Zwei Nächte hatte er nun hier in dieser verdammten Zelle verbracht und seine Gedankenabschirmtechnik hatte ihn bereits so gut wie im Stich gelassen. Anstatt ihn an Orte zu bringen, die beruhigend und unbeschwert wirkten, hatte sie ihn mit Vorwürfen und alten Wunden konfrontiert. Und wenn er nicht gerade miterlebte, wie er vor Jahren Joan vor den Kopf gestoßen hatte, musste er an Hermine denken, die genau wie er das Opfer eines Verrückten geworden war und nun sicher mit denselben Konsequenzen zu kämpfen hatte. Er wollte weder an die eine noch an die andere Hexe denken, die sein Leben komplizierter gemacht hatten, als nötig. Vor allem wollte er nicht daran denken, was in den letzten Jahren geschehen war. Bei Merlins weißem Rauschebart, er hatte ein Schlammblut geheiratet! Wie hatte es nur so weit kommen können? Es quälte ihn, dass er offensichtlich nicht mehr der Herr seiner eigenen Sinne gewesen war. Blutsverräter, Schlammblüter, Muggel, Potter und seine Sippschaft waren sein Umgang gewesen und er hatte sich wie einer von ihnen verhalten. Wie ein gewöhnlicher, x-beliebiger Zauberer. Aber das war er nicht. Er war der reinblütige Spross einer der altehrwürdigsten, machtvollsten und bedeutendsten Familien, die es je gegeben hatte. Seine Vorfahren hatten über 600 Jahre lang eine wichtige Rolle in den Geschicken der Welt gespielt und sowohl die Zauberer-, als auch die Muggel-Geschichte beeinflusst. Seit Wilhelm der Eroberer im Jahr 1066 mit der Hilfe von Armand Malfoy, einem einflussreichen französischen Magier, den englischen Thron bestiegen hatte, war immer ein Mitglied der Familie eng mit dem Schicksal der Monarchie und des Landes verknüpft gewesen. Damals war auch das Anwesen, das heute Malfoy Manor hieß, in den Besitz der Familie übergegangen. Als König Heinrich II. im Jahr 1170 einen getreuen Ritter benötigte, um Thomas Becket, den Erzbischof von Canterbury, zu beseitigen, fiel seine Wahl wie selbstverständlich auf Richard Malfoy, den Anführer seiner Leibwache. Mehr als drei Jahrhunderte später sorgte Timotheus Malfoy dafür, dass Heinrich VII., ein Lancaster, die junge Elisabeth von York ehelichte und damit die Rosenkriege mit der Gründung des Hauses Tudor beendet wurden. Für eine kurze Zeit floss das Malfoyblut sogar in der Kronenlinie, doch sowohl Jane Seymour, die Nichte von Timotheus und dritte Ehefrau König Heinrichs VIII., und ihr Sohn, der spätere König Edward VI., starben vor ihrer Zeit und die Linie brach schnell wieder ab. Es war ohnehin nie das Ziel seiner Familie gewesen, selbst zu herrschen. Gelegenheit dazu hätten sie oft genug gehabt, doch sie lenkten lieber im Hintergrund die Geschicke des Landes, als offen aufzutreten. Sein eigener Namensvetter Lucius I. hatte eine Zeit lang um die Gunst von Königin Elisabeth I. geworben, um den Platz an ihrer Seite einzunehmen. Er war daran zwar gescheitert, hatte aber mit einem wirkungsvollen Fluch dafür gesorgt, dass sie bis heute als die Virgin Queen galt. Damit zerstörte er freilich das Werk seines Großvaters, denn mit Elisabeth ging auch das Haus Tudor unter. Bald danach zogen sich die Malfoys aus der Muggel-Politik zurück, denn im Jahr 1692 trat das Geheimhaltungsabkommen in Kraft. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Familie eines der größten Vermögen des Landes angehäuft und es bis heute immer weiter gemehrt.
„Ich finde deine Familiengeschichte so spannend!", sagte Joan und legte den dicken Wälzer, den er ihr nach den Weihnachtsferien mitgebracht hatte, kurz beiseite, „Wenn dieser Edward überlebt hätte, wärst du heute vielleicht ein Prinz."
„Zauberer auf dem Muggelthron, ich glaube nicht, dass das besonders gut gegangen wäre."
„Ach, wer weiß. Mit Magie hätte man so viel Gutes tun können."
„Und Schlechtes."
„Du bist immer so negativ, Lus."
Joan rollte mit den Augen und schlug das Buch wieder auf, um weiter zu lesen. Sie saßen in der Großen Halle, es war ein eisig kalter Sonntag, an dem die älteren Schüler einen Ausflug nach Hogsmead machen durften. Nächstes Jahr konnten sie auch endlich dorthin und mussten diese Tage nicht mehr im fast leeren Schloss verbringen. Lucius hatte den ganzen Morgen auf seinem neuen Nimbus 1000 trainiert, dem ersten Modell dieser neuen Marke. Er hatte von seinem Vater die Vorgabe erhalten, es spätestens im nächsten Jahr in die Quidditch-Mannschaft zu schaffen. Er war zwar ein ziemlich guter Jäger, aber die Posten waren von alteingesessenen Spielern besetzt, die alle noch mindestens zwei Jahre in Hogwarts sein würden. Seine persönlichen Ambitionen waren auch nicht besonders hoch, er mochte den Sport und liebte den neuen Besen, aber er hatte schon allein bei dem Gedanken daran, dass er vor der ganzen Schule fliegen und Tore werfen sollte, solche Bauchschmerzen, dass er sich kaum rühren konnte. Die Angst vor seinem Vater war jedoch noch größer, daher trainierte er fast täglich, sofern es die Schularbeit und das Wetter zuließen. In dieser Woche hatte es endlich einmal seit langem nicht geschneit, was er sofort ausgenutzt hatte. Jeden Tag war er stundenlang auf seinem Besen gesessen und hatte zudem Wurftraining absolviert. Er war hundemüde und kauerte sich daher einen Moment auf dem Tisch zusammen, um nur kurz wieder ein wenig Kraft zu tanken. Und wie es das Schicksal oft so wollte, kam gerade in diesem einen, winzigen Augenblick, in dem er der Müdigkeit nachgegeben hatte, sein Vater in Hogwarts an. Abraxas Malfoy war einer der Schulräte und kam daher regelmäßig und nach Lucius Geschmack deutlich zu häufig in die Schule, um an Besprechungen mit dem Kollegium teilzunehmen.
„Nun? Wenn du dich den ganzen Tag auf die faule Haut liegst, ist es kein Wunder, dass du in keinem Fach Bestnoten erzielst."
Bereits nachdem sein Vater die erste Silbe gesprochen hatte, hatte Lucius sich reflexartig kerzengerade hingesetzt und war mucksmäuschenstill geworden. Der eine Vorteil seiner ohnehin bleichen Haut war, dass man nicht so leicht sehen konnte, dass er blass und ihm übel wurde.
„Steh auf und schau mich an, wenn ich mit dir rede, Sohn!", forderte Abraxas ihn barsch auf und er folgte aufs Wort, denn Widerworte wurden im Hause Malfoy nicht geduldet.
Sein Vater trug einen gezwirbelten Schnauzbart und ein Monokel, seine kurzen, hellblonden Haare waren mit viel Wachs in Form gestriegelt worden und keine Strähne wagte es, von dem ihr angestammten Platz zu weichen. In der Hand hielt er seinen Gehstock, dessen silberner Griff wie ein Schlangenkopf geformt war und keinen Zweifel an der Hauszugehörigkeit seines Besitzers aufkommen ließ. Slytherin durch und durch.
Joan hatte erst jetzt von der Malfoy-Familienchronik aufgesehen und stand ebenfalls auf. Unbeschwert, wie sie war, streckte sie die Hand zur Begrüßung aus. Abraxas rührte sich kein Stück und fragte seinen Sohn mit hochgezogener Augenbraue: „Und das ist?"
„Ich bin Joan Galloway, Mr. Malfoy. Lus und ich sind die allerbesten Freunde. Er hat doch sicher schon von mir erzählt?", sie lächelte tapfer und verstand nicht recht, warum der Mann sich so abweisend verhielt.
Lucius hatte kaum merklich den Kopf geschüttelt, doch sie hatte es weder bemerkt, noch hätte sie verstanden, was er damit sagen wollte. Für sie stand außer Frage, dass sie beste Freunde waren und sie sah keinen Grund, warum das nicht jeder wissen sollte.
„Galloway? Kein mir geläufiger Name. Sind Ihre Eltern Zauberer?"
„Mein Dad ist ein Muggel. Mum kennen Sie aber vielleicht, sie...", antwortete Joan, doch sie kam nicht besonders weit.
„Ein Halbblut also. Nun ja, der sprechende Hut hat immerhin Ihren Wert erkannt und Sie mit Slytherin in das richtige Haus gesteckt."
„Ich bin in Hufflepuff, Sir."
„Du wirst mich begleiten, Lucius. Wir haben etwas zu besprechen."
Lucius befürchtete, genau zu wissen, was jetzt kommen würde. Sein Vater hielt nicht viel von Muggelgeborenen und hatte ihm bereits nahegelegt, sich nur mit seinesgleichen anzufreunden. Abraxas bugsierte seinen Sohn in ein leeres Klassenzimmer und bedeutete ihm, sich in die vorderste Bank zu setzen.
„Du enttäuschst mich. Du enttäuschst mich immer wieder, Lucius. Warum tust du das? Was habe ich falsch gemacht?", fragte er und trommelte mit den Fingern auf dem silbernen Knauf seines Gehstocks, in dem sein Zauberstab verborgen war. Lucius schwieg, denn er befürchtete, es mit jedem Wort der Rechtfertigung nur noch schlimmer zu machen. „Du wirst dieses Mädchen nicht länger sehen."
„Aber wir...", er sah entsetzt auf.
„Keine Widerrede!", polterte sein Vater und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige mit dem Handrücken.
„Jawohl, Sir", murmelte er leise und senkte den Blick.
„Gut. Ich bin froh, dass ich mich nicht deutlicher ausdrücken musste. Ich hoffe, ich muss dich nicht noch ein weiteres Mal daran erinnern, welche Verpflichtung du gegenüber deiner Familie hast, Sohn. Du wirst einmal meinen Platz einnehmen und bis dahin, aber auch schon jetzt, dein Leben allein der Bewahrung unseres Vermächtnisses widmen. Das und nur das ist, wofür du zu leben hast. Es gibt nichts Wichtigeres."
Lucius blieb noch eine ganze Weile allein in dem Klassenzimmer für Verwandlung zurück und ließ das Gespräch mit seinem Vater Revue passieren. Nicht mehr mit Joan befreundet sein? Das war schlichtweg unmöglich. Sie war seine Halteleine, sein doppelter Boden, seine einzige Vertrauensperson. Er konnte sie nicht einfach ignorieren. Wie stellte Abraxas sich das vor? Wie sollte er ihr in Zukunft begegnen? Einfach nicht beachten? Den Rücken zukehren? Das konnte er nicht. Das wollte er nicht. Das würde er nicht tun. Entschlossen stand er auf und ging hinaus. Sein Kopf dröhnte noch von dem heftigen Schlag ins Gesicht, doch er ließ sich nichts anmerken, als er Joan auf einer Steinbank sitzend auf ihn warten sah. Sie hatte die Malfoy Chronik auf dem Schoß und wippte mit den Füßen. Als sie ihn auf sich zukommen sah, sprang sie auf und legte ihm besorgt eine Hand auf den Arm.
„Ist alles in Ordnung?"
„Klar. Mein Vater wollte nur wissen, wie das Training so läuft."
„Und wieso konnte er dich das nicht vor mir fragen?"
„Du weißt schon, wegen der Hausrivalitäten und so. Er ist da ein wenig speziell."
„Also hast du keinen Ärger bekommen?"
„Nee, quatsch", Lucius lächelte und fügte hinzu: „Warum sollte ich?"
Lucius erwachte aus seinem Tagtraum, der so real gewesen war, als hätte er ihn in einem Denkarium noch einmal miterlebt. Er erinnerte sich an jedes kleine Detail dieser Begegnung, denn sie war etwas ganz besonderes. Sie war eines der wenigen Male in seinem Leben, dass er sich gegen eine eindeutige Anweisung seines Vaters gestellt hatte. Es hatte freilich nur zwei Jahre gedauert, bis er dann doch eingeknickt war, aber das änderte nichts an dem Hochgefühl, das er noch heute hatte, wenn er an seine Rebellion dachte.
Was sein Vater wohl sagen würde, wenn er ihn heute sehen könnte? Er würde vermutlich entweder tot umfallen oder seinerseits dafür sorgen, dass Lucius es tat. Eine Muggelgeborene als Schwiegertochter war so ziemlich das Schlimmste, was er ihm hätte antun können. Auf einmal erfüllte ihn ein grimmiges Gefühl der Genugtuung. Allein dafür, dass sein Vater sich im Grab herumdrehte, hatte sich diese ganze Farce schon gelohnt. Dennoch, er musste so schnell wie möglich raus aus dem Gefängnis. Die Isolation tat ihm nicht gut. Allein, nur mit seinen Gedanken als Beschäftigung, bewegte er sich auf einem gefährlichen Pfad, den er eigentlich schon vor vielen Jahren verlassen hatte. Als wäre seine Bitte gehört worden, öffnete sich die Tür seiner Zelle und ein Wachmann sagte schroff: „Los, mitkommen. Du hast Besuch."
„Schon wieder?"
Er hatte vor ein paar Stunden schon die Gesellschaft von Potter genießen dürfen und war überrascht, an diesem Tag noch einmal für einen Besucher aus der Zelle geholt zu werden.
„Ich kann auch wieder abschließen, wenn dir das lieber ist."
Da Lucius jede Ablenkung recht war, folgte er dem Uniformierten in einen kleinen Raum, in dem ein Tisch und zwei Stühle standen.
„Setzen!"
Er setzte sich und die magischen Fesseln an den Lehnen leuchteten kurz auf, schlossen sich aber nicht um seine Unterarme. Von draußen hörte er leise Stimmen und es dauerte nicht lange, bis sie wieder geöffnet wurde und jemand eintrat.
„Hallo Lucius."
Hermine. Natürlich. Wer sonst hätte ihn besuchen sollen? Er hatte keine Freunde, keine Familie, keine Verbindungen. Wütend sprang er auf. Hatte er nicht deutlich genug gemacht, dass er sie nicht wieder sehen wollte?
„Nein, bitte bleib sitzen", sagte sie, als ob er aus Höflichkeit aufgestanden wäre, und sah ihn eindringlich an.
„Was willst du?"
„Ich mache mir natürlich Sorgen um dich, Liebling, und wollte dich sehen!"
Sie betonte den Kosenamen und hob abwehrend die Hand, als er etwas erwidern wollte: „Entschuldigen Sie, Sir, ich habe mit Mr. Potter ausdrücklich vereinbart, dass ich meinen Mann unter vier Augen sprechen darf. Würden Sie uns jetzt bitte allein lassen? Ich klopfe, wenn ich Sie brauche."
„Aber..."
„Ich glaube, ich habe mich klar genug ausgedrückt, oder etwa nicht?"
„Ja, Ma'am."
Zur Lucius Verblüffung verließ der Wachmann tatsächlich den Besucherraum und schloss sie beide darin ein.
„So", sagte Hermine und lehnte sich auf dem Stuhl zurück, „jetzt können wir reden."
„Was willst du hier?", wiederholte Lucius seine Frage.
„Ob du es glaubst oder nicht, ich will dir helfen. Dir wird etwas vorgeworfen, das du nicht getan hast."
„Warum bist du dir so sicher, dass ich es nicht getan habe."
„Weil ich dich kenne."
„Und das glaubst du wirklich?"
„Das weiß ich. Ich kenne dich. Vielleicht sogar besser, als du es gerade selbst tust."
Er schnaubte und drehte den Kopf weg, um sie nicht weiter ansehen zu müssen. Dieses Schlammblut hatte vielleicht Nerven, hier aufzutauchen und sich mit ihm in einen Raum schließen zu lassen. Wenn er wollte, könnte er sie wie eine Made an der Wand einfach zerquetschen. Warum sollte er es nicht tun? Dann hätte das Ministerium endlich etwas Handfestes, weswegen sie ihn hier festhalten konnten.
„Du hast keine Ahnung, wer ich wirklich bin."
„Mag sein."
„Ach, auf einmal?"
„Mag sein, dass ich mich täusche und du jetzt ein anderer bist. Aber du vergisst, dass du bis zu Witherforks Tod unter dem Einfluss des Zaubers gestanden hast, und dass ich diesen Lucius so gut kenne, wie sonst niemand auf der Welt. Und dieser Lucius, ob er noch in dir steckt oder nicht, hat niemanden getötet. Diesem Lucius will ich helfen, denn er hat nicht verdient, für etwas bestraft zu werden, das er nicht getan hat. Du kannst mir dabei helfen, deine Haut zu retten, oder du kannst es lassen. Ich für meinen Teil werde jedenfalls alles daran setzen, dich hier raus zu kriegen und den wahren Mörder zu finden. Das verspreche ich dir."
„Warum? Es kann dir doch jetzt egal sein."
„Wenn du das denkst, bist du wirklich ein Idiot", flüsterte sie und zeigte ihm den Ring an ihrem Finger, „in guten wie in schlechten Zeiten, du erinnerst dich? Ich habe nicht vor, dieses Versprechen zu brechen."
„Ich kann auf die Hilfe eines Schlammbluts getrost verzichten."
„Geht es dir besser, wenn du mich so nennst?"
„Was? Ich..."
Sie unterbrach ihn: „Falls du mich verletzen wolltest, das kannst du nicht. Jedenfalls nicht mit einem Schimpfwort, wie diesem. Du bist stolz auf deine Familie, auf deine Abstammung, dein Blut. Aber sag mir, Schatz, was hast du getan, um diesen Stolz zu verdienen? Nichts. Es ist nur ein Zufall, dass du in eine Familie wie die deine geboren wurdest und genauso, dass ich keine magischen Vorfahren habe. Aber es ist kein Zufall, dass wir beide zu fähigen Zauberern geworden sind. Wir beide haben hart dafür gearbeitet, zu den Besten zu gehören. Wir beide haben Bücher gelesen, Zauber geübt, Tränke studiert, Arbeiten geschrieben. Also sag mir, was unterscheidet uns? Ein Umstand, für den weder du noch ich noch irgendjemand auf der Welt etwas kann? Willst du mich deswegen verurteilen und dich damit brüsten? Du kannst es versuchen, aber was mich angeht, wird es dir nicht gelingen."
Sie stand auf, stützte ihre Hände auf der Tischplatte ab und lehnte sich zu ihm herunter.
„Wach auf, Lucius. Es ist dein Leben, um das es hier geht, und ich gehöre jetzt nun einmal dazu, ob es dir gefällt oder nicht."
Er tat es ihr gleich und als sie beinahe Stirn an Stirn voreinander standen, flüsterte er: „Es gefällt mir nicht. Es gefällt mir ganz und gar nicht."
„Du kannst dir bis zu meinem nächsten Besuch Gedanken machen, ob das wirklich stimmt oder ob du nur verzweifelt versuchst, dir etwas einzureden. Ich hole jetzt deinen Sohn ab, denn der wird heute entlassen und da du gerade unpässlich bist..."
„Mach das nicht!", sagte er in einem besorgten Tonfall, der ihn selbst überraschte.
„Ich sehe nicht ein, warum ich es nicht tun sollte. Er braucht jemanden, der ihn wieder aufbaut, und da ich nun zur Familie gehöre, werde ich meinen Teil dazu beitragen. Außerdem will ich nicht riskieren, dass er noch einmal auf die schiefe Bahn gerät."
Sie klopfte an die Tür.
„Ich liebe dich. Daran hat sich nichts geändert", sagte sie und legte ein schwarzes Beutelchen vor ihm auf den Tisch.
Es rasselte, als der Schlüssel im Schloss gedreht wurde. Hermine ging hinaus, ohne noch einmal einen Blick zurückzuwerfen, und er war wieder allein. Vorsichtig, als befürchtete er, jeden Moment von etwas angegriffen zu werden, öffnete er den Knoten, der das Stoffsäckchen geschlossen hielt. Er griff hinein und zog einen rundlichen Gegenstand heraus. Ein feines Lächeln umspielte seine Lippen, als er die Taschenuhr aufschnappen ließ und das unbewegte Bild betrachtete. Entschlossen war sie, das musste man ihr lassen.
DU LIEST GERADE
Lumine III - Feuerprobe
FantasyACHTUNG! Enthält Spoiler zu Lumine I - Dornröschenschlaf und Lumine II - Wolfsbrut. Hermine und Lucius haben allen Widrigkeiten zum Trotz ihre Beziehung fortgesetzt und sind glücklich zusammen. Doch ihr Glück wird jäh zerstört, als ein Mord geschieh...