*35* / ... doch wir sind schneller

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Achtlos werfe ich die Schere neben mich auf den Boden und klebe die EKG Elektroden auf unseren Patienten. Alex versucht die Blutung irgendwie in den Griff zu bekommen während ich die Kabel vom EKG befestige. <Definitiv ein A, B, C, E und x Problem. Kannst du eine Narkose vorbereiten? Am besten direkt Ketofol.> fragt Alex und ich drehe mich zum Rucksack. Mir ist klar, dass er den Patienten intubieren möchte und lege schonmal das Laryngoskop und 2 Tubusgrößen parat. Dann ziehe ich Ketofol auf und reiche Alex die Spritze. In der Ferne höre ich den Hubschrauber und auch Alex wirkt erleichtert. Unser Patient muss dringend so schnell wie möglich operiert werden.
Alex nimmt sich das Laryngoskop und fängt mir der Intubation an. <Den 8er Tubus bitte.> fordert er nach der Begutachtung und ich reiße die Verpackung auf. Während er intubiert hole ich das Teil zum sichern und lege es neben uns. Als Alex nickt drücke ich die Luft rein und nehme das Stethoskop. <Links ist belüftet und die Herzgeräusche sind unauffällig.> sage ich nickend und Alex stellt die Beatmung am Gerät ein. Ich messe erneut den Blutdruck und schaue auf das EKG. <Puls und Blutdruck sind stabil.> stelle ich erleichtert fest und bereite die Perfusorspritze mit Nacl, Propofol und Midazolam vor damit ich es dem Team der Luftrettung mitgeben kann. <Kannst du mir nochmal Kompressen und Mullbinden reichen Emmi?> fragt Alex und Jacky steckt ihren Kopf durch die Tür des Bootes. <Der Hubschrauber landet jetzt. Ist das Boot fest genug um nicht weggepustet zu werden?> fragt sie und ich meine lachend <Ich hoffe es.> Dann krame ich im Rucksack und hole sterile Kompressen und dazu Mullbinden raus. Einzelnd packe ich es aus und reiche es Alex an. Der Hubschrauber wird immer lauter und ich merke den Wind der Rotorblätter.
Kurz danach sind die Kollegen der Luftrettung am Rettungsboot und ich räume das Feld für Dr. Meyer. Der Sani war mal Dozent in einem Lehrgang und ich begrüße ihn. <Hey Marius.. Ich erkläre dir mal kurz was hier los ist.. Also das ist die Crew des Öltankers. Der Kapitän hat einen Metallsplitter in der rechten Lungenhälfte und einen massiven Blutverlust. Vitalparameter sind schwach aber stabil. x,A,B,C und E Probleme.. Patient ist mit Ketofol abgeschossen und ich habe schon eine Perfusorspritze für euch vorbereitet.> sage ich ihm und gebe ihm die Spritze schonmal. <Marius? Holst du schonmal die Trage?> fragt Dr Meyer und Marius schaut mich an. <Hilfst du mir eben?> fragt er mich und Alex ruft sofort <Ist okey.> Gemeinsam laufen wir zum Heli und ziehen die Trage raus. <Glückwunsch übrigens zu den bestandenen Prüfungen. Ich wusste du wirst es rocken.> sagt er während wir zurück laufen und ich meine verlegen <Hehe danke.> <Emmi?> ruft Alex als wir die Trage abstellen und ich strecke meinen Kopf ins Boot. <Holst du bitte einmal das Spineboard sowie Jacky und hilfst dann hier drin? Du bist kleiner und schmaler als Herbert.> meint er zwinkernd und ich nicke. Dann mache ich mich auf den Weg zu Jacky denn ein NEF hat kein Spineboard. <Kann ich mir mal euer Spineboard und dich borgen?> frage ich sie und grinse immernoch wegen Alex Kommentar. Beziehungen unter Notärzten sind herrlich. Durch die ganze Lauferei ist mir immerhin warm geworden. Schwere Wolken hängen über der Stadt und ich schicke ein Stoßgebet, dass es heute nicht regnet. Oder zumindest nicht während der Bergungsarbeiten.
Jacky und ich wechseln mit Dr Meyer und quetschen uns ins Boot. Gemeinsam mit Alex lagern wir ihn auf das Spineboard und tragen ihn aus dem Rettungsboot. Durch diesen kleinen Ausgang ist es deutlich erschwert und wir müssen echt rangieren. Draußen nehmen Marius und Dr Meyer das Spineboard zwar an, aber unser Patient ist jetzt auch nicht grade der Leichteste. Hinter dem Spineboard quetschen Jacky und ich uns raus und tragen den Patienten zur nahe liegenden Trage. Marius übernimmt jetzt meinen Job und ich gehe ins Boot zurück um unsere Sachen zu holen. Schnell packe ich unsere restlichen Sachen in den Rucksack und merke dann wie es schaukelt. Beim Blick raus treibe ich schon auf dem Rhein. Durch die ganze Bewegung muss es sich unbemerkt gelockert haben und ich habe es dann wohl losgetreten.
<Na super.> fluche ich und versuche den Motor in Gang zu bekommen. Er startet zwar, aber es muss ein Problem mit dem Antrieb geben. Also habe ich zwei Optionen. Treiben lassen und abwarten oder in den eiskalten Rhein springen. Alex hat es jetzt auch bemerkt und steht schockiert am Ufer. <Emilia?> ruft er rüber und ich sehe wieder raus. <Ja moin eh.. Der Antrieb funktioniert nicht mehr.. Naja ich habe ja Gold und meinen Rettungsschwimmer.> rufe ich zurück und er schaut entgeistert. Ich habe nicht einmal mehr das Funkgerät, denn ich habe es vorhin mit meiner gesamten Koppel angelegt. Wenn ich jetzt mit Klamotten und Rucksack in den Rhein springe bringt Alex mich vermutlich um. Aber warten möchte ich auch nicht bis in alle Ewigkeit. Dann lasse ich mich lieber einmal von Alex anschreien. Sobald ich im Mittelstrom bin habe ich nämlich überhaupt keine Kontrolle mehr.
Ohne nochmal nachzudenken werfe ich zuerst den Rucksack raus (gott sei dank sind die wasserdicht) und springe dann selber hinterher. Ich tauche einmal komplett ins eiskalte Wasser und zweifel selber an meiner Entscheidung. Vollgezogen mit Wasser ist meine Kleidung mega schwer und ich kann mich kaum über Wasser halten. Doch ich werde hier kämpfen und nicht aufgeben. Es sind immerhin nur knapp 8 Meter bis zum sicheren Gewässer wo ich eigentlich stehen können müsste und das wird doch wohl machbar sein. Mit großer Anstrengung schwimme ich in Richtung Ufer aber komme nur langsam weiter. Alex rauft sich seine Haare und funkt in regelmäßigen Abständen. Es wird immer anstrengender aber die Strecke nicht wirklich kürzer. Keine Ahnung, wieso ich grade Abba in meinem Kopf habe. Egal es motiviert mich. Meine Hände schmerzen vor Kälte und auch meine Beine werden immer schwerer. Mit Neoprenanzügen ist schwimmen in kalten Gewässern in der Tat einfacher. Ich höre von hinten ein kleines Boot anfahren und klammer mich nur noch an den Rucksack um nicht unterzugehen.
Dann werde ich an beiden Armen gepackt und auf das Boot der DLRG gezogen. Meine Zähne klappern und auch sonst ist mir auch eher so semi warm. Zusätzlich bin ich echt erschöpft und kann meine Augen für einen Moment kaum aufhalten. <Hey wachbleiben!> sagt jemand und klopft mir auf die Wangen. Halleluja ist mir schlecht.
Es gibt einen kurzen Ruck und das ist nicht wirklich gut für meine Übelkeit. <Sag mal Em spinnst du eigentlich?> fragt Alex mich aber grade eher erschrocken als wütend, während er damit anfängt meine Jacke zu öffnen. Ich fange an zu würgen und Alex zieht mich nur noch schnell hoch. Ich übergebe mich in den Rhein aber da ich eh sitze zieht er mir direkt die Jacke aus.
Tom und Franco kommen aus einem weiteren RTW zu uns. Alex hebt mich hoch und trägt mich aus dem Boot raus in den warmen RTW. <Ich weiss du hast einen Freund und ich bin verheiratet, aber ich muss dich einmal aus den nassen Klamotten rausholen.> meint Franco als ich liege und gemeinsam ziehen sie mich aus. <Wie kommst du auf sowas?> fragt Tom mich als er mir die Wärmedecke über den Körper legt und ich gestehe <Bin bei kleinen Booten nicht seefest.> <Och Em... Du mischt echt Alles auf.> meint Tom zwinkernd und dreht die Heizung nochmal weiter auf. Mein Körper hilft sich aber auch selber denn ich zittere am ganzen Körper. <Sie schaut zwar wieder normaler aus, aber ich hätte trotzdem einmal gerne Temperatur, Blutdruck, Sättigung und Puls.> fordert Alex, welcher eben die Zeit draußen verbrachte und sieht mich dann an. <Das war verdammt gefährlich Emilia.> sagt er in einer ernsten Tonlage, die ich vorher von ihm echt noch nie gehört hatte. <Ich weiss..> knicke ich ein und Franco misst meinen Blutdruck. <Sättigung 88, Puls 109, Temperatur 33,4° und der Druck 152/103. Ich weiß nicht wieso sie so schnell ausgekühlt ist.> meint er dann zu Alex und dieser überlegt <7 Liter Sauerstoff über die Maske und Betablocker iv.. Dann gehts auch sofort ins Krankenhaus.> <Echt jetzt?? Kann ich es wie jeder Mensch verweigern?> frage ich aber ich weiss, dass ich keine Chance habe. <Nein.. Machen wir einen Deal? Wir fahren einmal ins Krankenhaus für die 0815 Untersuchung. Während das getan wird hole ich die zumindest trockene Kleidung. Flo ist ja grade nicht verfügbar.. Wenn der Arzt im Krankenhaus das okey gibt würde ich dich sogar arbeiten lassen. Vorausgesetzt die Werte passen.> schlägt er vor und ich willige ein. Habe ja auch keine Wahl. <Ich weiss Wagen tauschen kommt so semi an, aber würde einer von euch den NEF fahren? Würde lieber bei ihr bleiben.> fragt Alex die Jungs und gibt dann Franco den Schlüssel aus meiner Koppel.
<Ich glaube langsam, du hast etwas gegen mich.. Oder liebst mich als Arzt.> meint er irgenwann auf der Fahrt und ich sehe ihn fragend an. <Naja 2 Asthmaanfälle und jetzt das hier.> erklärt er dann und lacht wieder. <Ich hoffe, dass ich dir meinen Körper anvertrauen kann. Aber du hast es ja schon mehrfach bewiesen... Glaub mir, mir reichts auch an Einsätzen mit mir als Patient.> erwider ich Schulterzuckend und hoffe wirklich, dass ich nächstes Jahr ohne auskomme...

Wow ich darf ab Montag wieder zurück zum Campus (keine Ahnung wieso das bei uns so heißt, wir sind nichtmal ne Hochschule). Mein 19 Personen Kurs wurde in 3 Gruppen aufgeteilt und wir haben eine so komische Zeitaufteilung. Das bedeutet leider, dass ich nur an den freien Tagen oder abends wenn ich nichts nacharbeiten muss schreiben kann.. Habe zudem aus purer Dummheit 9 vorgeschriebene Kapitel auf einer anderen App mit der anderen App gelöscht. Weiss nicht ob ich die wiederbekomme.

Ex hoc momento pendet aeternitas - omnia vincit amorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt