*44* / not afraid

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<Okey vielen Dank!> höre ich Leon erst sagen, und dann einen Stuhl auf dem Boden schrappen. Danach schließt sich eine Tür und ich höre auch Flo. <Sorry wir hatten spontan keinen Ersatz. Ich musste erst meinen Dienst beenden.> entschuldigt er sich bei Leon und mein Bruder sagt sofort <Der Arzt war eben hier und hat ein noch nicht ganz endgültiges Ergebnis genannt. Es war wohl kein neurologischer Anfall sondern demnach dieses psychische Dings. Sie haben das Medikament, welches sie schlafen lässt abgesetzt und wir warten eigentlich nur noch darauf, dass sie wieder wach wird.> <Und ich war nicht bei ihr.. Ich hätte nicht gehen dürfen.> macht sich Flo Vorwürfe und ich möchte gerne mit ihm reden. Doch leider bekomme ich meine verdammten Augen nicht auf. Naja dann höre ich noch eine Weile zu. <Oli kommt gleich auch noch einmal vorbei.> erzählt Flo dann noch und nimmt meine Hand.
Sie unterhalten sich eine Weile darüber was alles so passiert ist während ich immer und wieder versuche meine Augen zu öffnen. Nach dem gefühlt 1000sten Versuch klappt es schon besser. Uff ist das hell hier. Meine Augen fallen wieder zu. Unruhig drehe ich meinen Kopf zur Seite und wieder zurück. Erschrocken schieben beide fast synchron ihre Stühle nach hinten und ich merke ihre Blicke. Immer wieder öffne ich meine Augen doch sie wollen immer noch nicht so wie ich will. <Was passiert hier?> fragt Leon meinen Freund besorgt, als auch noch der Monitor anfängt zu piepen, doch der bleibt ruhig. Sanft schiebt er seine Hand unter die Decke und legt sie auf meinen Bauch.
<Alles ist gut Schatz. Wir sind bei dir!> wiederholt er immer wieder und tatsächlich beruhigt es mich. Meine Atmung wird langsamer und tiefer, und auch mein Herzschlag sowie mein Blutdruck verringern sich bemerkbar. Der Monitor hört wieder auf zu piepsen und ich öffne erneut die Augen. Dieses Mal klappt es und ich sehe in das Gesicht meines Freundes. Er sieht etwas erleichtert aus und grinst mich schief an. <Na meine kleine Drama Queen.> begrüßt er mich und küsst mich dann aus dem Nichts. Es fühlt sich zum ersten Mal seit Tagen wirklich nach Sicherheit an und ich genieße es.
<Es tut mir leid Em... Ich hätte gestern Abend bei dir sein sollen.> meint er dann geknickt und lässt sich auf den Stuhl fallen. <Schon okey.> erwidere ich und nehme seine Hand. Je nachdem wie es weitergeht werde ich, wenn nötig auch eine Therapie machen. So kann es nicht weitergehen. 2 Krampfanfälle in weniger als 24 Stunden taten meinem Körper jetzt nicht sonderlich gut. Und ich habe jetzt auch nicht so das Bedürfnis nach Weiteren.
Wir quatschen über dies und jenes und werden irgendwann durch ein Klopfen unterbrochen. 2 Ärzte + Papa kommen herein und freuen sich anschienend, weil ich wieder wach bin. Papa freut sich am meisten denn er sagt sofort erleichtert <Emilia mein Schatz.. Was bin ich froh.> Wir umarmen und und der Arzt stellt sich vor <Guten Tag Frau Ahrens. Mein Name ist Weigel, ich bin Chefarzt der Intensivmedizin und das ist mein Kollege Godolias von der Neurologie.. Wir können Ihnen mitteilen, dass es kein neurologisches Defizit ist, welches die Krampfanfälle auslöste.> Dann fügt Dr Godolias hinzu <Ich übernehme mal. Sowohl das MRT als auch das EEG waren komplett unauffällig. Allerdings müssen wir Sie aufgrund der Häufigkeit und der Vorgeschichte dazu an einen Psychologen überweisen. Auch in Ihrem eigenen Interesse.> Leon zieht scharf Luft ein, weil es denkt dass ich es verweigere. Normalerweise würde ich das vermutlich auch tun, aber ich werde es nicht alleine schaffen können. <Okey einverstanden.> antworte ich ihm und sehe im Augenwinkel Leons verwirrten Blick. <Leon es ist wie 2013... Ich werde es nicht alleine schaffen können und ich möchte asap wieder auf den Rettungswagen!> erkläre ich ihm und er sagt nur <Ich bin so stolz auf dich!> Wir grinsen uns an und es fühlt sich richtig an. Ich kann nicht davor weglaufen. Es würde mich immer wieder einholen. <Wo wir bei Rettung sind. Emmi sie haben dich für die Fortbildung Luftrettung ab Herbst angenommen.> erzählt Flo glücklich und zieht einen zerknitterten Brief aus der Tasche. <Oh man echt jetzt?> frage ich ungläubig und er hält mir den Brief nickend hin. Ich möchte gerne zwischendurch mal auf den Heli und brauche dazu halt die Fortbildung wie bei allem. Wasserrettung darf ich prinzipiell auch, da ich den Rettungsschwimmer im Rahmen der Ausbildung gemacht hatte. Außer im Feuer möchte ich in allen Elementen arbeiten.
Die Ärzte gehen wieder und ich frage Flo und Leon <Würdet ihr euch einmal einen Kaffee oder sowas holen damit ich 10 Minuten mit Papa alleine sprechen kann?> Sie nicken und verziehen sich dann.
Papa nimmt den Platz von Leon ein und nimmt meine Hand. <Bevor du was sagst: ich werde dir einen Teil meines Lebens offenbaren, den ich nicht oft erzähle. Fragen bitte am Ende. Okey?> frage ich und er nickt. Ich richte mich etwas mehr auf und fange an zu erzählen <Also Ende 2012, also Silvester, war ich mit ein paar Freunden auf einem Partyboot seiner Eltern. Wir feierten entspannt bis eine Silvesterrakete das Boot so scheiße traf, dass es anfing zu brennen. Einer meiner damals sehr guten Freunde fiel in den Rhein und tauchte nie wieder auf. Wir warteten gefühlt Stunden auf die Wasserwacht, immer mit der Angst im Nacken, dass das Partyboot doch noch untergeht. Das war das erste massiv traumatisierende Erlebnis meines Lebens. Wir konnten ihn anfangs auch noch hören. Die Angst in seiner Stimme.. Einfach alles. Damals hatte ich auch diese Anfälle, depressive Episoden und 2 Monate Zwangseinweisung wegen Selbstgefährdung durch du weißt schon was.. Es wurde erst nach seiner Trauerfeier irgendwie besser. Nur die Impulse sind halt geblieben... Deswegen rauche ich nach Reanimationen. Nicht weil ich es irgendwie geil finde oder so.. Sondern weil ich dieses Gefühl im Rachen brauche... Der Psychologe damals hat mir super andere Sachen gegen Impulse gezeigt und sehr lange war es echt okey... Bis jetzt.. Der Tod von Tom hat mich jetzt wieder unglaublich aus der Bahn geworfen. Vielleicht auch, weil er die Person war die mir mit am meisten nach dem Tod von Sebi beistand.. Ich kann noch nicht drüber reden aber die Zeit wird kommen. Glaub mir ich habe selber keine Lust darauf. Dieses Gefühl wenn man realisiert was man da eigentlich tun wollte ist schlimm.. Deswegen auch der zweite Krampfanfall. Ich hatte Angst euch verloren zu haben.> <Och Emmi... Wir waren nicht da, weil Miri uns es verboten hat. Sie wollten dich erst wieder stabil haben bevor du dich aufregst.> erklärt Papa und ich atme tief durch. Ach herrje. So ist das also gewesen. <Und auch ich werde dich auf dem Weg unterstützen. Selbst wenn ich dafür mitten in der Nacht Kilometer fahren müsste.>

Endlich halt ich dich in meinen Armen
Für immer, für ewig, nur wir
Wolltest den Himmel, ich die Straße, und ich
Bin endlich, unendlich, bei dir

Ex hoc momento pendet aeternitas - omnia vincit amorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt