*5* / Abschluss

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Sogar 5 Minuten vor Ablauf der Zeit bin ich komplett fertig und betrachte mich ein letztes Mal im Spiegel. Schnell korrigiere ich nochmal meinen Lippenstift nach und öffne dann meine Zimmertür um in den Flur zu gehen. Leon kommt aus der Küche und schaut mich an. Er grinst über beide Ohren und fragt <Darf ich eben ein Foto für Papa und Joni machen?> Ich nicke und grinse in die Kamera. Fühlt sich fast an wie mein Abiball damals. Der nächste Abschluss ohne meine Eltern. Ich schaue anscheinend nachdenklich denn Leon fragt <Was ist los Em? Ich sehe dass du über etwas nachdenkst...> <Nur darüber dass wir uns jetzt zwar wieder vertragen haben aber sie trotzdem nicht da sein können.> gebe ich zu und Leon umarmt mich. <Im Herzen sind sie da. Ganz bestimmt!> sagt er und ich schaue ihn an. <Meinst du?> frage ich und er sagt <Ganz bestimmt... Aber komm jetzt. Wir müssen los!> Ich nicke und ziehe meine Nase hoch. <Oh Emilia! Lass das bitte! Das ist nicht schön!> protestiert Leon lachend dagegen und ich öffne die Wohnungstür. Leon schnappt sich die Schlüssel und schließ hinter uns ab. Gemeinsam gehen wir in den Hinterhof wo mein Auto steht und ich schließe es auf. Dann gebe ich Leon den Schlüssel und mache es mir auf dem Beifahrersitz bequem.
Nachdem ich angeschnallt bin nehme ich mein Handy aus der Handtasche und öffne Spotify um Musik anzumachen. <Frei.Wild oder Klassik?> frage ich Leon grinsend und er meint grinsend <Dann Frei.Wild... Madame wir hören jetzt doch kein Klassik. Hackts eigentlich? Das können wir gerne machen wenn wir wieder ins Theater gehen!> Wenn man nicht weiss, dass wir Geschwister sind könnte man oft denken, dass Leon und ich ein Paar sind. Ich sag ja - leb mal mit dem Bruder in einer WG. Das kann und konnte einfach nicht ohne Folgeschäden vonstatten gehen! Aber ich kann ihm immer vertrauen und er ist immer da wenn ich ihn brauche. Er fährt los und ich starte die Playlist von Frei.Wild. Musiktechnisch sind wir echt so weit auseinander. Er hört lieber alles in Richtung Heavy Metal und ähnliches. Habe ich ja gar keine Ahnung von.
Die Feier heute findet im Konferenzsaal des Trainingscenters statt und so ist es immerhin gesichert, dass wir einen Parkplatz bekommen. Nach ca 20 Minuten fährt Leon auf den Parkplatz und ich gebe ihm meinen Ausweis damit wir durch die Schranke kommen. Dann schaue ich auf die Uhr und muss kurz rechnen. In 25 Minuten ungefähr geht das ganze Spektakel los und wir müssen noch ein Stück laufen. Mit den neuen Schuhen wird es spannend. Als das Auto steht steige ich aus und verfluche mich kurzzeitig selber. <Wieso genau ziehe ich eigentlich die neuen Heels an wo ich genau weiß dass 90% des Weges aus Schotter bestehen?> denke ich laut und habe schon wieder ne super Laune. <Damit du deinen großen Bruder als Packesel benutzen kannst.> antwortet Leon darauf lachend und nimmt mich huckepack. Ich dirigiere ihm den Weg und wir sind tatsächlich sehr schnell bei Haus C. Der große Konferenzraum ist in der 3. Etage und da wir faul sind nehmen wir den Aufzug. Naja ich benutze eher wieder meine Schuhe als Ausrede.
