Kapitel 26

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In der nächsten Stunde schreiben wir die Schulaufgabe. Schnell schreibe ich in Schönschrift die Lösungen in die Lücken. Man ist das leicht. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich nicht so viel gelernt. Natürlich ist es nicht das erste Mal, dass ich zu viel gelernt habe, aber jetzt regt es mich besonders auf, weil ich die Zeit, die ich mit lernen verbracht habe ja auch mit reiten hätte verbringen können. Als die Lehrkraft die Blätter einsammelt, schaue ich hinter zu Milan. Er lächelt mich an und ich lächele zurrück.

Bevor ich aber zu ihm gehen kann, ist Frau Bellys schon da. Ich habe es ja geahnt.

Sie schlägt vor: ,,Ihr dürft jetzt essen und trinken. Milan, du gehst am besten nach vorne und stellst uns deinen Vorschlag vor. Und ihr anderen, seid still!"

Milan befolgt ihrer Anweisung und geht lässig nach vorne. Bevor er anfängt zu reden, schaltet er die Dokumentenkamera an. Während die anderen ihre Pausenboxen und Trinkflaschen raus holen, denke ich gar nicht erst an essen und schaue ungeduldig nach vorne. Plötzlich bin ich furchtbar aufgeregt und will unbedingt wissen, was Milan zu erzählen hat.

Als Frau Bellys noch einmal um Ruhe bittet, fängt er an zu reden: ,,Also, schaut euch erst mal das hier an." Er deutet auf ein Blatt, das jetzt unter der Dokumentenkamera liegt. Ich schaue genauer auf das Bild, welches dort abgebildet ist. Das ist Los Angeles. Das weiß ich, weil ich mal ein Referat über die Stadt gehalten habe. Da habe ich genau das gleiche Bild benutzt.

Über dem Bild steht:
Liebe Klasse 9b des Licorne Gymnasiums,
Glückwunsch, ihr habt den diesjährigen Rätselwettbewerb der 9. Klassen in Deutschland und somit eine Klassenfahrt nach Los Angeles gewonnen. Alle weiteren Informationen werden euch in einer E-Mail bekannt gegeben.

Das war jetzt das wenigste, was ich erwartet hätte. Wir haben doch an gar keinem Wettbewerb mitgemacht, wie sollten wir dann gewonnen haben können? Ich weiß einfach nicht was ich darüber denken soll. Ich wollte schon immer mal nach Los Angeles und Klassenfahrt ans Meer klingt auch gar nicht so schlecht, aber mit dieser Klasse? Ich weiß nicht. Außerdem haben wir ja auch gar nicht an einem Wettbewerb mitgemacht. Vielleicht ist es ein Missverständnis, dass wir den Preis gekriegt haben.

Milan wartet die Reaktionen der Klasse ab. Alle sind ziemlich erstaunt und freuen sich eigentlich. Aber natürlich rätseln auch alle anderen daran, wie wir an einem Wettbewerb gewinnen konnten, an dem wir gar nicht mitgemacht haben.

Milans Grinsen wird immer breiter und er klärt uns auf: ,,Ich dachte diese Klassenfahrt wär was für uns, also habe ich mich am Wettbewerb angemeldet. Ich habe gedacht, dass alle sich freuen werden einige Tage, also genau genommen zwei Wochen, miteinander zu verbringen und auch die Klassengemeinschaft würde sich erheblich stärken. In Los Angeles könnten wir so viel machen. Zusammen ans Meer gehen, die Stadt besichtigen, Sehenswürdigkeiten anschauen..."

Er listet auf, was wir alles als Klasse machen könnten. Dabei kommt einiges zusammen. Auch über die Sehenswürdigkeiten scheint er bestens informiert zu sein. Alle hängen ihm an den Lippen und sind still. Natürlich bin ich, so wie der Rest der Klasse total begeistert von Milans Idee. Aber ok, wer wär es denn nicht? Ich fange an darüber zu träumen, was alles passieren könnte. Milan erzählt und erzählt.

Plötzlich aber unterbricht ihn Frau Bellys: ,,Ihr könnt euch doch nicht einfach an einem Wettbewerb anmelden, ohne mir oder wenigstens einer anderen Lehrkraft Bescheid zu sagen."

Haben wir auch gar nicht, denke ich. Irgendwie war es klar, dass unsere Klassenlehrerin mal wieder etwas auszusetzten hat. Das hat sie ja immer. Wenn sie diese Klassenfahrt verbietet, werde ich sie für immer hassen. Es wär einfach schrecklich.

Milan verteidigt uns: ,,Frau Bellys, es hat sich gar nicht die Klasse angemeldet. Ich habe alle Rätsel allleine gelöst." Frau Bellys lacht komisch auf und sagt unglaubwürdig: ,,Ja klar und ich bin der Weihnachtsmann." ,,Nein. Es stimmt. Bitte glauben sie mir. Ich habe sogar einen Beweis", kontert Milan.

Jetzt bin ich mal gespannt, welchen Beweis er hat. Schon erfahre ich es. Er holt einige Zettel aus seiner Schultasche und hält sie Frau Bellys vor die Nase. Er hat wirklich alle Rätsel alleine gelöst. Insgesamt sind es 12 Seiten. Das finde ich jetzt wieder echt unglaublich.

Was ich aber komisch finde ist, dass er mir ja gesagt hat, er hätte viel mit dem Einhorn in Spanien zu tun gehabt. Wie hat er dann die ganzen Rätsel geschafft? Oder kann es gar sein, dass er mich mit der Einhorngeschichte angelogen hat? Auf einmal bin ich völlig verzweifelt. Wieso habe ich den nicht früher gemerkt, dass er mich auch hätte reinlegen können?

Als Frau Bellys die Blätter durchschaut, schüttelt sie ungläublich den Kopf. Ich bin furchtbar gespannt darauf, was sie zu der Klassenfahrt nach Los Angeles sagen wird.

Sie gibt bekannt: ,,Wir fahren hin!" Daraufhin fängt die ganze Klasse an zu jubeln. Sina und ihre Clique quietschen dämlich. Auf allen Gesichtern breitet sich ein Grinsen aus. ,,Wir fliegen nach LA. Wir fliegen nach LA.", singt Noah, ebenfalls überglücklich. Ich kann unser Glück kaum fassen. Dafür, dass Frau Bellys es erlaubt hat, mag ich sie doch ein bisschen.

,,Danke, Frau Bellys, danke." sagt auch Milan. Sie setzt aber wieder ihren strengen Blick auf und meint: ,,Jetzt seid ihr aber still. Und auch für die folgenden Stunden verspricht ihr mir, besser mitzuarbeiten als jeh zuvor. Für Liliane und Milan wird das Nachsitzen eine Woche nach hinten verlegt."

Diese Frau schafft es einfach nicht nett zu sein. Immer muss sie was verderben. Aber egal, hauptsache sie hat die Reise nach Los Angeles erlaubt.

Plötzlich piept ein Handy. Alle haben Angst, dass es ihres ist, doch es stellt sich heraus, dass es das von Frau Bellys ist. Die auf dem Blatt versprochene E-mail ist angekommen. Weil die ganze Klasse total neugierig ist und alle die Nachricht sehen wollen, legt unsere Klassenleiterin ihr Smartphone unter die Dokumentenkamera.

Liebe Klasse 9b des Licorne Gymnasiums,
Wie wir bereits bekannt gegeben haben, habt ihr den diesjährigen Rätselwettbewerb gewonnen. Der Flug nach Los Angeles ist morgen um 11:00 Uhr am Frankfurter Flughafen. Der Rückflug ist zwei Wochen später, am 15. Oktober um 10:00 Uhr. Wir wünschen euch einen guten Aufenthalt in Los Angeles.

Oh nein, schon morgen?! Was ist, wenn Frau Bellys jetzt doch nicht mehr einverstanden ist?

Magie gibt's nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt