Ich blinzele und blicke in vertraute bernsteinfarbene Augen. Clara. Es ist Clara. Bei der Erkenntnis werde ich erneut ohnmächtig.
Etwas später wache ich wieder auf. Immernoch das gleiche, besorgte Gesicht. Als sie merkt, dass ich wach bin, lächelt sie. ,,Lili.", schluchzt sie. ,,Clara.", kreische ich und wir schließen uns in die Arme. Clara lebt noch. Es ist einfach ein wunderbares Gefühl.
Aber was ist denn eigentlich passiert? Wieso lebt sie noch? Und eine Frage, die viel wichtiger ist, wird sie mich umbringen wollen, weil sie ein Werwolf ist? Ich schaue sie nocheinmal an und sehe die Antwort in ihren Augen. Sie wird es nicht tun. Sie ist auf meiner Seite. Ein Werwolf auf der guten Seite.
Ich lächele, doch gleich verschwindet mein Lächeln wieder. Milan. Wie geht es ihm? Ich löse mich aus Claras Umarmung und blicke mich suchend um. Einige der Meerjungmenschen haben sich wieder in normale Menschen verwandelt und lehnen über ihm. Ich stürme auch gleich an die Stelle und küsse ihn ohne nachzudenken auf den Mund. Und wie bei Dornröschen öffnen sich seine Augen und wir schauen uns an. Wir lächeln und dann küssen wir uns wieder.
Ich versichere ihm: ,,Alles gut." Er setzt sich auf und heilt seine Wunden innerhalb weniger Zeit selber. Ich setze mich neben ihn und wir schauen fragend in die Runde. Was machen Clara und die Meerjungmenschen hier überhaupt?
Ein Meerjungmann, ungefähr in meinem Alter räuspert sich: ,,Wir sind die Meerjungmenschen von LA. Dies ist eine magische Bucht und hat uns alle hierher geführt, damit wir aneinander kennenlernen. Vor einigen Wochen, bei einem gemeinsamen Treffen sahen wir ein Flugzeug abstürzen. Schnell schwammen wir hin. Und so haben wir Clara gerettet. Sie gehört zu uns. Ich bin ihr Freund."
Warte was? Clara hat einen Freund? Ich schaue den Jungen nochmal genauer an. Eigentlich schaut er gar nicht so schlecht aus. Braune Locken, Teddybäraugen und eine schwarze Strandhose.
,,Ich bin ein guter Werwolf, echt unglaublich oder?", fragt Clara. Ich nicke leicht. Was soll ich jetzt antworten?
Milan übernimmt das für mich. ,,Ich bin Heiler und Einhornanführer. Lili ist die Königin der guten Magie und meine Freundin." Seine Freundin ist ja eine sehr magische und tolle Gestalt. Und außerdem dachte ich wir wollten niemandem sagen, dass ich die Königin bin. Egaal.
Eine Meerjungfrau pfeift plötzlich in eine Muschel und erst jetzt merke ich, dass jeder von ihnen so eine hat, auch Clara. Wahrscheinlich, um andere zu rufen. Meine Theorie war richtig, denn einige Sekunden später ist die Bucht randvoll. Alles Meerjungmenschen! Ich beginne vor Freude zu weinen.
Claras Freund sagt: ,,Insgesamt sind wir 57, mit Clara 58. Alles deine Soldaten." Soldaten? Nein! Das sind alles Menschen, ganz normale Menschen. Der Großteil von ihnen sind sogar noch Kinder. ,,Danke.", antwortet Milan für mich. Alle diese Meerjungmenschen schauen mich so furchtbar stolz an, dass ich weiche Knie bekomme. Ich habe Verbündete. Viele.
Nach einigen Minuten gehen wieder alle. Ich bekomme eine Muschel, damit ich sie jederzeit wieder rufen kann. Nur Clara, ihr Freund, Milan und ich bleiben zurrück. Jetzt können wir uns zu viert unterhalten.
Claras Freund beginnt das Gespräch: ,,Hi erst mal. Ich bin Aaron. Clara hat mir alles über dich erzählt Lili, echt cool, dass du die Königin bist. Und du musst Milan heißen oder?"
Milan antwortet verdutzt: ,,Ja, woher weißt du das?" Aaron erklärt: ,,Als du ohnmächtig geworden bist, war es nicht zu überhören." Milan und Aaron grinsen mich an. Ich lächele verlegen. ,,Waaas? Ich dachte er ist tot.", verteidige ich mich. Daraufhin nimmt mich Milan in den Arm und zieht mich an sich.
Noch eine Weile unterhalten wir uns. Clara und ich erzählen uns einfach alles, was seit unserem letzten Treffen passiert ist. Dann aber müssen Milan und ich leider wieder zurrück in das Hotel. Echt schade, aber zum Glück werden wir heute Abend Clara und Aaron wiedersehen.
,,Wo wart ihr?", fragen die anderen, als wir gerade noch rechtzeitig an den Frühstückstisch rutschen. ,,Lange Geschichte. Erzählen wir euch im Zimmer.", erklärt Milan. Neugierige Blicke stochern uns, aber jetzt können wir leider noch kein Wort verraten.
Nach dem Frühstück haben wir wieder eine Stunde Zeit, um uns auf den Tag vorzubereiten. Alle zusammen sitzen wir im Zimmer der Jungs. Als Emily die Tür schließt, zieht mich Milan in die Mitte des Zimmers. Alle schauen uns zwei gespannt an. Jetzt muss ich es erzählen. Mit Milans Hilfe schaffe ich es bestimmt.
,,Das dürft ihr niemandem erzählen.", erklärt Milan zuerst. Als es ihm alle versichern, fange ich an. ,,Ich bin die Königin der guten Magie. Ich kenne alle eure Gestalten. Milan ist Heiler und Einhornanführer, Noah ist ein Meerjungmann, Finn und Katharina sind Feen, Emma und Emily Meerjungfrauen. Du musst keine Angst haben Luna, wir erklären dir alles."
Luna tut mir ein bisschen leid, dass sie die einzigste ist, die keine Magie hat, doch sie nimmt es erstaunlich entspannt entgegen und versteht ziemlich schnell. ,,Ich will auf eurer Seite sein, auf der guten.", versichert sie.
Den Tag verbringen wir mit einer anstrengenden Besichtigung eines Museums. Es ist echt total langweilig. Die ganze Zeit müssen wir uns Notitzen machen und ruhig sein.
Am Abend gehen Milan und ich wieder in die Bucht. Clara und Aaron erwarten uns bereits.
,,Wollen wir uns unsere Gestalten zeigen?", fragt Aaron. Oh nein, bitte nicht. Es ist furchtbar peinlich, dass ich mich bisher noch nie verwandelt habe.
Milan erklärt: ,,Da gibt es ein kleines Problemchen. Lili hat sich noch nie verwandelt. Aber keine Panik. Wir schaffen das." Mir ist es ziemlich unangenehm, als mein Freund das sagt, aber besser als wenn ich es selber hätte sagen müssen.
Clara verspricht: ,,Niemand wird davon erfahren. Trotzdem aber können wir uns ja unsere Gestalten zeigen, oder?" Milan und Aaron sind einverstanden. Clara wird zum Werwolf, Milan nimmt seine Gestalt an und Aaron bekommt eine blaue Flosse. Es erinnert mich an Noah. Gestern habe ich in einem von den Magiebüchern erfahren, dass es Meerjungmenschen in allen Farben gibt. Die der gleichen Farbe gehören zur gleichen Art.
Nach den Rückverwandelungen reden wir noch, dann aber gehen Milan und ich wieder in unsere Zimmer. Auf eine weitere Nacht in der Bucht können wir gerne verzichten und ich vermisse schon ein weiches Bett. Milan begleitet mich bis zu meinem Zimmer. Als wir ankommen, merken wir, dass er gar nicht erst gehen muss. Man hört Noah und Finn deutlich durch unsere Zimmertür.
Ich mache auf. ,,Seid bisschen leiser.", befiele ich anstelle von einer Begrüßung und tatsächlich werden meine Freunde etwas leiser. Vielleicht ist es doch gar nicht so schlecht eine Königin zu sein.
In den nächsten Minuten erfahre ich, dass Noah und Katharina nun ein Paar sind und die Jungs beschlossen haben hier zu bleiben. Auf einem mitgeschmuggelten Tablet schauen wir noch einen Film an und dann entscheiden wir schlafen zu gehen. Oder es zumindest zu versuchen. Auf unserem Boden liegen Matratzen, die die Jungs aus ihren Zimmern mitgebracht haben.
Milan denkt erst gar nicht daran dort zu schlafen und quetscht sich zu mir in mein Bett. Ich lege meinen Kopf wieder auf seine Brust. Die anderen unterhalten sich, doch meine Gedanken schweifen ab.
Werden wir morgen wirklich ein Raubtier klauen? Werden wir ein großes Tier in unserem kleinen Zimmer verstecken müssen?
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Magie gibt's nicht
ÜbernatürlichesLiliane ist mit ihrer Familie erst vor einer Woche umgezogen. In ihrer alten Schule hatte sie nicht viele Freunde. Wie wird es in der neuen Schule wohl sein? Am Anfang ist alles wie immer, doch dann entdeckt Liliane etwas geheimnisvolles. 26.01.2020...