Kapitel 5

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Camilla Moretti

Der Nachmittag war wundervoll. Wir waren bereits über eine Stunde hier, als David das nervigste Thema überhaupt ansprach:„ Wie sieht es denn mit der Liebe aus, Sonnenschein?" So hatte er mich genannt, als er das gelbe Kleid gesehen hatte und jetzt wurde ich den Spitznamen einfach nicht mehr los. Giftig sah ich zu ihm, was er jedoch nur mit einer hochgezogenen Augenbraue quittierte. „Jetzt lass sie doch mal David.", schaltete sich jetzt auch Bianca ein und ich warf ihr einen dankbaren Blick zu. David hingegen ignorierte Bianca und auch Veronica schlug sich auf seine Seite:„ Du musst dich doch mal wieder in einen Jungen verlieben. Du kannst nicht wie eine Nonne leben." Ihr Dutt wippte dabei immer wieder hin und her und schien mich zu verspotten. David und Bianca waren währenddessen in eine kleine, leise Diskussion geraten und meine sonst so stille Freundin hatte sogar seine Hand weggeschlagen. Lachend brachte ich mich ein:„ Ihr müsst doch jetzt nicht über mich diskutieren. Ganz davon abgesehen müsst ihr doch langsam los, oder?"

Beide nickten und standen dann auf. Bianca richtete noch kurz ihr Sommerkleid und ging dann an Davids Hand aus dem Cafe. Natürlich nicht ohne uns alle noch einmal zu umarmen. David tat es ihr gleich und zerquetschte mich fast in seinen muskulösen Armen. Er flüsterte mir noch kurz zu, dass er mir den Ort des nächstens Rennen schicken würde. Nachdem ich mich bedankte hatte, ging auch Veronica. Immerhin musste sie noch mit ihrer Familie essen. Darauf legten die Lorussos besonders viel Wert. Auch bei ihr bedankte ich mich für die Hilfe am Morgen.

Kurz nachdem alle weg waren schickte mir David schon die Adresse. Grinsend stellte ich mir vor, wo mich das Preisgeld hinbringen würde. David hatte mir den Platz bei dem Rennen organisiert, weil er schon Jahre dabei war. So hatte er auch zufällig von meiner kleinen Freizeitbeschäftigung erfahren. Jedoch hat er niemandem davon erzählt, wofür ich ihm unfassbar dankbar war.

Nach einiger Zeit beschloss ich noch einmal zur Bar zu gehen. Dort kam auch umgehend eine Kellnerin auf mich zu und begrüßte mich mit einem aufgesetzten Lächeln, dass ihre knallroten Lippen unnatürlich verzerrte. Trotz ihres verschlossenem Gesichtsausdruck fing sie ein Gespräch mit mir an:„ Du siehst hübsch aus in dem Kleid. Dir müssen die Typen bestimmt zu Füßen liegen." Grinsend verneinte ich. „Aber wie ist es mit dir? Hast du denn einen Freund?", erkundigte ich mich im Gegenzug. Sie schien kurz zu überlege, was mich etwas verwirrte. Dann jedoch schüttelte sie ebenso den Kopf. Etwas zu lange starrte ich sie wohl verwirrt an, weil sie sie sich eine Strähne hinters Ohr strich und dabei krampfhaft auf die Theke sah.

Sofort korrigierte ich meinen Blick, kam aber nicht drum rum ihre Katzenaugen zu bewundern. Das waren einfach diese Augen, in denen alle in Büchern schwärmen. Die peinliche Stille ging der Blondine wohl gehörig gegen den Strich und sie fragte freundlich lächelnd:„ Hast du Lust was zu unternehmen? Wie wäre es mit Samstag? Ich bin nämlich neu hier und kenne fast Niemanden hier." Fast hätte ich zugestimmt, als mir jedoch einfiel, dass ich da mein Autorennen fuhr. Zu mindestens nachmittags. Also schlug ich vor am Morgen frühstücken zu gehen. Normalerweise würde ich nicht so schnell mich mit einer Fremden verabreden, aber irgendwie hatte sie etwas echt Sympathisches an sich. Wir stellten uns also noch kurz vor und tauschten Nummer. Ich erfuhr so, dass sie Lucia hieß.

Danach verließ ich das Café, wobei mir auffiel, dass ich ganz vergessen hatte mein Getränk zu bestellen.

Kopfschüttelnd ging ich in den Park, der ganz in der Nähe des kleinen Cafés lag. Schon vom Weiten sah ich die Menschenmassen, die sich bei dem warmen Wetter durch die Wege drängten. Ich fing an mich zu beeilen, um den rennenden Leuten auszuweichen. Das fast unmögliche Unterfangen raubte mir schon wieder den letzten Nerv.

Nach einigen Minuten kam ich endlich an „meinem" Platz an. Ich sah mich um. Nichts hatte sich verändert. Es ist schon länger her seit ich das letzte Mal hier war und trotzdem fühlte es sich an als wäre ich nie weg gewesen. Ich war weit weg von den Hauptwegen und zwischen hoch gewachsenen Büschen versteckt. Das einzige was daran erinnert, dass schon einmal jemand hier war, war eine modrige Bank, die fast zusammenviel. Sogar von oben konnte nicht einmal die Sonne einen Blick erhaschen und mich anstrahlen.

Ich streckte meine Arme einmal aus und drehte mich im Kreis, während ich befreit vor mich hin kicherte. Selten fühlte ich mich so, wie ich mich jetzt fühlte. Frei und unbeschwert.

Nachdem etwas Zeit vergangen war, legte ich mich in das weiche Gras, das mich sofort aufnahm und behutsam umschloss.

Einige Stunden später wachte ich auf und realisierte, dass es bereits dunkel war. Na toll, gleich kommt ein Mörder und legt sich zu mir, meldete sich meine innere panische Stimme. Neben mir hörte ich die Büsche rascheln und ich fuhr erschrocken zusammen. Ich beeilte mich aus dem dunklen Gras aufzustehen und von diesem nun etwas gruseligen Ort wegzukommen.

Ich bahnte mir einen Weg durch die Büsche zurück auf den Hauptweg. Dabei fühlte ich mich ein bisschen wie eine Forscherin, die eine neue Welt entdeckte. Das weckte eine Abenteuerlust in mir, die ich in dieser Dunkelheit nicht erwartet hatte.

Jedoch hielt sie nicht besonders lange an. Besser gesagt so lange, bis ich etwas rascheln hörte und daraufhin meine Beine in die Hand nahm.

Die nächsten Tage gingen ins Land und ich wartete sehnsüchtig auf Samstag, der schleichend kam. Am Morgen schnappte ich mir eine Lederhose und ein bauchfreies Top. Mein klassisches Autorennen-Outfit. Ein paar Minuten versuchte ich mich zu schminken, gab es dann aber auf.

Mein Endergebnis waren gerötete Augen, die wie verrückt tränten. Ein kurzer Blick auf die Uhr ließ mich in Hektik verfallen. So schnell ich konnte schnappte ich mir meine Bauchtasche und schrieb noch schnell Lucia, dass ich auf dem Weg war. Hoffentlich wartete die Arme noch nicht allzu lange. Auch mein Magen machte sich langsam bemerkbar und verlangte nach Frühstück.

Nach einer kurzen Fahrt erreichte ich das kleine Bistro, in dem wir frühstücken wollten. Lucia wartete bereits am Eingang auf mich und grinste mich breit an, als sie mich sah. Ihre kinnlangen, blonden Haare wehten in dem leichten Herbstwind und sie sah ziemlich verändert aus. Die süße Schürze vom Café hatte sie gegen eine weiße Bluse und einen schwarzen Bleistiftrock getauscht. Sie sah im Ganzen aus wie eine Businnesfrau, allerdings eine Nette. Schnell lief ich zu Lucia und umarmte sie kurz. Zusammen gingen wir rein und bestellten uns etwas Leckeres zu Essen. „Und was hast du die Woche über gemacht?", fragte ich Lucia mit vollem Mund, die sich daraufhin kurz verspannte, bevor sie mir antwortete:„ Nichts besonderes. Was man halt so macht." Dabei zogen sich ihre Augenbrauen leicht zusammen und ich schaute sie verwirrt an. Ihre ausweichende Antwort war zwar merkwürdig, aber vielleicht hat sie wirklich nichts gemacht. Ich schüttelte meine düsteren Gedanken ab und nahm dem ausgesprochen süßen Kellner mein Essen ab. Lucia sah wissend zwischen uns hin und her, woraufhin wir beide anfingen zu kichern wie 13 Jährige Teenager. „Na los, gib ihm deine Nummer.", forderte mich meine neue Freundin auf und ich sah sie erschrocken an, bevor ich erwiderte:„ Das ist doch viel zu offensichtlich." Bevor ich sie davon abhalten konnte sprang Lucia auf und lief selbstbewusst zu dem Kellner.

Belustigt sah ich ihr hinter her, bis sie wirklich ihr Handy zückte und der Kellner es ihr gleich tat. Sie würde doch nicht...? Ich bekam keine Chance den Satz zu Ende zu denken, weil im selben Moment mein Handy vibrierte.

Du siehst wunderschön aus. Ich bin Max.

Ich musste Lächeln und bedankte mich bei ihm. Lucia setzte sich wieder neben mich und sah mich erwartungsvoll an. „Dankeschön Miss Liebesexpertin.", meinte ich kichernd und sie warf mit einer gespielt arroganten Geste ihre kurzen Haare zurück. Dann antwortete sie grinsend:„ Liebe ist es also schon."

„Bald heiraten wir.", sponn ich weiter und blickte verträumt zu ihm. Lucia nickte und verlangte dann:„ Ich werde Patentante von eurer kleine süßen Baby Lucia."

„Das arme Kind.", ich schlug mir entsetzt die Hand vor den Mund.

Wir Beide mussten laut loslachen und kriegten uns kaum wieder ein. So ging das den ganzen Morgen und wir verstanden uns einfach super. Aus diesem Treffen kann sich echt eine tolle Freundschaft entwickeln und ich lächelte glücklich. Das Lachen verging mir jedoch, als ich auf die Uhr im Bistro sah. Gleich begann das Rennen.

Innerlich fluchte ich vor mich hin, ich musste sofort los. Hektisch sprang ich auf und Lucia erkundigte sich, ob etwas passiert sei. „Nein, ich habe nur einen sehr wichtigen Arzttermin vergessen.", redete ich mich raus. Gleichzeitig könnte ich mich schlagen. Ein Arzttermin? Nicht wirklich jetzt. So schnell ich konnte verabschiedete ich mich und lief zum Parkplatz. Dort stand mein Fahrrad und wartete brav auf mich. Ich stieg auf und radelte um mein Leben.

The Mafia - EistränenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt