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*27.07.2017 - 2 Tage vor Emilias Abschluss an der NotSan Schule*

<Emmi komm doch bitte mal raus und lass uns drüber reden!> fleht Leon von der anderen Seite der Tür doch ich schweige einfach weiter. Ich habe mich vor ca 2 Stunden nach einem Wutanfall in unserem Badezimmer eingeschlossen, mich vor die Wand unter das Fenster gesetzt und weine seitdem. Wir waren grade dabei entspannt zu frühstücken, da wir beide endlich mal Zeit dafür haben, als unser Vater ihn anrief. Er musste Leon mitteilen, dass unsere Mutter bei einem Überfall auf die Bank in der sie arbeitet schwer verletzt wurde. Es sieht wohl nicht gut aus. Wenn sie jetzt stirbt konnte ich mich nie entschuldigen. Kann es kaum in Worte fassen wie unglaublich schlecht ich mich deswegen fühle. Ich habe eben auch endlich mal gecheckt wie sinnlos dieser Streit in Wirklichkeit ist. Und wie kindisch ich mich all die Jahre über benommen habe. Ich höre unsere Schelle und Leons Klopfen an der Tür hat endlich mal eine Pause. Zeit zum Durchatmen. Doch ich habe nicht wirklich lange Ruhe denn jetzt mach jemand anderes weiter. <Em? Ich bins Julia. Mach doch bitte einmal die Tür auf.> bittet Julia und ich erinnere mich daran, dass wir verabredet waren. Verdammt.
Langsam stehe ich auf und betrachte mich prüfend im Spiegel. Die Haut blass, die Augen verquollen und das Make Up verlaufen. Na toll. Ich sehe es mit Wut und Hass an und schlage dann mit einem lauten Wutschrei in den Spiegel. Schmerzen durchziehen sofort meine linke Hand und langsam fließt das Blut an meiner Hand entlang bis es ins Waschbecken tropft. Doch eine gute Sache hat der Schmerz. Er holt mich in die Gegenwart zurück. Was habe ich hier grade nur getan? <Emmi? Verdammte scheiße was ist passiert? ... Emilia?> fragt mein Bruder hektisch durch die Tür doch ich bin nicht in der Lage ihm zu antworten. Ich starre panisch auf meine Hand und mir wird schlecht.
Ich widerstehe kurze Zeit dem Bedürfnis mich zu übergebe und dann kippe ich zum ersten Mal in meinem Leben wegen einer eigentlich kleinen Verletzung um. Da ich eine kleine Dramaqueen bin (so nennt mich Leon zumindest regelmäßig wenn ich zicke) reiße ich natürlich das kleine Regal links zwischen Waschbecken und Toilette mit um, als ich versuche mich daran festzuhalten. Ich habe schon wieder angefangen zu weinen bevor ich auf dem Boden ankomme und sehe durch einen Tränenschleier wie Leon die Badezimmertür eintritt und sich erschrocken umschaut. Er stürzt zu mir, hockt sich neben mich hin und nimmt meinen Kopf in seine Hände um mich anzusehen. Dann steht er auf und hebt mich hoch. Vorsichtig trägt er mich aus dem Bad raus in mein Zimmer und legt mich auf mein Bett. <Lass mal sehen!> meint Julia sanft und nimmt meine Hand um sie zu begutachten. Es ist gleich anstrengend wie praktisch lauter Polizisten, Ärzte und Sanis im Freundes/ Bekanntenkreis zu haben <Ein RTW ist schon unterwegs. Wir lassen dich wenigstens einmal von Phil oder so im Krankenhaus durchchecken. Ich vermute zwar dass dein Körper einfach nur überfordert war aber sicher ist sicher.> fügt sie hinzu und schickt Leon dann raus um auf den RTW zu warten.
Julia gibt mir meine Wasserflasche vom Nachttisch damit ich etwas trinken kann und ich nehme sie dankend an. <Was ist denn eigentlich heute passiert Em?> fragt sie dann und ich erzähle ihr die Kurzfassung. Allerdings werden wir kurz vor dem Ende unterbrochen da Leon mit dem Rettungsdienst hochkommt und ich zucke zusammen. Es sind Flo und Tolga und ich drehe mich sofort von Flo weg, da ich ihn eigentlich momentan date. Obwohl es schon lange mehr als nur Dates sind. Das letzte offizielle Date war vor ich glaube 2 Monaten und danach war es eigentlich schon wie ne Beziehung. Ich habe viel Zeit bei und mit ihm verbracht. Er ist der Mann meiner Träume oder so.
Dennoch hat auch er heute zur Gesamtsituation beigetragen, denn ich war etwas verletzt weil er in der Nacht unser heutiges Treffen abgesagt hat. <Hey Em. Ist okey. Ich weiss doch wie wunderschön du bist.> sagt er als er es bemerkt hat und Julia gibt eine Erklärung für die Beiden. Auf Julias Anweisung legt Tolga mir einen Zugang und hängt die gewünschte Infusion dran. <Na dann ab ins Krankenhaus.> meint Flo nachdem alles notiert ist und hilft mir ganz vorsichtig hoch. Meine Beine wollen jedoch noch nicht wieder so ganz und sacken einfach weg als ich mein gesamtes Körpergewicht auf sie bringen möchte. <Whoops. Na dann halt anders!> sagt er lachend und hebt mich kurzerhand hoch. Tolga packt schnell die Sachen zusammen und Leon holt meine Handtasche unterm Schreibtisch hervor. Vorsichtig trägt Flo mich runter zum RTW und legt mich dort auf die Trage. Ich beobachte ihn durchgehend dabei und verliere mich in seinen Augen. Er streicht mir sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht und lächelt mich dann an. Tolga verstaut schnell noch den Rucksack und sagt dann <Julia und ihr Bruder fahren nach.>
Dann schließt er die Türen von außen und Flo setzt sich neben mich. Anfangs schreibt er was ins Protokoll und nimmt dann meine Hand. <Ich wollte dich mit der Absage nicht verletzen... Es ist nur so.. Ähm.. Man ich passe nicht mehr in meinen Anzug... Eigentlich wollte ich dich am Freitag bei deiner Zeugnisübergabe überraschen. Ich gehe später mit meiner Mutter einen neuen Anzug kaufen. Sie kann nur heute.> erklärt er und ich grinse. <Ich war tatsächlich etwas enttäuscht aber das ist mal ein Grund. Oh man wie süß du bist.> meine ich und kann kaum erklären was dann passiert. Er steht auf, schaut mich an und gibt mir dann ganz zärtlich einen Kuss. Ich bin anfangs überrumpelt doch grinse dann über beide Ohren. <Was meinst du Ahrends. Wollen wir es mal so offiziell probieren?> fragt er lachend und ich antworte grinsend <Aber nur wenn du mich jetzt vorsichtig ans Ziel bringst. Sonst wird das leider nichts.> <Tolga extra vorsichtig bitte. Nach 5 offiziellen und ein paar nichtoffiziellen Dates habe ich sie endlich rum.> meint er freudig und Tolga fragt <Echt jetzt? Im Einsatz? Im RTW? Brudi du bist nicht mehr zu retten! Aber viel Glück euch beiden!> Ich bin endlich wieder halbwegs entspannt und habe einen Plan. Sobald ich hier fertig bin werde ich zu meiner Mutter fahren. Es ist Zeit für eine Entschuldigung. Jetzt oder nie.
Wir halten gefühlt sehr schnell am Krankenhaus und Flo öffnet die Türen. Julia und Leon sind schon da und erwarten uns schmunzelnd. Gemeinsam gehts in die Notaufnahme wo Phil uns schon dann auch schon erwartet. <Moin. Geht bitte direkt in die 3 und lagert schonmal um. Bin gleich da.> ordnet er an und bleibt bei Julia und Leon während wir weitergehen. <Ich glaube ich kann wieder alleine aufstehen!> meine ich zu den Jungs während Tolga mich von den Gurten befreit und sie werfen sich fragende Blicke zu. Dann nicken sie mir aber zu, ich stehe auf und setze mich auf die Liege. Tolga nimmt nochmal einmal die Vitalparameter und hat grade den Blutdruck als Schwester Amelie reinkommt. <Sorry komme grade erst mit dem Patienten davor aus der Radiologie.> entschuldigt sie sich und bereitet dann alles vor. <Haben schonmal die Vitalparameter zur Doku genommen und eingetragen.> meint Tolga und dann verabschieden sich die Beiden von uns. Sie gehen im Wechsel zu Julia, Phil und Leon raus welche grade reinkommen. <Ich rufe dich später an Em.> sagt Flo noch augenzwinkernd und dann schließt Julia die Tür hinter ihm.
<Jetzt aber richtig... Hey nochmal. Wie gehts dir?> fragt Phil und ich antworte <Besser.> Er schaut sich meine Hand an und fragt schmunzelnd weiter <Haben du und Flo es endlich geschafft?> Ich merke wie ich rot werde und spüre die Blicke der Anderen. <Jaa schon irgendwie.> gebe ich leise zu und Leon, welcher neben mir sitzt, sagt nur <Na endlich.> <Wir haben alle nur drauf gewartet.> sagt Julia grinsend während Phil einen weiteren Splitter aus meiner Hand zieht. <Uff Phil.> jammer ich schmerzerfüllt und muss erstmal Tränen wegblinzeln da das echt weh tat. Während er nur dreckig lacht lenke ich meine Gedanken auf ein anderes Thema und schaue meinen Bruder an.
<Sag mal Leon? Fährst du mit mir gleich zu Mama? Ich muss mich entschuldigen.> frage ich meinen Bruder und er sagt deutlich erleichtert <Nichts lieber als das.> Ihm geht dieser ganze Streit schon seit Jahren wirklich sehr nah. <Sind auch gleich fertig. Sind zum Glück zum Großteil nur kleine Cuts an denen wir nichts machen müssen. Bekommst gleich zur Sicherheit noch einen Verband und kannst dann wenn es dir so gut geht gehen. Kommst aber morgen noch einmal in die Ambulanz und ich schaue es mir an.> sagt Phil und ich sage nur noch <Danke dir.>
Nachdem ich meinen Verband und meinen Termin habe verlassen Leon und ich das Krankenhaus und gehen zu meinem Auto mit dem Leon vorhin hierher kam. Es ist fast 14 Uhr was bedeutet, dass wir 1,5 Stunden hier verbracht haben und ich hinterfrage mein Zeitgefühl. <Bevor ich dir sage wo Mama liegt fahren wir aber erst zu Mecces oder so. Wir haben beide nicht viel gegessen!> meint Leon und wirft mir meinen Autoschlüssel zu. Ich fange ihn mit rechts und schließe mein Auto auf. Wir haben alle vom Erbe unserer Großeltern (Eltern von Papa) Geld zurückgelegt bekommen für einen Führerschein und ein Auto. Ich habe mir kurz nach meinem 18. Geburtstag einen grauen Hyundai I30 gekauft. Ich setze mich hinters Steuer und starte mein Auto bevor ich mich anschnalle. <Nächster Halt: Mecces!> sage ich dann und löse die Handbremse. Ich fahre einen Automatikwagen, was mir mein Leben jetzt sichtlich erleichtert denn Schalter dürfte ich vermutlich nicht fahren.
Der nächste McDonald's ist nicht weit entfernt und wir sind schnell da. Ich fahre in den McDrive und wir sind direkt dran. Endlich mal etwas das heute gut läuft. <Willkommen bei McDonalds. Ihre Bestellung bitte.> <Hallo. Ich hätte gerne ein McChicken classic, 2 große Eistee ohne Eiswürfel, den Bigmac und 2 Apfeltaschen.> bestelle ich für uns und fahre dann weiter um zu bezahlen und um die Bestellung abzuholen. Ich gebe die Tüte rüber zu Leon und er startet die Navigation.

Ex hoc momento pendet aeternitas - omnia vincit amorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt