#16 - Diegos Lied

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Ich riss meine Augen weit auf. Wieso tat er das? Wir standen so mitten im Gang und es war mir unangenehm, auch wenn diese Umarmung echt schön war. Ich hatte noch nie einen Jungen umarmt, Familie ausgeschlossen. Kurz schloss ich meine Augen und als ich sie wieder öffnete und mich gerade aus der bereits viel zu langen Umarmung lösen wollte, sah ich, wie Diego wie angewurzelt stehen blieb und mich irgendwie gereizt ansah.

Mein Herz fing an wie verrückt zu klopfen, schnell löste ich mich von Emilio. Dieser kratzte sich am Kopf und stotterte: „Ähm, ähm... Was für einen Unterricht hast du jetzt?" „Klavierunterricht", sagte ich abwesend, meine Augen immer noch auf Diego fixiert. Emilio war viel zu schlau, um dies nicht zu merken und drehte sich um. Als er Diego erblickte, wurde sein Gesichtsausdruck irgendwie traurig. „Ich... Geh dann mal. Ich habe jetzt schon frei", sagte er leise und ging eilig zum Ausgang.

Was tat ich hier? Schnell drehte ich mich weg und bewegte mich in Richtung Musikraum. Ich war noch vor Beto hier. Ich schloss die Tür und setzte mich erst einmal auf einen Stuhl, der etwas versteckt in einer Ecke stand. Ich wollte nicht, dass mich jemand durch die Scheiben im Raum sieht. Ich vergrub mein Gesicht in den Händen. Wieso musste ausgerechnet mir so etwas passieren? Und das an meinem ersten Schultag!

Emilio, einer der süßesten Jungen, den ich jemals gesehen habe, umarmt mich. Ich hatte für kurze Zeit das Gefühl, dass er mich mag, obwohl wir noch nicht wirklich viel über uns wissen oder großartig miteinander geredet haben. Alles schön und gut. Dann taucht plötzlich Diego auf, der merkwürdiger Weise stehen bleibt und gar nicht erfreut darüber erscheint, dass Emilio mich umarmt hat. Weshalb? Ich konnte sein Verhalten nicht verstehen. Möchte er mich einschüchtern? Möchte er, dass ich mich schlecht fühle? Ich wusste nicht mehr was ich denken sollte!

Und dann war da noch Emilios Blick, als er bemerkte, wie ich Diego ansah.Wie sah ich ihn denn überhaupt an? Noch wichtiger war, wieso musste ich die ganze Zeit an ihn denken? Bevor ich weiter überdenken konnte, kam Beto in den Raum. Ich erschrak und stand wie gestochen auf. Beto fuchtelte mit einigen Heften und Notenblättern herum. „Kann ich Ihnen helfen?", fragte ich und schritt näher. „Ja, das... Das wär' echt nett von dir", antwortete er und schon fielen ihm alle Blätter aus der Hand. Ich versuchte sie aufzufangen, aber vergeblich. Natürlich.

Ich beeilte mich, um sie vom Boden aufzusammeln und trug sie dann zum Keyboard. „Danke, danke", sagte Beto und lächelte freundlich. „Und du bist, äh..." „Noelia." „Ja, ja richtig. Noelia. Also. Du bist neu hier, stimmt's?" Ich nickte. „Okay. Dann solltest du mir mal zuerst zeigen, was du schon kannst, sodass ich weiß, wo ich mit dir anfangen soll." Ich lachte ein wenig. Beto war vielleicht sehr chaotisch, aber ansonsten total nett. Er war mir sofort sympathisch, aber das stand für mich bereits letzte Woche bei den Prüfungen fest. Ich nahm das erste Notenblatt von oben. Der Titel dieses Liedes lautete „Yo soy así" und ich begann sofort, es zu spielen. Ich konnte gut Noten lesen und auch hierbei war es kein Problem. Nebenbei las ich den Songtext mit, der darunter abgedruckt war. Auf einmal hörte ich schlagartig auf zu spielen.

Das war das Lied, das Diego geschrieben hat. Geschockt über diese Erkenntnis starrte ich einfach nur das Blatt an. „Ist alles in Ordnung?", hörte ich Beto aus der Ferne rufen. Ich war überhaupt nicht bei der Sache und auf einmal bekam ich Kopfschmerzen. Ich schüttelte den Kopf. „Mir geht es irgendwie nicht so gut." „Oh, wenn du magst, können wir schon früher aufhören." Ich zögerte. „Aber... Das ist mein erster Tag..." „Aber die Gesundheit geht vor. Du gehst jetzt nach Hause und wir sehen uns morgen wieder, wenn es dir besser geht." Beto scheuchte mich buchstäblich zur Tür und ich wollte schon fast wieder lachen. Langsam schritt ich zum Ausgang.

Und das sollte es gewesen sein? DAS war mein erster Schultag? Ich habe ihn mir komplett anders vorgestellt. Diese Ludmila hat mir alles ruiniert. Ich war mir gar nicht mehr so sicher, ob ich hier doch noch zur Schule gehen wollte. Nicht, dass es nachher genauso schlimm wie auf der Highschool ist. Auf dem Weg drehte ich mich noch einmal um und betrachtete das Studio. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte. Auf einmal hörte ich Kichern hinter mir. Auf der Stelle drehte ich mich um. Es waren die zwei Mädchen von letzter Woche, die mich ausgelacht haben! „Schaut mal wer da ist!" „Oh, das hässliche Entlein! Quak, quak!" Sie lachten, während mein Herz zersprang.

Ich weiß, dass das Kapitel jetzt nicht sehr spannend war, deswegen versuche ich jeden Tag upzudaten, damit die Story schnellstmöglich weitergeht! :)

Ich freue mich sehr über alle Votes und Kommentare ♥

Breaking Free - Das hässliche Entlein ♡ ViolettaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt