Gestern war ein wunderbarer Tag. Die Katzen haben sich schon ein bisschen bei uns eingelebt. Kira und Moritz mögen sich nicht, meine Eltern meinen aber, dass sie sich vielleicht mit der Zeit doch noch anfreunden. Trotzdem finde ich es schade, dass ich das Treffen mit Milan absagen musste. Aber ich sehe ihn ja heute in der Schule wieder.
Glücklich laufe ich zur Bushaltestelle. Mir ist es völlig egal, dass hier niemand steht den ich kenne. Ich schaue einfach auf mein Handy und beginne darauf, auf einer Tagebuchapp, alles aufzuschreiben, was mir hier in Licorne schon alles passiert ist.
Das ist jetzt schon ziemlich viel. Am ersten Schultag hat alles angefangen, jetzt bin ich hier. Ich versuche alles, aber auch wirklich alles aufzuschreiben. Meine Gedanken werden dadurch aber trotzdem nicht klarer. Ehrlich gesagt, werde ich nur noch verwirrter und mir schießen noch mehr Gedanken durch den Kopf, als ich einen Teil aufgeschrieben habe.
Der Bus kommt und unterbricht mich von meiner Schreiberei. Mal wieder gibt der Busfahrer Vollgas und bremst dann ziemlich knapp an der Bushaltestelle, mit quietschenden Reifen. Die Tür geht auf und alle drängeln sich rein. Heute versuche auch ich, möglichst schnell hinein zu kommen.
Im Bus sehe ich, dass mir Milan, Finn, Melina, Mia, Carlitos, Simon, Henry, Paul und Luca diesmal schon einen Platz freigehalten haben. Milan winkt mich heran. Doch der freie Platzt, den sie für mich bestimmt haben, ist in einem Viererplatz und dort sitzt neben Melina und Mia auch noch Katharina. Was macht die denn hier?
Ich setzte mich hin. Melina und Mia machen noch auf den letzten Drücker ihre Hausaufgaben und diskutieren lautstark über die Lösungen. Die Jungs unterhalten sich auch unter sich. Ich bin also gezwungen mit Katharina zu reden. Aber was soll's, beim Volleyball war sie ja eigentlich voll nett zu mir.
Unterhaltung zwischen Lili(L) und Katharina(K):
L: Hi
K: Hi, Melina hat mir schon erzählt, dass du jetzt jeden Tag mit dem Bus fährst. Du darfst dich gerne jeden Tag zu uns in den Viererplatz setzen. Den haben wir eigentlich immer, nur wenn einer von uns nicht da ist nicht. Mein Bruder und seine Freunde sitzen meistens im Fünfer, aber der war heute besetzt.
L: Bruder?
K: Achso, das weist du gar nicht. Ich und Finn sind Zwillinge...Sie labbert noch ein bisschen über die Vor und Nachteile von einem Zwillingsbruder. Ich höre ihr aber gar nicht genau zu. Die ganze Zeit denke ich daran, wie ich in dieser einen Pause durch ihren und Finns Körper durchlangen konnte und wie die Feenflügel aufgetaucht sind. Das alles macht mir Angst, große Angst. Hoffentlich bilde ich mir das nicht ein.
Katharina plappert die ganze Busfahrt lang. Ich habe noch nie einen Menschen so lange reden hören. Sie erzählt einfach über alles. Über ihre Eltern, über Volleyball, darüber wie sehr sie Katzen und die Farbe pink liebt...
Bei Melina geht die Tintenpatrone von ihrem Füller lehr. Sie sucht in ihrer Schultasche, kann aber nichts finden. Katharina öffnet den Reisverschluss ihrer Schultasche und gibt Melina eine von ihren Tintenpatronen.
Aber sie schließt den Reisverschluss nicht und ich kann durch die Öffnung etwas entdecken. Es ist eine Zahnbürste. Wieso hat Katharina eine Zahnbürste für die Schule dabei? Was soll man denn damit? Ich stelle mir schon die seltsamsten Dinge vor, als mir einfällt, dass es andererseits ganz normal ist. Vielleicht muss Katharina danach zum Zahnarzt oder zum Kieferorthopäden und deshalb nimmt sie eine Zahnbürste mit. Irgendwie aber erscheint mir dieser Gedanke als viel zu normal für diese Stadt.
Außerdem schaut die Zahnbürste sehr seltsam aus. Sie ist lilablassblau und ist mit pinken Glitzersteinchen beklebt. Es ist auch keine Zahnpasta zu sehen und die Zahnbürste schaut nicht so aus, als ob sie schon einmal benutzt wurde.
Ich würde niemals mit so einem Ding zur Schule gehen. Es ist doch furchtbar peinlich, wenn jemand bemerkt, wie die Zahnbürste aussieht. Ein bisschen wirkt sie sogar, als ob sie von einem kleinen Kind misshandelt wurde. Wahrscheinlich ist Katharina in diesem Fall das kleine Kind.
Ich denke weiter über die Zahnbürste und über die anderen seltsamen Geschehnisse nach. Noch kann ich keinen Zusammenhang entdecken, aber ich verspreche mir, es noch zu erforschen. Schließlich füge ich eine Beschreibung von der Zahnbürste in meine Tagebuchapp hinzu.
Als wir an der Schule ankommen, hört Katharina endlich auf, zu reden und stürmt gleich laut quietschend auf Luna zu und ich bin vergessen. Die Jungs fangen an Fussball zu spielen, damit kann ich auch nichts anfangen. Mir bleibt also nicht anderes übrig, als mich alleine auf eine Bank zu setzen und zu warten, bis der Unterricht endlich anfängt.
Als es gongt stürmen alle Schüler die Treppe hoch. Eigentlich hätten wir jetzt Physik, aber irgendein Idiot hat den Vertretungsplan geändert und jetzt haben wir Englisch mit Frau Bellys.
Ich finde das furchtbar scheiße, weil ich Physik eigentlich voll mag und auch unser Lehrer in diesem Fach ist ziemlich nett. Frau Bellys unterrichtet auch nicht nur Englisch, sondern alle Fächer, die man sich denken kann. Das finde ich ziemlich doof, weil so besteht eine höhere Chance sie als Lehrerin zu bekommen.
Aber naja, so ist es nun mal. Ich gehe trotzig in das Klassenzimmer hinein und setze mich neben Emily. Die Stunde ist ziemlich langweilig. Frau Bellys versucht den Unterschied zwischen den ganzen Zeitformen zu erklären. Aber leider gelingt ihr das nicht so wirklich und sie macht alles nur noch verwirrender. Da ich schon in den Sommerferien, die Zeitstufen gelernt habe, höre ich erst gar nicht zu.
Ich lasse meinen Blick durch das Klassenzimmer wandern. Manche versuchen wenigstens so zu tun, als ob sie sich für das interessieren würden, was Frau Bellys erzählt, andere machen sich erst gar nicht die Mühe.
Plötzlich kommt mir eine Idee. Ich könnte ja versuchen alle so anzuschauen, dass ich Feen, Meerjungfrauen und so weiter in ihnen sehe. Ich beschließe das für mich einfach Anschauen zu nennen. Ich schaue nochmal prüfend zu Frau Bellys und los gehts.
Ich fange ganz vorne links an. Dort sitzt Sebastian. Bei ihm klappt es nicht. Das sagt, dass meine Theorie richtig ist. Ich wusste irgendwie, dass das nicht bei allen Menschen passiert. Meine Eltern, mein Bruder und Sebastian sind halt ganz normale Menschen. Aber was sind dann die anderen? Sind sie tatsächlich Feen und Meerjungfrauen? Und was ist mit Milan? Das alles macht mich nur noch verwirrter.
Bei Sebastians Sitznachbar, Max, klappt es auch nicht. Weiter geht's bei Laura. Aber auch bei ihr funktioniert das nicht. Ebenso bei Luna.
Erleichtert stelle ich fest, dass doch nicht alle Menschen so sind. Jetzt glaube ich fest daran, dass die anderen tatsächlich Feen und Meerjungfrauen sind. Aber was mich am meisten erstaunt, ist, dass ich keine Angst mehr habe. Ich will es rausfinden und ich werde nicht aufgeben. Wieder spüre ich diese Abenteuerlust und lächele in mich hinein.
Weitermachen kann ich leider nicht, weil ich einen Hefteintrag abschreiben muss, den Frau Bellys bereits an die Tafel gepinselt hat. Dabei denke ich aber die ganze Zeit nach. Was ist wohl mit meinen anderen Klassenkameraden?
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Magie gibt's nicht
ParanormalLiliane ist mit ihrer Familie erst vor einer Woche umgezogen. In ihrer alten Schule hatte sie nicht viele Freunde. Wie wird es in der neuen Schule wohl sein? Am Anfang ist alles wie immer, doch dann entdeckt Liliane etwas geheimnisvolles. 26.01.2020...