Kapitel 28 ~Mum?~

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Quietschend öffnete sich die Tür meiner Zelle und ich setzte mich aufrecht auf meine Pritsche.
Von draußen fiel helles Licht in den Raum und ich musste kurz die Augen zusammenkneifen.
"Steh auf!", meinte Jason, der plötzlich vor mir stand, emotionslos und ich folgte seiner Aufforderung.
Er packte meine Hände wieder schmerzhaft hinter meinem Rücken und führte mich aus der Zelle.
"Wo gehen wir hin?", fragte ich neugierig und konnte ein herzhaftes Gähnen nicht länger unterdrücken.
"Zu Wayne", war die einzige Antwort. Mehr war nicht aus Jason herauszubekommen.
Ich gab es also auf, zu versuchen, ein Gespräch mit ihm zu beginnen, denn offensichtlich war er in Waynes Quartier weniger redselig als bei meiner Entführungsaktion.
Ich versank also in meinen eigenen Gedanken.
Noch immer vermisste ich meinen Freund. Einerseits wünschte ich mir, dass er Waynes Quartier stürmen würde, um mich zu retten, doch andererseits wollte ich nicht, dass er sich und andere wegen mir in Gefahr brachte...

Doch plötzlich riss mich etwas sehr Unerwartetes aus meinen Gedanken...
Beinahe hätte ich die Frau übersehen, die uns auf dem recht schmalen Gang entgegen kam.
Sie hatte dunkelbraune, fast schon schwarze Haare und ruhige, graue Augen, die mich liebevoll und nachdenklich ansahen.
Auch sie wurde von einem muskulösen Mann geführt, schien dies jedoch schon gewöhnt zu sein und sogar selbst zu wissen, wo sie hinzugehen hatte.
Ich traute meinen Augen kaum, und als ich die Situation realisiert hatte, waren wir schon fast aneinander vorbei gelaufen.

Doch im letzten Moment löste ich mich aus meiner Schockstarre, blieb abrupt stehen, drehte mich zu ihr um und rief mit zitternder Stimme: "Mum?!"
Die Frau zuckte zusammen, drehte sich ebenfalls um und unsere Blicke trafen sich.
In diesem Moment fielen alle Zweifel von mir ab und ich begann zu weinen.
Ich kann nicht erklären, wo ich in diesem Moment diese Kraft hernahm, doch ich löste mich aus Jasons Griff und rannte zu meiner Mutter.
Ich konnte es kaum glauben. Wie konnte sie hier sein? Sie war doch tot...
Ich war überwältigt von meinen Gefühlen und wollte sie einfach nur in den Arm nehmen.
Doch bevor ich sie erreichen konnte, hatte Jason mich wieder eingeholt und zerrte mich von ihr weg.
Ich zappelte mit all meiner Kraft, doch ich fügte mir unter seinem festen Griff nur mehr Schmerzen zu.
"Mum", schrie Ich, "Ich bin es, deine Lyana. Ich hole dich hier raus! Versprochen!"
Danach bekam ich einen Heulkrampf, doch Jason führte mich einfach weiter...

Nur halbherzig bekam ich mit, dass wir irgendwann wieder in dem Raum waren, in dem ich Wayne kennengelernt hatte.
Ich setzte mich wieder auf den Stuhl und weinte einfach nur.
Es war einfach alles zu viel für mich und ich konnte nicht damit umgehen. Ich hatte eben meine Mutter gesehen, die Bezugsperson, die ich vor viel zu langer Zeit verloren hatte und deren Verlust mich seither geprägt hatte.
Hatte ich sie mir vielleicht nur eingebildet?
"Ach du Scheiße, Jason, was ist mit ihr passiert?", hörte ich plötzlich Waynes schockierte Stimme.
Schnell wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht, da ich nicht wollte, dass Wayne mich noch schwächer erlebte.
"Sie behauptet, Madison zu kennen...", gab Jason fast schon kleinlaut zur Antwort und mein Herz blieb kurz stehen.

Mum!

"Jason, bitte lass uns alleine!", befahl Wayne und seine Marionette verließ ohne ein weiteres Wort den Raum.
Wayne erschien in meinem Blickfeld und ging vor mir in die Hocke.
"Woher glaubst du, sie zu kennen?", fragte er ruhig und schaute mich fragend an.
Es schien ihm wirklich wichtig zu sein, was mich sehr verwirrte.
Was hatte meine Mum mit diesem Typen zu tun?
Und wo war sie all die Jahre gewesen?
Hatte er sie hier gefangen gehalten?
"Lyana, sag mir die Wahrheit!", hakte Wayne nach und packte mich am Handgelenk, um seiner Aussage Nachdruck zu verleihen.
"Sie ist meine Mutter...", antwortete ich kaum hörbar und Wayne schreckte zurück.
Verwirrt schaute ich ihn an und beobachtete, wie er aufstand und mich ungläubig anstarrte.
"Kann ich zu ihr?", fragte ich vorsichtig und schaute ihn mit großen Augen an.
"Nein!", kam es kalt zurück, "Du lügst!"

Sofort bildeten sich wieder Tränen in meinen Augen.
Wie konnte er es wagen, mir so etwas überhaupt zu unterstellen.
Niemals würde ich im Bezug auf meine Mutter lügen...
Ich wollte einfach nur zu ihr. Ich hatte ihr so viel zu erzählen und hatte so viele Fragen...
Ich war völlig verzweifelt und saß einfach nur weinend da, sodass ich zuerst gar nicht bemerkte, dass Wayne mich wieder filmte.
"Wie du siehst, habe ich deine Kleine jetzt schon gebrochen, Brandon! Und du weißt, wie es weiter geht, wenn ich meine Opfer erstmal unter Kontrolle habe...", erklärte Wayne hinterhältig und ich schaute ihn wütend an.
"Glaub ihm kein Wort!", rief ich unter Tränen und versuchte, mich zu beruhigen.
"Sei still!", fuhr Wayne mich an und ich zuckte kurz zusammen.
"Träum weiter!", gab ich trotzig zurück und wischte mir dabei die Tränen aus den Augen, um dieses Symbol der Schwäche zu entfernen.
"Das wirst du bereuen!", knurrte Wayne daraufhin und kam auf mich zu.

Plötzlich realisierte ich wieder, wie bedrohlich er eigentlich durch seinen Körperbau und seine Muskeln wirkte und wurde daher ganz kleinlaut.
Ängstlich krümmte ich mich auf meinem Stuhl zusammen und schaute Wayne mit scheuen Augen an.
Doch der zückte sein Messer, als er bei mir war und drückte es mir ganz langsam in den linken Arm.
Dabei durchbohrte er mich mit seinem eiskalten Blick und ich schrie vor Schmerz.
Es fühlte sich schrecklich an. Ich kann diese Schmerzen gar nicht beschreiben...
Meine Augen füllten sich wieder mit Tränen und ich bemerkte, wie mir langsam schwarz vor Augen wurde...
Die physischen sowie psychischen Schmerzen waren einfach zu viel für mich...

Ich sage jetzt einfach mal nichts dazu, aber ich freue mich schon auf eure Meinungen und Spekulationen!

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