Christian, ein anderer Azubi, ist ebenfalls mit in den Aufzug gesprungen und wir begrüßen uns freudig. <Oh man. Wir haben es geschafft und sind jetzt einfach Notfallsanitäter.> meint er mit strahlenden Augen und ich erwidere lachend <Patienten wir kommen.> Ich verlasse nach ihm den Aufzug und dann beginnen meine Augen zu leuchten. Florian steht lässig an die Wand gelehnt und grinst mich an. Ich gehe zu ihm und sage <Im Anzug bist du noch heißer als in der Uniform. Okey nur ein Zustand ist heißer aber wenn ich den nenne kriege ich Ärger mit meinem Bruder.> <So Eine bist du also... Aber danke danke... Du siehst auch ziemlich schnieke aus..> erwidert er, zieht mich an sich ran und küsst mich. <Warte mal... Bitte wie sehe ich aus?> frage ich danach lachend und er meint <Schnieke... also hübsch.> <Ouh danke.> erwidere ich grinsend und wir gehen zu Leon. Die beiden begrüßen sich und dann gehen wir gemeinsam in den Kongresssaal. Ich gehe die Schulleitung begrüßen und geselle mich dann mit Flo und Leon zu Malte und seiner Freundin Anika. <Hübsch siehst du aus.> sage ich zu Ani und sie bedankt sich. <Du aber auch!> erwidert sie dann und fügt hinzu <Welchen Highlighter benutzt du?> <Den extra Dimension skinfinish von Mac.> antworte ich und hole ihn aus meiner Handtasche. Anika betrachtet ihn und schaut dann ihren Freund an. <Tja Malte. Das wird teuer.> meine ich lachend und dann werden mir die Augen von hinten zugehalten. Ich zucke kurz zusammen und mecker dann halb lachend los. <Oh Gott Julia. Ich erkenne deine Eishände mittlerweile.. Und den Ring daran ... Bist du des Wahnsinns mich so zu erschrecken? Außerdem mein armes Make Up.> meckere ich und drehe mich dann um. <Na komm schon her du Meckerziege.. Und wag es bloß nicht mir nochmal so lange nicht zu antworten wenn ich mir Sorgen mache!> sagt sie und wir umarmen uns. Phil steht hinter ihr und verdreht grinsend die Augen. Ihn umarme ich als nächstes und er meint <Schön dass es dir anscheinend so gut geht.> <Oh ja. Viel zu lange nicht mehr. Und die Hand ist auch super.> meine ich und präsentiere sie ihm. <Wo ist dein Bruder eigentlich?> fragt Julia mich nachdem sie Flo begrüßt hat und ich schaue mich suchend um. <Hmm... Keine Ahnung... Vielleicht hat er was im Auto liegen gelassen und holt es oder so.> meine ich nach kurzem Suchen und gehe dann eben zu Milan welcher eben ankam. <Wenn ich die Anwesenden bitten dürfte sich einmal zu setzen. Wir fangen gleich an.> bittet meine Schulleiterin Frau Sieverin und ich gehe mit Chris und Milan zu den Plätzen für den Kurs. Wir setzen uns nach dem Alphabet hin und wie eigentlich immer sitze ich als Erste.
<Ich begrüße Sie alle herzlich zur Zeugnisvergabe für den NotSanKurs14... Mit 24 Teilnehmern fing dieser Kurs im August 2014 hier an... Die Jüngste war grade einmal 18 Jahre alt. Der Älteste 38. So unterschiedlich kann das Alter sein. Für manche ist es die erste Ausbildung, für andere eine Umschulung und für wieder Andere eine Weiterbildung. Ich bin stolz und froh, dass wir von den 24 Anfänglichen 18 durchbekommen haben. Nicht jeder ist für diesen Job gemacht. Einige gaben schnell auf. Doch ich bin sehr zuversichtlich, dass ihr 18 das Arbeitsleben als Notfallsanitäter rocken werdet.> fängt Frau Sieverin an und habe ich eigentlich schon erwähnt, dass sie ziemlich jung für eine Schulleitung ist? Aber für diese Schule könnte es keine Bessere geben. Ich schaue grinsend auf meinen Kurs und denke sofort an die Woche, wo wir das Wasserrettungsseminar hatten. Das Schwimmbad war nur für uns gebucht und nach dem Unterricht durften wir immer noch schwimmen und rutschen und sowas. Wir haben damals echt nur Quatsch gemacht.
<Ich möchte auch nicht zu lange drumherum reden und direkt anfangen. Emilia? Du bist die Erste. Komm bitte zu mir nach vorne.> bittet sie und ich stehe auf. Unter Applaus (mega peinlich) gehe ich zu ihr (auf den Schuhen ein Kraftakt mit der Nervosität halbwegs elegant zu laufen) und schüttel ihr die Hand. <Emilia Sophie Ahrends war mit ihren grade mal 18 Jahren das Kurs-Küken. Und nach dem ersten Jahr auch die einzige Frau in diesem Kurs.. Doch mit ihrer großen Klappe immer ganz vorne dabei. Deine Mitschüler sagen über dich, dass du immer ein offenes Ohr und einen Spruch auf den Lippen hattest. Mit dir konnte man sowohl qualitativ arbeiten wie auch Quatsch machen. Dein Praxisanleiter sagt, du zeigtest immer das richtige Maß an Qualität und Empathie. Du denkst mit und arbeitest auch selbstständig. Die Berufsfeuerwehr der Stadt Köln freut sich dich ab August in ihren Reihen begrüßen zu dürfen... Sag mal Emilia wie viel hast du für diesen Satz bezahlt? *lacht* Nein jetzt ernsthaft. Ich wünsche dir alles Gute dort. Herzlichen Glückwunsch.> sagt Frau Sieverin und überreicht mir mein Zeugnis sowie die Patches. Ich bedanke mich bei ihr und nehme es lächelnd entgegen. Grinsend schüttel ich noch dem Herrn vom Gesundheitsamt sowie unserem Kursbetreuuer und Dozenten Stefan die Hände und bedanke mich bei ihm für alles. Wir machen das einzel Abschlussfoto und ich grinse stolz in die Kamera. Wieder unter Applaus (immernoch peinlich) gehe ich von der kleinen Bühne runter und sehe dann Papa und Jonas neben Leon sitzen. Papa winkt grinsend und ich winke dezent zurück. Er ist zu meinem Abschluss gekommen.
Ich bin mega glücklich und habe Tränen der Freude in den Augen. Milan, welcher neben mir saß ist jetzt vorne und Michael reicht mir ein Taschentuch. <Danke.> meine ich und versuche meine Augen zu trocknen ohne mein Make Up zu zerstören. Ich habe es geschafft eh.

Als alle ihre Zeugnisse haben bittet Frau Sieverin uns für das Abschlussfoto nochmal hoch und ich lege das Zeugnis auf meinen Stuhl ab. Es war sowasvon ein mega Fehler komplett neue Schuhe sofort zu tragen und Milan stützt mich etwas. Das allerdings nicht ohne mich nebenbei auszulachen. Er ist knapp 1,5 Jahre älter als ich und ich habe auch privat viel mit ihm zutun. Ein letztes Mal grinsen wir als Kurs in die Kamera und dürfen dann zu unseren Familien. Ich hole schnell meine Sachen und gehe dann nach hinten. Schon auf dem Weg habe ich wieder Tränen in den Augen und falle Papa in die Arme. Er weint auch und sagt <Ich bin so unglaublich stolz auf dich meine Kleine.> <Danke dass du gekommen bist Papa.> sage ich und wische mir eine Träne weg. <Aber es ist noch jemand hier. Zwar nicht körperlich anwesend aber virtuell.> meint er und Jonas hält sein Tablet hoch. <Mama!> entfährt es mir überglücklich und nun kann ich meine Tränen nicht mehr halten. <Hallo Emmi... Ich bin so stolz auf dich... Und es tut mir alles so leid.. Hab dich lieb und wir sehen uns bald... Küsschen Mama> sagt sie und Papa meint <Sie ist die Nacht aufgewacht. Und sie hat dich gehört.. *zur Bestätigung nickt sie* Ich war heute morgen in aller früh bei ihr und sie hat mich fast schon gezwungen hierher zu fahren... Damit wenigstens jetzt einer da ist.> Dr Woitowiak schiebt sich ins Bild und gratuliert mir dann auch nochmal. Etwas weird. Aber egal. Papa ist hier und auch Mama hat mir verziehen. Sie lebt und wird wieder.
<Oh Emmi... Wenn du weiter einen Zimmerbrunnen spielst heule ich gleich mit!> meint Julia schon schniefend und ich umarme sie. <Dann sind wir halt zusammen Zimmerbrunnen.> erwidere ich lachend und Flo meint <Bitte nicht... Und Glückwunsch Emmi.> Wir küssen uns und dann machen wir uns bereit zu gehen. Ich möchte noch etwas ruhige Zeit mit den tollen Menschen verbringen bevor wir heute Abend auf die Abschlussparty gehen werden. Die meisten werden in den nächsten Woche in andere weiter entfernte Städte ziehen und heute ist der vorerst letzte Abend zusammen, denn nur Milan und Chris werden ebenfalls hier in Köln bzw Leverkusen bleiben.

Ex hoc momento pendet aeternitas - omnia vincit amorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt