüren wie meine Augen wässriger wurden.

Meine Bewegungsunfähigkeit brachte Noah wohl dazu, dass er in meine Hosentasche griff und das Hand rauszog. Mit einem Blick auf das Display reichte er es mir und ich nahm es unsicher in meine Hand.

„Ich bin bei dir.", flüsterte mir Noah ins Ohr, während er auf den grünen Hörer drückte.

Ängstlich lauschte ich dem Rauschen im Telefon und wollte am liebsten gleich wieder auflegen. Bevor ich aber meinen Gedanken in die Tat umsetzen konnte, fing die Person am anderen Ende der Leitung an zu sprechen:„ Ich habe Sonia vor Noah beschützt. Wenn ich dich brauche melde ich mich."

„Wo ist sie?", traute ich mich nach kurzem Schweigen zu fragen. Meine Stimme klang fremd und viel zu zittrig, als das man mich ernst nehmen konnte. Ein Druck an meiner Hand erinnerte mich aber wieder daran, dass David mir nichts tun kannte. Meine Angst sank trotzdem nur sehr geringfügig.

Am anderen Ende der Leitung lachte David, zu mindestens vermutete ich, dass er es war. Statt mir auf meine Frage zu antworten, knackte es einmal und dann war es stumm.

Verwirrt hielt ich das Handy in den Händen und starrte es an, als könnte es mir die Antwort für so viele Fragen liefern.

Selbst als Noah mir das Handy aus meiner verkrampften Hand nahm, starrte ich weiterhin mit gesenktem Blick auf die Stelle. In meinem Bauch rumorte es. Dieses Gefühl hatte ich zuletzt als ich bei Noah in der kleinen Zelle aufgewacht war. Doch diesmal war es nicht die Enge, die mich zittern ließ, sondern die Ungewissheit. Was würde passieren? Wenn David mich töten würde, würde Noah etwas dagegen unternehmen können?

Sein Blick verriet nicht was er gerade dachte, wie ich mit einem kurzen Seitenblick feststellte. Unruhig huschten meine Augen hin und her. Von der schwarzen Uhr zu Luc. Eine Haarsträhne hatte sich aus seinem Zopf gelöst. Dann das Fenster. Es war dunkel. So dunkel, dass ich nichts sehen konnte.

Die Tränen, die sich schon vor dem Telefonat in meinen Augen gebildet hatten, brannten jetzt so stark, dass ich es nicht mehr verhindern konnte. Mein hemmungsloses Schluchzen erfüllte den Raum und ich bemerkte, wie Luc und Noah noch einen Blick austauschten, bevor Noahs bester Freund den Raum verließ und er selbst mich in seine Arme schloss. Mein Hals war wie zugeschnürt und ich schnappte immer wieder verzweifelt nach Luft. Zwischen den Schluchzern atmete ich so zittrig ein, dass ich kaum weiter atmen konnte.

Noah strich mir beruhigend über den Rücken, aber ich merkte, dass er hoffnungslos überfordert war. Aber das war ich auch.

„Hör auf zu weinen. Bitte.", flüsterte Noah mit verzweifelter Stimme und drückte mich noch fester gegen seine Brust.

The Mafia - EistränenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt