#28 - Tränenausbruch

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Ich wollte Richtung Ausgang laufen, aber es fehlte mir gerade an Orientierungssinn. Ich lief einfach geradeaus und als ob ich nicht schon genug Probleme hätte, lief ich gegen jemanden. Ich regte mich heftig darüber auf, verstummte aber sofort, als ich sah, dass es Diego war.

Mit weit aufgerissenen, verheulten Augen sah ich ihn an. Sanft hielt er mich fest und fragte: „Alles in Ordnung?" Ich nickte kurz und er schüttelte den Kopf. Leise fügte er hinzu: „Pass nächstes Mal auf, wo du hinläufst." Ich starrte ihn an und mein Herz klopfte mir bis zum Hals.

Das war das gleiche, was er bei unserer ersten Begegnung gesagt hat. Wieso wiederholte er das jetzt; was hatte das zu bedeuten?

Plötzlich wurde er wieder ernst und ließ mich los. „Nichts ist in Ordnung. Ich sehe doch, dass du geweint hast." „Es ist nichts", wich ich ihm aus und merkte dann, dass Emilio am Ende des Gangs steht und uns betrachtet. Aus unerfindlichem Grund kamen mir wieder Tränen in die Augen. „Lass mich in Ruhe", sagte ich dann leise, drehte mich um und lief endgültig aus dem Studio. Warum ich so reagiert habe, wusste ich selbst nicht so genau.

Ich hatte Glück, dass keiner zu Hause war, ich hätte jetzt ganz sicher nicht die Kraft dazu, noch irgendwelche Fragen zu beantworten. Heulend schmiss ich mich auf mein Bett und wollte gar nicht mehr aufhören. Womit habe ich mir das alles verdient?

Nach gefühlten Stunden setzte ich mich auf. Und weil ich gerade schon so sentimental war, kramte ich mein altes Tagebuch aus der Highschool-Zeit heraus und blätterte sofort auf die Seiten, in denen ich die schlimmsten Tage beschrieben habe. Ich wusste natürlich wo diese sind. Die Seiten sind auch kaum noch lesbar; viel zu oft habe ich sie gelesen und dabei geweint, sodass immer wieder Tränen auf die Blätter gefallen sind.

Das spielte aber keine Rolle, ich kannte jeden Satz in und auswendig. Sie waren in mein Gehirn und mein Herz gebrannt, genauso wie alle anderen schlimmen Erinnerungen, die ich niemals wieder vergessen werde. Wieso ich jetzt daran dachte, wusste ich nicht, weil es einfach alles nur noch schlimmer machte.

Ich hörte wie unten die Tür aufgeschlossen wurde. Wahrscheinlich ist mein Papa von der Arbeit zurückgekommen. Er wusste, dass ich bereits zu Hause war, weil ich meine Jacke und meine Schuhe unachtsam mitten im Flur hingeworfen habe. Wenige Sekunden später klopfte er auch schon an meine Tür und betrat ohne meine Aufforderung das Zimmer.

„Noelia? Was ist denn los?" Total verheult sah ich ihn an. Er kam auf mich zu und tröstete mich sofort. Ich wollte ihm nicht sagen, dass gerade dasselbe passiert, wie auf der Highschool, deswegen sagte ich einfach: „Es ist nicht so wichtig, Papa. Du kannst beruhigt sein. Ich bin heute einfach mal etwas früher zu Hause, ich fühle mich nicht sehr gut."

Papa sah mich verständnisvoll an und dafür liebte ich ihn. Er wusste immer, wann er mich lieber in Ruhe lässt, aber umso schlechter fühlte ich mich, wenn ich ihn anlog. Kurz darauf verließ er mein Zimmer und wies mich noch darauf hin, dass wenn irgendetwas sein sollte, ich sofort zu ihm gehen soll. Er war einfach zu lieb um wahr zu sein.

Wieder alleine, kamen mir die Tränen erneut hoch und ich wurde darüber langsam wütend.

Ich fing an, Kissen durch mein Zimmer zu schmeißen. Mittlerweile wusste ich auch nicht mehr so genau, weswegen ich weinte. Waren es Ludmila, Lara und Gery? Oder vielleicht doch Emilio? Irgendwann war ich dann doch ziemlich erschöpft von dem ganzen Weinen und blieb reglos auf meinem Bett liegen.

Ich habe so hart dafür gekämpft, dachte ich. Ich habe hart dafür gekämpft, um endlich das Studio On Beat zu besuchen und das zu machen, was ich am meisten liebe. Und wohin hat mich das jetzt gebracht? Unbewusst begann ich die Melodie von „Hoy somos mas" zu summen, verstummte aber sofort, als ich es merkte, um weitere Tränen zu verhindern.

Ich wusste, dass ich zurück ins Studio gehen musste, aber ich blieb für den Rest der Woche zu Hause. Am Sonntag war ich unsicher, ob ich morgen meine zweite Woche im Studio beginnen wollte, aber nachdem Violetta, Camila und Francesca mich das ganze Wochenende lang ermutigt haben, habe ich schließlich die Entscheidung getroffen, dass ich hingehe.

Montagmorgen machte ich mich mit einem flauen Gefühl im Magen also auf den Weg ins Studio.

Und das zweite Kapitel für heute :) Ich hoffe auch dieses gefällt euch und ihr kommentiert und votet ♥

Breaking Free - Das hässliche Entlein ♡ ViolettaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt