*28* / Forever

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<Danke Em!> sagt Mama sofort und sie ist gefasster als erwartet. <Nicht dafür... Es ist trotzdem irgendwie mein Job.> antworte ich und Flo legt seinen Arm um meine Schultern. Ich bin immer noch unglaublich erschrocken und dazu müde. Doch die eiskalte Luft lässt meine Gedanken wieder klarer werden. <Aber trotzdem hast du ohne zu zögern gehandelt... Ich hätte grade nichts für ihn tun können. Rein gar nichts!> fügt sie hinzu und lächelt mir aufmunternd zu. Mama versucht immer etwas Positives zu sehen. <Na kommt. Lasst uns nach Hause fahren. Jonas ist mit Micha dem RTW hinterher.> sagt Mama dann und ich frage Leon <Hast du meinen Schlüssel noch?> Er nickt und kramt ihn raus. <Gut. Fährst du mein Auto bitte. Ich werde laufen. Kommst du mit Flo?> frage ich dann und Flo antwortet <Natürlich.> <Dann bis gleich.. Seid vorsichtig.> verabschiedet sich Mama und Leon legt seine Hand kurz auf meine Schulter.
Ich nehme die Hand von Flo und wir machen uns auf den Weg in die Dunkelheit. Pfarrer Alexius hat die anderen Gottesdienstbesucher eben wieder in die Kirche reingelassen, damit sie ihre Sachen holen können. <Wie lange müssen wir jetzt laufen?> fragt mein Freund ich erwidere <Maximal 20 Minuten.. Naja in der Regel jedenfalls.> <Okey. Aber wenn es dir hilft umrunde ich Elten auch 10 Mal.> flüstert er mir ins Ohr und dieses Gefühl von Sicherheit und Halt ist wieder da.
Schweigend laufen wir durch diesen Heiligabend über die Felder und kommen nach fast 20 Minuten am Haus meiner Eltern an. Mein Auto steht wieder auf dem Hof und wir laufen die Treppe hoch. Mama hat den Schlüssel außen stecken gelassen und ich schließe die Tür auf. Warme Luft empfängt uns und ich öffne meine Jacke. Meine Wangen fangen an zu glühen und ich befreie mich von Jacke und Schal. Sorgfältig hängen wir es an die Garderobe und gehen zu den Anderen ins Wohnzimmer. Es riecht nach Tannenbaum und Kamin. Wie früher. Immer mehr und mehr entspanne ich mich und quetsche mich neben Leon auf den Sessel. Es gibt Momente, da brauche ich nichts außer meine Brüder. Naja oder halt einen. <Schau mal Isa. Wie früher.> sagt Papa zu Mama und sie schaut uns liebevoll an. <Na komm Emmi.. Kopf hoch!> sagt Leon und animiert mich aufzustehen. Da das Essen trotzdem fertig ist wollen wir immerhin versuchen etwas zu essen. Mama hat heute Mittag Braten mit Klößen vorbereitet und wir setzen uns gemeinsam an den großen Esstisch.
<Lasst es euch trotzdem schmecken!> sagt sie und ich fange an, an einem Kloß rumzuschneiden. Hunger habe ich in der Tat nicht. Lustlos stocher ich in meinem Gemüse rum und lasse mich frustriert nach hinten an die Lehne fallen. Doch dann wir die Tür aufgeschlossen und Jonas kommt über die Küche ins Esszimmer. Micha kommt lächelnd hinterher und er sieht in der Tat zufrieden aus.
<Alex ist außer Lebensgefahr. Es war wohl noch kein Herzinfarkt sondern so eine Vorstufe. Anpinga pectoralis (Angina pectoris = Brustschmerz) oder sowas... Da er sich durch diesen Schmerz so gestresst hat ist es so eskaliert.. Er bekommt am Montag so ne Therapie, wo die Gefäße geweitet werden.. Emmi er wird wieder!! Der Arzt in der Notaufnahme sagte, ich soll dich loben. Nur durch euer wirklich sehr schnelles und vor allem kompetentes Handeln konnte er gerettet werden.> erzählt er und umarmt mich von hinten. <Dir natürlich auch ein riesengroßes Danke Florian.> fügt er hinzu und ich taue gefühlt wieder auf. <Das freut mich so sehr Micha.> sage ich und grinse selber wieder. Ich bin übertrieben erleichtert. Vermutlich hätte ich es mir selber nicht verziehen, wenn Alex gestorben wäre. <Na kommt. Setzt euch zu uns.> sagt Papa und nun sind 2 Plätze nicht mehr leer. Jetzt fehlt halt nur noch einer. Der Hunger kommt grade wieder und ich fange an zu essen. Diesen Braten hatte ich seit meinem letzten Weihnachten vor meinem Auszug nicht mehr und ja man kann auch Essen vermissen.
Während Jo, Leon und ich den Tisch abräumen und die Spülmaschine befüllen, geht Flo mit Mimi, Micha, Mareike, Mama und Papa rüber ins Wohnzimmer. Traditionell gibt es bei uns nach dem Abendessen die Geschenke und auch heute wollen wir trotz aller Umstände die Normalität wahren. <So, die Küche ist soweit aufgeräumt... Ich geh noch eben Eine rauchen.> sage ich zu meinen Brüder und gehe in den Flur zu meiner Jacke bevor sie Fragen stellen können. Ich rauche zwar nicht regelmäßig, aber nach jeder Reanimation hab ich trotzdem das Bedürfnis zu rauchen. Schnell streife ich mir meine Jacke über und gehe aus der Haustür raus. Meine Schachtel Notfallkippen liegt im Auto und ich muss sie eben holen. Ich greife gezielt unter den Beifahrerseitz und ziehe die Schachtel heraus. Dann lasse ich sie in meiner Jackentasche verschwinden und schließe die Tür wieder. Nachdem ich mein Auto abgeschlossen habe, gehe ich zur Treppe und setze mich auf eine der unteren Stufen. Ich hole die Schachtel wieder aus meiner Jacke, öffne sie und nehme mir eine Zigarette raus. Während ich sie anzünde kommen Flo und Leon ebenfalls raus.
<Ich dachte du hast vor langer Zeit aufgehört!> fragt Leon mich neckend und ich zeige ihm den Mittelfinger. <Eigentlich raucht sie auch nur nach Reanimatonen.... Jeder hat ein Ritual danach. Oli zum Beispiel putzt das Auto danach, wenn es zeitlich möglich ist, doppelt so lange. Ich gehe nach der Schicht dann immer mindestens 5 Kilometer schwimmen. Marion kocht... Ohne ein Ritual bist du echt am Allerwertesten. Glaub mir, dass kann einen fertig machen.> erklärt Flo meinem Bruder und hockt sich hinter mich. Ich weiss, dass er auch ziehen möchte und halte ihm die Kippe hin. <Wenn schon mieses Karma für die Lunge, dann zusammen!> sagt er lachend und Leon meint nur <Okey ich verstehe es ja.. Aber warum Zigaretten Em?> <Vermutlich weil ich früher mit Tom und Sina geraucht habe und es mich an die Zeit erinnert.> erwidere ich und zucke mit den Schultern. Flo nimmt mir meine Zigarette weg und raucht selber den letzten Teil. Dann drückt er sie aus, steht auf und zieht mich hoch. <Na komm Schatz. Lass uns wieder reingehen.> meint er und wir laufen gemeinsam die Stufen hoch. Leon schließt die Tür wieder auf und wir gehen rein ins Warme. Ich befreie mich von meiner Jacke und hänge sie wieder an den Haken der Garderobe.
Ich setze mich seitlich vor meinen Freund und lehne mich an ihn an. Mama schaut mich an und man sieht, dass sie nachdenkt. Vermutlich sorgt sie sich grade. <Alles ist gut Mama.> sage ich zu ihr und lächel sie an. Sie entspannt sich und lächelt zurück. Mir fällt ein, dass unsere Geschenke noch oben liegen und ich springe auf. Schnell laufe ich hoch und hole die Tasche mit den Geschenken für meine Brüder samt Partner, für Jana und für Micha und Alex ins Wohnzimmer. Mama und Papa bekommen von Leon, Jonas und mir einen Kurztrip nach Berlin geschenkt und Jonas hat den Gutschein dafür. Vielleicht ist er nicht mein leiblicher Vater, aber er hat mir 17 Jahre lang ein unbeschwertes Leben ermöglicht.

Werde mich gleich an die letzte Aufgabe setzen, die ich Dienstag abgeben muss und dann weiter schreiben. Habe mir gestern mal wieder eine Vorlage für einen Storyteil geschaffen (vermutlich wird es eher ein Einsatz für Emilia werde) aber das ist ein Grund, warum ich heute nichtmal ne Runde in der Sonne laufen gehen kann.. Genießt das Wetter und bis dann :)
Bleibt gesund

Ex hoc momento pendet aeternitas - omnia vincit amorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt