#YourChoice

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<<I don't go looking for trouble. Trouble usually finds me. -Harry Potter>>

Chase Pov.

„Ich brauche einen verdammten Knüller. Irgendetwas das die Leute mitnimmt und berührt!" Angestrengt kaute ich auf meinem Bleistift herum. In meinem Zimmer in der kleinen Studentenbude tummelten sich, meiner Meinung nach, zu viele Leute, um richtig denken zu können. Aber meine beiden Mitbewohner konnte ich ja wohl schlecht rausschmeißen.

„Irgendwas gemeinnütziges vielleicht? Die Leute stehen doch auf so einen Scheiß, vor allem wenn sie von dir kommt, Chase", fragte Conner, einer meine Mitbewohner und außerdem auch einer meiner besten Freunde. Wir kannten uns eine halbe Ewigkeit, schon bevor wir in die WG gezogen sind, waren wir gut befreundet. Zwar konnten wir uns zanken wie ein altes Ehepaar, aber ich würde meinen Brünetten Kumpel auf keinen Fall missen wollen.

Zusammen mit Mason lag er auf meinem alten Doppelbett, was wirklich den größten Teil meines grau gestrichenen Zimmers einnahm. 
Mein Schreibtisch stand gegenüber, über und über mit Notizheften und Gesetzesbüchern gefüllt. 
Ich war nicht gerade der ordentlichste Typ Mensch, mich störte es nicht, wenn hier und da mal etwas rumlag oder die Türen meines Kleiderschrankes offen standen und das sah man auch in meinem kleinen persönlichem Chaos. 

„Nein, ich habe letztens erst einen Artikel über meinen Tag im Tierheim geschrieben. Ich brauch etwas Neues", sagte ich und verzog angeekelt das Gesicht, als ich den bitteren Geschmack des Bleistiftes auf meiner Zunge schmeckte. Langsam zog ich ihn aus meinem Mund heraus, aber der Geschmack blieb, genauso wie meine Ideenlosigkeit.

„Den Leuten ist es doch im Prinzip egal, was sie lesen. Über dieses Stadium bist du schon seit einem Jahr hinweg", murmelte Conner und stoppte kurz beim drehen seiner Zigarette, um mich aus seinen rehbraunen Augen aus anzusehen, „Du könntest auch einfach ein Foto von dir posten, das wäre auf jeden Fall ein viraler Hit."

Genervt verdrehte ich meine Augen, immer wieder dieses leidige Thema. Im Internet war ich zwar so was wie ein kleiner Social Media Star, aber ganz im Stil von Gossip Girl, veröffentlichte ich meine Sachen unter einem Pseudonym.

Ehrlich gesagt, hatte ich einfach keine Lust auf den ganzen Trubel um meine Person. Immerhin war ich noch mitten im Studium und hatte einige Karrierepläne. Wer weiß schon, ob es da immer von Vorteil ist, ein Medienstar zu sein, wenn man in der freien Marktwirtschaft ernst genommen werden will.

„Frag doch einfach deine Community nach ein paar Ideen, was sie gerne hören würden. Und wir suchen dir dann einen Vorschlag heraus. Eine Art Challenge, um dich aus deiner Komfortzone heraus zu holen", schlug nun Mason, der dritte Bewohner der WG, vor und hievte sich vom grauen Sofa hoch das, gegenüber von meinem Bett, in meinem Zimmer stand. Seine schwarzen Haare standen wirr in alle Richtungen ab, und auch seine Versuche, sie mit seiner Hand etwas zu entknoten, blieben erfolglos.

Als Mason schließlich neben mir am Schreibtisch angekommen war, schnappte er sich den Collegeblock und den Stift, den ich immer noch zwischen den Fingern hin und her drehte. „Wir brauchen einen schmissigen Namen für die Challenge."

„Mir fällt bestimmt schneller was ein, wenn ihr zwei mich in Ruhe lassen würdet ",murrte ich und eroberte meinen Stift zurück.

„Du bist und bleibst ein Arsch, Chase. Wir wollen doch nur ein bisschen helfen", jammerte Mason und verzog den Mund zu einer beleidigten Schnute. Ich boxte ihm kurz spielerisch in den Bauch, was er mit einem noch viel empörterem aufschrei quitierte. 

Mason ist und bleibt eine kleine Drama Queen, dass würde sich wohl niemals ändern. 

Grinsend erhob sich nun auch Conner, winkte Mason zu sich und schlenderte gemächlich in Richtung Tür.

„Ich geh jetzt mit diesem Idiot eine rauchen und wenn wir wieder kommen, hast du besser was zu Papier gebracht. Sonst übernehmen wir beide das für dich." Ich beachtete Conners Kommentar nicht weiter und wandte mich mit einem kurzen augenverdrehen von meinen beiden Mitbewohnern ab und ließ mich in den Schreibtischstuhl zurücksinken.

Trotzdem musste ich zugeben, die Idee meiner Mitbewohner war eigentlich gar nicht so schlecht. Ich hatte seine Leserschaft noch nie in seine Artikel mit einbezogen. Meist schrieb ich einfach über all die Dinge, die mich interessierten, wozu ich eine Meinung hatte und was in meinem Leben passierte. Aber wenn man im Gespräch bleiben wollte, musste man manchmal eben neue Wege gehen.

Mit einem lang gezogenen Seufzer klappte ich meinen Laptop auf und zog ihn zu mich heran.

Meine Finger flogen über die Tastatur, es war so einfach wie atmen, wenn man erst mal dabei war.

Hey meine Lieben!

Ich hab den ganzen Tag versucht, die perfekte Idee für meinen neuen Artikel zu finden. Leider ist dabei nicht viel mehr, als gedankliche Grütze raus gekommen. Also hat ein Freund vorgeschlagen, einfach mal euch zu fragen, was ihr gerne lesen wollt.

Ich starte hiermit also die #YourChoiceChallenge. Mitmachen ist ganz einfach! Ihr schreibt mir ein soziales Experiment, eine Herausforderung oder ein Thema auf allen sozialen Kanälen.

Taggt mich, und verseht euren Post mit dem Hashtag #YourChoice.

Damit ich auch mal ein bisschen aus meiner Komfortzone rauskomme, werden sich meine Freunde darum kümmern den besten Vorschlag rauszusuchen.

Ich bin gespannt, was so in euren Köpfen herumschwirrt, egal wie verrückt oder kontrovers die Idee ist, ich will sie hören!

xxxPhilip

Ohne noch weiter darüber nachzudenken, stellte ich den Text auf meinen Blog hoch und klappte den Laptop wieder zu. Dabei zuzusehen, wie die Views auf einem meiner Posts wachsen, war noch nie mein Ding gewesen. Lieber wartete ich ein paar Stunden und las mir dann die Reaktionen darauf durch.

Lügen musste ich nicht, es puschte mein Selbstbewusstsein ziemlich hoch, wenn die Lobpreisungen auf meine Texte eintrudelten, die negativen Stimmen blendete ich dann einfach aus.

Ich wusste selbst, dass einige meiner Werke nicht immer nett waren, und auch mal für angeregte Diskussionen sorgten, aber das war eben das, was einem im Gespräch hielt. Da musste man eben auch mal die ein oder andere fiese Aktion starten oder einen harschen Text schreiben, sonst verschwand man schnell in der Menge der Onlineblogger.

Und mein Blog lief wirklich gut, von Anfang an hatte ich einige Leser, aber einen großen Sprung hatte ich gemacht, als ich über die Streiche geschrieben habe, die meine WG unseren Nachbarn gespielt hatte.

Die Menschen lieben das Gute, aber das Dunkle und Fiese zog sie in Scharen an. Das Geheimnis eines guten Blogs, war das ausgewogene Verhältnis zwischen beiden Dingen, das war für mich so sicher, wie das Amen in der Kirche.

Unter diesem Aspekt hatte ich damals auch mein Pseudonym gewählt; Philip Marlowe legte seine Moral selbst in einer moralfreien Welt fest. Nichts anderes tat ich auch, ich verschob die Grenzen so, wie ich es für richtig hielt.

Als die Wohnungstür unnötig laut zugeschlagen wurde und ein Poltern durch die Wohnung halte, war mir klar, mit der Ruhe war es jetzt erst mal wieder vorbei.

„Chase! Beweg deinen Hintern ins Wohnzimmer, wir halten unseren Bierreport ab!"

Dem hatte er nichts entgegenzusetzen, der Bierreport war eine Institution in unserer kleinen dreier WG. Jeden Mittwochabend tauschten wir Jungs bei einem kühlen Bier aus, was so passiert ist und was noch zu tun war.

Schwänzen galt nicht, sonst riskierte man einen beleidigten Mason und das war wirklich nicht einfach, für keinen der Beteiligten.

Also erhob ich mich, streckte mich einmal, um meine Muskeln zu entspannen und strich mir meine dichten blonden Haare nach hinten. Mein letzter Blick, bevor ich mein unordentliches Zimmer verließ, lag noch einmal auf meinen geschlossenen Laptop. Langsam verzog sich mein Mund zu einem Grinsen, bis ich schließlich kopfschüttelnd den Raum verließ.

Das würde eine verdammt spannende Scheiße werden.

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