Hermine war nur kurz in der Winkelgasse gewesen. Nach einem kurzen Abstecher in die Drachen-Apotheke war sie gleich wieder in die Nähe des Cottages appariert und hatte einen ausgiebigen Spaziergang entlang der Küste gemacht. Immer wieder hatte sie Draco am Himmel sehen können, der jauchzte und sogar aus großer Entfernung erkennbar glücklich war. Sie konnte nur mutmaßen, wie befreit er sich dabei fühlen musste. Es war sicher nicht leicht für ihn, mit der Situation klar zu kommen. Sie beide hatten nun wirklich nie ein gutes Wort füreinander übrig gehabt, Hermine hatte ihn wegen dem, was er tat und wie er handelte, verurteilt, und Draco sie umgekehrt wegen dem, was sie war. Die Hoffnung, die sie hatte, war nun, dass sie beide reifer geworden waren und dass ihre Sorge um Lucius sie zusammenbrachte. Draco musste einfach daran gelegen sein, seinen unschuldigen Vater aus dem Gefängnis zu holen. Und an Lucius Unschuld hatte Hermine bisher keine Sekunde gezweifelt. Nein, er hatte Witherfork mit Sicherheit nicht getötet. Er würde niemanden umbringen. Niemals.
Aber was könnten sie schon erreichen? Sie hatte ihren Trumpf eigentlich schon gespielt, indem sie Harry um Hilfe gebeten hatte. Nun ja, sie hatte ihn auch angeschrien und hätte sicher umsichtiger vorgehen können, aber daran war jetzt nichts mehr zu ändern. Vielleicht wusste Doc noch etwas oder diese Polly aus dem Ministerium. Sie würde ihrem ehemaligen Kollegen gleich zu Hause einen Brief schicken und darum bitten, noch etwas nachzuforschen. Wenn er das für sie übernahm, fiel es auch nicht so schnell auf. Dann war da natürlich noch der Tipp, den Buck ihr gegeben hatte. „Wir sehen uns Mittwoch um 20 Uhr wieder", hatte er ihr noch mit einem Augenzwinkern gesagt. Ob diese Wachen nun wirklich dort sein würden und ob sie dann etwas von ihnen erfahren konnte, wusste sie nicht, aber sie würde es sicher nicht unversucht lassen.
Die große Frage blieb, wer Witherfork auf eine so mysteriöse Weise umgebracht haben könnte. Wer hatte ein Motiv? Ja, das Rudel hatte sich sicher ein paar Feinde gemacht, aber die meisten davon waren Muggel und konnten sicher nicht dahinterstecken. Sie hatte das Gefühl, sie müsste herausfinden, wer eigentlich dieser Witherfork war. Als sie sich das letzte Mal schlau machen wollte, hatte sie keine Spur von ihm gefunden. Diesmal musste sie genauer suchen. Aber wo? Während sie über diese Frage grübelte, spazierte sie an der Küste entlang zurück in Richtung des Cottages. Im Schatten des großen Baumes ließ sie sich ins hohe Gras fallen und streifte ihre kleine Tasche von der Schulter. Sie hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, nicht mehr ohne ihr Notfallkit außer Haus zu gehen, auch wenn sie es glücklicherweise in den letzten Jahren nicht mehr gebraucht hatte. Hier, von ihrem Lieblingsplatz auf dem Hügel, konnte sie beobachten, wie Draco sich mit Beedy unterhielt und kurz darauf verschwand. Er hatte sich nun offensichtlich dagegen entschieden, bei ihnen zu bleiben. Es sollte sie eigentlich nicht wirklich überraschen, doch Hermine musste zugeben, dass sie enttäuscht war. Sie hätte gedacht, dass er ihr helfen würde.
Und Hilfe würde sie in nächster Zeit bitter nötig haben. Ron hatte sie auf den Gedanken gebracht. Sie legte die Hand auf ihren Bauch, in dem gerade ein winziger neuer Erdenbürger heranwuchs. Es war natürlich unmöglich. Das Ritual machte es unmöglich. Unmöglich, unmöglich, unmöglich. Und doch wahr. Sie hatte die Symptome seit längerem ignoriert, aber als sie heute Morgen einmal mehr mit starker Übelkeit erwacht war, musste sie sich einfach Gewissheit verschaffen. Und der Test war eindeutig. Die dunkelrote Flüssigkeit, in die sie einen Tropfen ihres Blutes gegeben hatte, war sofort glasklar geworden. Sie hätte sich nicht verändern dürfen. Sie konnte nicht schwanger sein. Das war...
Es raschelte und knackte auf einmal über ihr im Geäst. Sie blickte nach oben, in der Erwartung einen Vogel oder eines der vielen Streifenhörnchen zu sehen, die hier ihr Unwesen trieben. Doch was sie dagegen erblickte, war eine gedrungene Gestalt, die mit dem Zauberstab auf sie zielte und ohne zu zögern, einen roten Lichtblitz auf sie abfeuerte. Von dem Schockzauber direkt an der Stirn getroffen, kippte Hermine bewusstlos zur Seite und blieb starr im Gras liegen. Ihr Angreifer, der schon eine Weile im Blätterdach auf sie und die passende Gelegenheit gewartet hatte, glitt nun leichtfüßig herab und hockte sich neben sie. Ein schneller Griff an ihr Handgelenk, dann disapparierte er mit ihr, ohne auch nur die geringste Spur von sich und dem Geschehen zu hinterlassen. Dachte er zumindest, denn unentdeckt im Schatten einer großen Wurzel lag noch Hermines kleine Beuteltasche.
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Lumine III - Feuerprobe
FantasyACHTUNG! Enthält Spoiler zu Lumine I - Dornröschenschlaf und Lumine II - Wolfsbrut. Hermine und Lucius haben allen Widrigkeiten zum Trotz ihre Beziehung fortgesetzt und sind glücklich zusammen. Doch ihr Glück wird jäh zerstört, als ein Mord geschieh...