„Was war das?", fragte Draco und bedeutete Susan und Weasley ruhig zu sein. Sie hatten sich gerade beratschlagt, was sie tun konnten, um Hermine zu finden. Sowohl Ron als auch Susan waren begierig darauf zu helfen, nachdem sie die ganze Geschichte gehört hatten. Sie hatten weder von Hermines Verschwinden noch von Lucius Inhaftierung bisher etwas mitbekommen.
„Ach, das war nichts. Das ist das Haus, das knarzt ständig", wiegelte Ron ab.
„Und woher willst du das wissen?"
„Ich war immer wieder zu Besuch hier", antwortete er schulterzuckend.
Draco hatte die vielen verschiedenen Geräusche des alten Hauses natürlich bereits bemerkt, doch das war etwas anderes gewesen. Seine geschärften Sinne sagten ihm, dass es nicht einer der morschen Holzbalken oder ein Fenster war, das der Wind quietschen ließ, sondern der Tritt einer Person auf eine gelockerte Diele. Er sah Susan an, die seine Sorge offenbar teilte.
„Lass uns oben nachsehen", sagte sie und stand auf.
Sicherheitshalber zückten sie ihre Zauberstäbe, als sie leise die Treppe hinaufstiegen. Wären sie in ihrer Wolfsgestalt gewesen, hätten sie den frischen Geruch viel stärker wahrgenommen, doch auch in ihrer menschlichen Gestalt wussten sie beide sofort, dass jemand hier gewesen war. Und Draco erkannte auch gleich, zu wem dieser Duft gehörte. Aber das konnte nicht sein, denn sein Vater saß in Azkaban und konnte nicht einfach hier auftauchen und wieder verschwinden, oder etwa doch? Doch wenn er sich auf eines verlassen konnte, seit er ein Werwolf geworden war, dann war es seine Nase. Und hier schwebte ganz offensichtlich, beinahe greifbar für ihn, ein frischer Duftschleier, ein paar Augenblicke alt, der nur seinem Vater gehören konnte.
Susan hatte die Augen geschlossen und die Stirn in Falten gelegt. Als sie ihn schließlich ansah, schüttelte sie leicht den Kopf, und sagte: „Das kann doch nicht..."
„Ich denke schon."
Ron kam nun hinter ihnen in das Schlafzimmer und fragte irritiert, als er ihre besorgten Gesichter sah: „Was'n los?"
„Mein Vater war hier", sagte Draco knapp und trat ans Fenster. Er sog die frische Luft ein und konnte deutlich die Spur hinunter in den Garten wittern. Eilig hastete er an Susan und Ron vorbei, die Treppe wieder hinunter, durch die Küche in den Vorgarten. Der Duft verflog etwa zehn Meter vom Gartentor entfernt plötzlich. Offenbar war Lucius von hier disappariert. Nur wenige Sekunden zuvor. Was ging hier vor sich? Draco sah sich um und sein Blick blieb an einem markanten Punkt in der Landschaft hängen. Er war ein Idiot. Ein Troll. Ein dreimal verfluchtes Mondkalb. Warum hatte er nicht gleich an seine Nase gedacht? Er rannte los, hinauf auf den Hügel, an dem Beedy Hermines Tasche verwaist aufgefunden hatte. Inzwischen waren aber natürlich schon viele Stunden vergangen und es hatte kräftig geregnet, sodass seine Hoffnung, noch eine Spur lesen zu können, verschwindend gering war. Leicht außer Atem stützte er sich an dem enormen Stamm des alten Baumes ab und schloss die Augen. Er musste sich konzentrieren. Die verschiedensten Düfte formten Bilder vor seinem inneren Auge. Feuchte und getrocknete Erde, ein Streifenhörnchen, die salzige Gischt des Meeres, Susan, Gras und Grillen, er selbst, Hermine und Beedy. Ein paar Gerüche waren bereits so schwach, dass er sie nur schemenhaft zuordnen konnte, und wurden noch von den aktuellen Eindrücken überdeckt.
Die anderen beiden hatten ihn gerade eingeholt und Ron fragte nach Luft japsend: „Was soll denn das Herumgerenne?"
„Nichts. Ich dachte, ich könnte...", Draco schüttelte resigniert den Kopf, „Ihr geht am Besten nach Hause. Wir können ohnehin nichts tun. Es war dumm, so etwas zu glauben."
Er schlurfte den Hügel hinab, machte sich in Gedanken Vorwürfe, dass er nicht gleich daran gedacht hatte, die Witterung aufzunehmen. Vielleicht hätte er Hermine inzwischen gefunden und in Sicherheit gebracht. Dann wären sie quitt und er hätte sich wieder seiner Einsamkeit widmen können.
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Lumine III - Feuerprobe
FantasyACHTUNG! Enthält Spoiler zu Lumine I - Dornröschenschlaf und Lumine II - Wolfsbrut. Hermine und Lucius haben allen Widrigkeiten zum Trotz ihre Beziehung fortgesetzt und sind glücklich zusammen. Doch ihr Glück wird jäh zerstört, als ein Mord geschieh...