Magie gibt's nicht

Kapitel 38

Ich erblicke mehre Gestalten, viele im Wasser und eine im Sand am Rande des Wassers. Ich schaue sie genauer an und stelle dabei fest, dass es sich um ein Mädchen handelt. Die Königin der bösen Magie? Ihre kurzen Haare wehen leicht im Wind und ihre dunkle Kleidung lässt sie ziemlich bedrohlich aussehen.

Langsam löst sich mein Blick von ihr und ich schaue wieder zu den Gestalten im Wasser. Als ich meine Augen zusammenkneife, erkenne ich etwas. Es sind Meerjungmenschen. Ungefähr dreißig Stück, die dicht an dicht nebeneinander im Wasser herschwimmen.

Mein Herz schlägt Saltos und ich beginne vor Angst zu zittern. Kann es wirklich sein, dass das Mädchen die Königin der bösen Magie ist? Vielleicht haben sich die Meerjungmenschen auf die andere Seite gestellt und wollen auch gegen uns ankämpfen. Ich schaue zu Milan. Blicke ich das letzte Mal in diese wunderschönen blauen Augen? Es darf nicht sein, dass der Krieg hier für uns endet. Was soll ich nur machen?

Milan beugt sich ganz langsam zu mir vor, dann, als sein Gesicht ganz dicht an meinem Ohr ist, flüstert er, so leise, dass nur ich es hören kann: ,,Aurer sie." Damit ist wohl das Mädchen gemeint. Ich werde es versuchen. Mit hektischem Atem versuche ich meine Magie langsam herbeizurufen und konzentriere mich dabei auf das Mädchen. Doch meine Magie kommt nicht. In mir ist nichts als Angst, keine Magie. Ich muss mich dringend beruhigen.

,,Lili. Lili.", spricht das Mädchen. Bei diesen Worten kann ich nicht mehr ruhig im Sand liegen bleiben. Ich schreie kurz auf, springe auf und ziehe Milan und mich ganz eng an die Felsenwand. Wir sind gefangen. Woher kennt sie meinen Namen? Und wieso kommt mir ihre Stimme so bekannt vor?

,,Hab keine Angst.", sagt sie. Nein, natürlich nicht. Wieso sollte ich denn Angst haben?

Obwohl ich immer noch ganz panisch bin, rufe ich meine Magie herbei. Diesmal klappt es. Das Mädchen verwandelt sich in einen Wolf. Nein, es ist kein Wolf, es ist größer, gefährlicher und blutrünstiger. Außerdem hat der Wolf vor mir rote Augen und rießige Zähne, mit denen er mich in Sekunden zerstückeln könnte. Ganz klar, ein Werwolf. Auch nicht viel besser als die Königin der bösen Magie.

Mir stockt der Atem. Irgendwie schaffe ich es aber trotzdem zu flüstern: ,,Ein Werwolf." Milan drückt meine Hand fester. Ist es ein Abschied bevor uns der Werwolf in tausend Stücke zerreist? Werde ich hier und jetzt sterben? Ich weine leise und beobachte durch den Tränenschleier weiterhin das Mädchen.

Plötzlich spüre ich, wie Milan hinter mir zusammenbricht. Sein Körper gleitet am Felsen entlang und er bleibt reglos liegen. Hat das Mädchen damit zu tun? Was können Werwölfe? Ich beuge mich schluchzend über Milan und streiche ihm über das Gesicht. ,,Milan! Milan! Wach auf!", schreie ich. Sein Rücken ist wegen der scharfkantigen Steine zerkratzt und ich merke wie sein T-shirt beginnt sich rot zu färben.

Die Stimme sagt wieder etwas: ,,Lili, es ist alles gut. Ich bins doch." Bevor sie noch etwas sagen kann, werde auch ich ohnmächtig, ebenso wie Milan vorher. Es ist Clara. Clara Eflöwrew. Meine beste Freundin.