Kapitel 18

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Ich muss eingeschlafen sein. Jetzt liege ich nämlich auf dem Boden im Badezimmer und öffne gerade meine Augen. Am liebsten will ich sie gleich wieder zumachen, denn es ist furchtbar hell hier drin.

Ich brauche ersteinmal ein bisschen, bis ich wieder realisiere, was gestern alles passiert ist. Ich würde einfach sagen zu viel. Irgendwie geht es mir heute sogar noch schlechter, als gestern und ich bin völlig verwirrt. Ich beschließe mal, anzuschauen wie ich denn aussehe.

Ich schaue in den Spiegel. Bei dem Anblick übergebe ich mich. Meine Augen sind nicht mehr blau, sie sind schwarz. Nur noch in der Mitte direkt um meine Pupile ist noch etwas von dem hellblau zu sehen. Und das ist ganz wenig, richtig wenig. Ich will weinen, aber diese Schwärze lässt keine Tränen durch.

Da merke ich erst, dass das Telefonat zwischen Milan und mir erst eine Stunde her ist. In 17 Stunden ist er da, denke ich mir. Aber in dem Moment wünsche ich mir, genauso wie ein kleines Kind, dass die Zeit schneller vergeht, oder dass es schnellere Autos gibt, sodass Milan früher kommt.

Ich denke daran, dass er gesagt hat, ich müsse mich hinlegen. Sofort lege ich mich auf den Boden. Die 17 Stunden werde ich hoffentlich schon irgendwie aushalten.

Nach einer Weile klopft es und ich höre die Stimme meiner Mutter: ,,Lili, bist du da drin? Gerade habe ich Lina weggebracht, jetzt kann ich mich wieder um dich kümmern. Natürlich habe ich dich auch schon von der Schule abgemeldet."

Mir tut meine Mutter gerade so Leid. Ihre Töchter wurden dazu bestimmt, sich gegenseitig zu töten und sie weiß nichts davon. Bestimmt fällt sie in Ohnmacht, wenn sie meine Augen sieht. Aber ich kann ja nicht so tun, als ob ich nicht da bin. So würde ich ihr nur unnötige Sorgen machen und irgendwann muss sie meine Augen sehen, ich kann ja schließlich nicht 17 Stunden lang unser Badezimmer blockieren.

,,Ja" ,krächze ich. Dabei klingt meine Stimme gebrochen und klein. Ich robbe zu der Tür hin und greife nach dem Türgriff, aber da ist keiner. Ich sehe alles immer verschwommener. Hilfslos taste ich an der Stelle rum, wo ich den Türgriff vermute. Ein bisschen weiter rechts kann ich ihn schließlich finden und drehe den Schlüssel so, dass die Tür augeht.

Immernoch werden meine Augen von dieser schrecklichen Helligkeit geplagt. Ich bin mir inzwischen nicht mehr sicher, ob ich es überlebe, bis Milan kommt, oder ob ich bis dahin schon längst sterbe. Ich habe furchtbar große Angst und kann nicht mehr denken.

Meine Mutter öffnet die Tür. Als sie mich erblickt, hält sie sich die Hand vor den Mund. ,,Komm! Wir fahren sofort ins Krankenhaus. Das ist keine normale Grippe.", sagt sie. Ich kann dabei die Angst und die Sorge aus ihrer sonst so ruhigen Stimme heraushören. Das tut in meinem Herz weh, oder ist es gar nicht das? Ich stelle mir gerade vor wie mein Herz und mein ganzer restlicher Körper, genauso wie meine Augen erschwärzen. Bei diesem schrecklichen Gedanken muss ich wieder erbrechen.

Meine Mutter setzt mich auf und hilft mir beim umziehen. Ich will ihr die ganze Zeit sagen, dass ich hier bleiben muss und nicht ins Krankenhaus kann, weil ich auf Milan warten muss, aber ich bringe kein Wort mehr heraus.

Ungefähr 5 Minuten später, befinde ich mich im Auto meiner Mutter. Auf meinem Schoß steht ein Eimer, falls ich mich wieder übergeben muss. Die Helligkeit hier drin, ist noch schlimmer, als im Bad.

Ich fische mein Handy herbei, um Milan zu schreiben, dass ich im Krankenhaus bin, doch mir fallen einfach nicht mehr die richtigen Wörter ein und aus der Nachricht wird so was wie: Raum verletzt Ort da kommen du ich Hilfe

Ich sende es ab, obwohl ich genau weiß, dass er es nicht verstehen wird. Aber wenigstens besteht so, eine kleine Chance, dass er mich schneller finden wird.

Im Krankenhaus werde ich sofort drangenommen. Ich liege in einem Bett und starre in die Luft, während meine Mutter und mehrere Ärzte hektisch um mich herum laufen und miteinander diskutieren. Die ganze Zeit weiß ich, dass keiner von ihnen mir helfen kann.

Nach einer Ewigkeit verstehen sie endlich selber, dass sie mir nicht helfen können. Meine Mutter schicken sie nach Hause und neben mir sitzt nun eine Krankenschwester, die mich bewachen muss.

Hier in diesem Raum gibt es nicht mal eine Uhr. Ich will nichts lieber, als sehen, wann Milan endlich kommt, aber nicht mal das kann ich jetzt. Mir tut einfach alles weh und mein Körper bebt. Ich kann nicht denken und ich kann nichts sagen. Insgesamt ist es einfach nur schrecklich.

Nach einer Weile schließe ich meine Augen und versuche einzuschlafen. Dabei merke ich, dass ich die ganze Zeit Milans Namen vor mir her murmele. Ich will es verhindern, aber ich kann einfach nicht. Die Krankenschwester sitzt einfach nur rum und macht auch nichts, also lasse ich es geschehen.

Mit der Zeit wird meine Atmung immer ruhiger und ich falle tatsächlich in einen ziemlich unruhigen Schlaf.

Magie gibt's nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt