Kapitel 20

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Noah Cano

Gespannt sah ich Camilla nun schon seit einigen Minuten an, doch sie tat einfach gar nichts. In der Küche hatte sie sich auf eine Küchenbank gesetzt, doch mehr war da nicht. Also räusperte ich mich ungeduldig und sie sagte endlich etwas:„ Was willst du von mir?"

Erstaunt sah ich sie an. „Wir sind in der Küche zum Frühstücken. Willst du nicht mal was zu essen machen?", antwortete ich grinsend und lehnte mich in meinem Stuhl zurück. Meine Kleine schaute mit zusammengekniffenen Augen zu mir rüber und schien mich erdolchen zu wollen. Was war ihr Problem?

„Wir sind doch nicht mehr im Mittelalter. Du kannst schon selber kochen.", ereiferte sie sich und ich lächelte sie liebevoll an. Anscheinend fing sie an ihren Mut zu finden. Ihre Art gefiel mir und so lange sie mir Kontra gibt, werde ich bemühen ihr nicht wieder Angst zu machen. Das kleine ängstliche Mädchen gefiel mir nämlich gar nicht.

Also stand ich auf und hielt ihr eine Hand hin, während ich bestimmte:„ Wir machen zusammen etwas Leckeres. Aber du sagst mir was ich machen muss."

Ich beobachtete genau, wie sie ihren Kopf schief legte und dann ihre Mundwinkel leicht zuckten. Kurz schweifte ihr Blick zu meiner Hand, die ich ihr immer noch hinhielt, dann traf er meine Augen und kurz stand die Welt für mich still. Wie hypnotisiert guckte ich sie einfach nur an und auch sie hatte einen verträumten Blick aufgesetzt.

Ich spürte ihre kleine Hand, die sich in meine legte und sich an mir hochzog. Jetzt stand sie so nah an mir, dass ich ihren süßlichen Geruch riechen konnte. Er erinnerte mich an den Sommer und weckte in mir ein wohliges Gefühl.

Camillas andere Hand legte sie jetzt vorsichtig an meine eine Wange, ohne den Blick dabei abzuwenden. Wie erstarrt hielt ich still und hatte Angst, dass sie gleich wieder Angst bekommen würde. Doch ich wurde besseren belehrt. Ihre zarten Finger strichen vorsichtig, als hätte sie das noch nie gemacht, über meinen 3-Tage-Bart. Die Berührungen waren so sanft, dass ich sie kaum spüren konnte und ich konnte nicht verhindern, dass sich ein ziehen in meiner Brust breit machte, als sie ihre Finger weg nahm.

Als ich mich von ihr lösen wollte, nahm sie aber mein Gesicht in beide Hände. Ich hielt die Luft an.

„Tat das weh?", fragte sie mich mit einer rauen Stimme und strich dabei sanft über mein schwarzes Lippenpiercing. Sie klang so unschuldig und unerfahren, dass ich nicht anders konnte, als sie schützend in meine Arme zu ziehen. Dann antwortete ich ihr:„ Nein, tat es nicht, Kleine." Bei ihrem Kosenamen kniff sie kurz ihre Lippen zusammen, doch das Glitzern in ihren Augen konnte sie nicht verstecken.

Kurz war alles still und keiner von uns bewegte sich.

Ihre Lippen bebten leicht und ich wusste, dass ich mich nicht zurückhalten konnte. Langsam, um sie nicht zu verscheuchen, beugte ich mich zu ihr runter und hielt kurz vor ihren Lippen inne. Bisher hatte sie keine Anstalten gemacht zu gehen, doch ich wusste, dass sie gleich wieder austicken konnte. In diesem Moment schien sie wie verzaubert und machte endlich Anstalten mich auch küssen zu wollen. Ich zog der zierliche Person noch ein Stückchen näher an mich und wollte endlich den Abstand zwischen uns schließen. Meine Haut stand unter Strom und mein Herz schlug schnell, wie es sonst nur schlug, wenn jemand eine Waffe auf mich richtete.

„Oh. Mein. Gott.", schrie plötzliche eine schrille Stimme und zerstörte den magischen Moment und damit auch den Kuss, den mit Camilla gerade schenken wollte. Ob es wohl ihr erster gewesen wäre?

„Hau ab, du Schlampe.", fauchte das Mädchen weiter und Camilla schubste mich von sich. Anscheinend war sie auch aus ihrer Starre erwacht. Jetzt erst sah ich die junge Frau, die im Türrahmen stand an, doch es half meinem Gedächtnis nicht auf die Sprünge. Also fragte ich sie sogleich:„ Wer zur Hölle bist du und was willst du in meinem Haus?"

Die aufgebrachte Furie kam auf mich zu und schubste Camilla, die komplett irritiert in der Gegend rumstand beiseite. Vielleicht war sie eines der Mädchen, die glaubten, dass ich sie liebte?

„Kein Wunder, dass Sonia dich verlassen hat, wenn du mit jedem X-beliebigem Mädchen rummachst.", die Schwarzhaarige fuchtelte wild mit den Armen rum und musterte mich mit einem abfälligem Blick. Als ich den Namen hörte, ballte ich meine Fäuste und meine Atmung wurde immer schneller. Sie war also die Freundin von Sonia, die irgendein Gemälde abholen sollte. 1 ½ Jahre später wohlgemerkt. Sie wollte mich verletzen, doch das konnte sie vergessen. Meine Stimme war ruhig, was viel gefährlicher war, als wenn ich vor Wut explodierte, während ich die nächsten Worte an Sonias Freundin richtete:„ Diese Schlampe, wie du sie nennst ist meine Freundin seit ein paar Wochen und du wirst sie nie wieder beleidigen oder auch nur ansehen, sonst..." Die aufgeregte Spanierin unterbrach mich:„ Wir wissen alle, dass sie nicht deine Freundin ist. Guck sie dir an, sie ist unter deinem Niveau, Noah."

Mein Herz raste und ich merkte, dass inzwischen rot angelaufen sein musste. Mein Blick schweifte zu Camilla, die das ganze Szenario mit offenem Mund und Tränen in den Augen musterte. Die Kleine verstand gar nicht, das war mir klar.

„Sieh sie dir an. Das ist keine Mafiabraut, sondern ein verängstigtes, kleines Mädchen, dass", die Furie verschränkte ihre Arme vor ihrer Brust, „keine Ahnung von der Welt hat und wohl lieber von dir wegrennen würde als zu dir." Sie drehte sich zu Camilla und zwinkerte ihr zu, was diese dazu bewegte auch mal etwas zu sagen:„ Du solltest jetzt gehen." Meine Kleine schielte vorsichtig zu mir, wie um sich zu vergewissern, dass es das Richtige war. Doch meine Haltung änderte sich nicht, ich werde das Mädchen umbringen. „Luc!", brüllte ich und die Mädchen sahen mich Beide mit großen Augen an. Das wird jetzt nicht schön und Camilla wird wahrscheinlich Angst bekommen, aber das muss nun einmal sein. Diese junge Frau nahm sich Sachen raus, die ihr definitiv zustanden.

Nach einer gefühlten Ewigkeit von feindseligem Schweigen kamen Luc und Lucia in die Küche gestürmt. Die Beiden verstanden sofort und Lucia warf der jungen Frau ein kaltes Lächeln zu. „Du hast wohl Sonias Freundin kennengelernt.", stellte meine Schwester dann abfällig fest und ging zu der besagten Freundin. Luc beobachtete das ganze einfach nur und überließ es Lucia, die wild schimpfende Frau raus zu schaffen. Bevor sie jedoch rausgezogen wurde richtete sie sich noch an Camilla:„ Du wirst bei ihm nicht glücklich. Das wurde Keine, Süße. Lauf weg, so lange du noch kannst."

Mein Mädchen sah ihr nachdenklich hinterher und drehte sich dann als alle weg waren zu mir.

Ihre Augen fanden wir vorhin meine, doch diesmal war da keine Anziehung, sondern Enttäuschung. „Warum tust du das?", fragte sie mich vorsichtig und bei dem Klang ihrer engelsgleichen Stimme beruhigte ich mich etwas. Trotzdem stachelte es meine Wut an, als ich erkannte, dass sie sich sorgen um dieses Miststück machte. Also antwortete ich schlicht:„ Sie verdient es und jetzt lass uns da weiter machen, wo wir aufgehört hatten. Ich versuchte sie an mich ran zu ziehen, doch sie wich zurück. „Du bist ein Monster.", sie stockte. Doch dann fasste sie Mut:„ Du lässt das Mädchen wegen nichts einsperren, vielleicht sogar töten. Und ich habe angefangen etwas in der zu sehen. Dich nicht komplett schlecht zu sehen, doch du bist genau das, was ich immer dachte du bist."

Camilla machte auf dem Absatz kehrt und ließ mich in der Küche stehen. Mir waren die Tränen in ihren Augen aufgefallen und nur langsam drangen ihre Worte zu meinen Kopf durch. Hatte ich sie gerade verloren?

The Mafia - EistränenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt