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Samu POV

Seit Miina vor einer Woche die Augen aufgemacht hat, geht es ihr jeden Tag ein bisschen besser. Zunächst hat sie nur ihren Kopf unruhig hin und her gedreht. Vor allem, wenn mehrere Personen gleichzeitig geredet haben, da sie dann nicht genau zuordnen konnte, woher die Stimmen kommen.
Jetzt ist sie ein wenig ruhiger und kann mit ihrer Hand leicht zugreifen, wenn man sie danach fragt. Nachdem ich Teija abgeholt habe, machen wir uns zusammen auf den Weg zur Klinik.
„Guten Morgen!" rufen wir beide, als wir ihr Zimmer betreten. Ich gehe zu ihr und nehme ihre Hand. Sie schaut mich an und zum ersten Mal hab ich das Gefühl, dass sie wirklich mich anschaut und nicht die Wand hinter mir.
„Kannst du meine Hand drücken? Machst du das für mich?" frage ich sie leise. Normal greift sie dann leicht nach meiner Hand, aber dieses Mal schaut sie mich feste an und bringt dann mühsam und mit kratziger Stimme ein „Nein" hervor.
„Bitte!" versuche ich mein Glück weiter, aber Miina schüttelt nur den Kopf. Teija bekommt das Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht.
„Das ist wieder typisch für sie!" sage ich lachend zu Teija, die nun auch ihr Glück versucht.
 Aber Miina bleibt stur. Immer wieder versucht sie uns was zu sagen, aber es ist noch zu undeutlich, als das wir sie verstehen könnten. Aber wenn wir nachfragen, ob sie das nochmal wiederholen kann, schaut sie uns nur böse an. Also tun wir einfach so, als ob wir alles verstehen. Für mich ist das schon ein riesen Schritt nach vorne, dass sie überhaupt wieder mit uns redet. Wie oft hatte ich in den letzten beiden Wochen Angst, nie wieder ihre Stimme zu hören.
Zum Ende der Besuchszeit verabschieden wir uns von Miina. Teija und ich wollen kurz in der Stadt was Essen, bevor ich sie zur Arbeit fahre und anschließend selbst wieder zu Miina fahre.

„Miina ich bin wieder da!"
Als sie mich sieht, verzieht sie das Gesicht zu einem leichten Lächeln. Sie sagt noch was, aber ich hab keine Ahnung was sie mir gerade mitteilen möchte. In dem Moment kommt die Schwester rein.
„Hallo Herr Haber, würden sie mir bei etwas helfen?"
„Natürlich. Was soll ich machen?"
„Ich würde Frau Valkonen gerne mal aufsetzen. Das lange Liegen ist auf Dauer nicht gut für ihre Lunge und die anderen Organe." Erklärt sie mir freundlich bevor sie schließlich zu Miina geht und sie fragt, ob sie mal sitzen möchte.
Sie holt noch schnell einen großen Stoff-Würfel und dann helfe ich ihr Miina vorsichtig aufzusetzen. Nach fünf Minuten sitzt sie schließlich mit dem Rücken gegen den Würfel gelehnt auf ihrem Bett, die Füße auf einen kleinen Hocker gestellt. Rechts und Links haben wir Kissen unter ihre Arme gelegt, damit sie nicht zur Seite umkippen kann. Ich setze mich schräg vor Miina, um im Notfall eingreifen zu können.
„Ich komme in 20 Minuten wieder, das reicht dann erstmal für den Anfang!"
Ich nicke und erzähle Miina was in den letzten Tagen alles so passiert ist und wie es ihren Pferden geht. Mit der Zeit merke ich, dass Miina wieder müde wird und das merkt man sofort auch an ihrer Laune. Sie wird trotzig und erinnert mich mehr und mehr an ein Kleinkind.
„Noch fünf Minuten Schatz! Dann darfst du wieder liegen und kannst weiterschlafen!"


„Hallo, Herr Haber! Sie wollten mich sprechen?" Ich nicke und folge dem Arzt in einen kleinen Raum.
„Ich wollte nur kurz nachfragen, wie es jetzt weitergeht?"
Der Arzt erklärt mir, dass Miina solange auf der Intensivstation bleibt, bis sie wieder richtig sprechen und alleine essen kann. Ansonsten sind die Ärzte alle zufrieden mit ihrem gesundheitlichen Zustand, ihrer Entwicklung in den letzten Tagen und sie sind sich fast sicher, dass sie keine bleibenden Schäden behalten wird. Als ich nach dem Gespräch zu Miina gehe, sitzt sie bereits leicht aufrecht in ihrem Bett.
„Hallo. Na wie geht's dir heute?"
Ich setze mich zu ihr auf die Bettkante und da sehe ich, dass ihre Hände am Bettgestell fixiert sind.
„Keiju, Was hast du denn wieder angestellt, dass sie deine Hände festbinden müssen?" frage ich sie amüsiert.
Stotternd erzählt sie mir, dass sie zu unruhig war und das nicht gut für ihre Verletzungen ist.
„Du musst machen was die Ärzte und Schwestern hier sagen. Dann kommst du auch schneller nach Hause!"
Anstatt zu antworten dreht Miina sich mit dem Kopf nur trotzig zur Seite. Ich seufze leise und warte einfach, dass sie wieder mit mir reden will. Irgendwann flüstert sie leise „Durst", woraufhin ich ihr helfe etwas zu trinken, so wie die Schwestern mir das gezeigt haben.
„Möchtest du Wasser oder lieber Saft?" frage ich sie und ignoriere einfach ihren trotzigen Blick, als sie vorsichtig auf den Becher mit Saft zeigt.

Miina POV

Als Samu am späten Abend gegangen ist, versuche ich wieder ein wenig zu schlafen. Aber mein Kopf ist voller Gedanken. Was ist wenn ich doch nicht wieder ganz gesund werde? Wenn ich nie wieder reiten und mich um meine Pferde kümmern kann? Ich immer auf Hilfe angewiesen bleibe?
Ich will nicht mehr hier sein, will zurück in mein Zuhause. Diesen typischen Krankenhausgeruch – ich kann ihn einfach nicht mehr riechen. Ich verstehe nicht wie Samu so zuversichtlich sein kann. Er sieht so müde und fertig aus und das alles nur wegen mir. Weil ich nicht aufgepasst hab und mit meinem Auto gegen einen Baum gefahren bin.

Vom ganzen Nachdenken schlafe ich dann schließlich doch ein und werde erst wach, als eine Schwester mich weckt.
Draußen ist es bereits hell und ich kann meine Arme auch wieder frei bewegen. Die Schwester setzt mich auf und will, dass ich alleine frühstücke. Nach zwei erfolglosen Versuchen alleine den Quark zu essen, schiebe ich ihn einfach beiseite und trinke nur meinen Becher mit Tee. Wenig später steht Samu bereits wieder vor der Türe. Vorsichtig gibt er mir einen Kuss auf die Wange, ehe er sich neben mich setzt.
„Hast du heute keinen Hunger?" fragt er mit besorgtem Blick auf das Tablett vor mir.
„Nein. Später vielleicht." Versuche ich auszuweichen. Er soll nicht sehen, wie unfähig ich immer noch bin, wie wenig ich selbst kann.
„Komm, wenigstens den Quark. Du musst doch wieder zu Kräften kommen!"

Widerwillig gebe ich nach und versuche erneut mein Glück selber zu essen, aber ich bekomm das einfach mit der Feinmotorik noch nicht auf die Reihe.
„Warte ich helfe dir!"
Samu gibt mir den Löffel und schließt sanft meine Finger darum. Langsam versuche ich zu essen, aber jedes Mal fällt der dumme Löffel aus meiner Hand und am Ende ist das Essen überall – nur nicht da wo es hin sollte. Wütend über mich selber schiebe ich das Frühstück beiseite.
„Miina, probier's doch nochmal. Du hast es fast geschafft!"versucht Samu mich aufzubauen. Aber ich kann nicht mehr!
„Nein! Samu bitte geh." Sage ich schluchzend.
„Was? Wieso?" überrascht schaut er mich an. Sanft nimmt er meine Hände in seine.
„Ich kann das alles nicht mehr. Ich ertrage es einfach nicht mehr dich so leiden zu sehen. Egal was ich mache, ich bereite dir nur Ärger und Sorgen. Seit du mich kennst, hab ich dein ganzes Leben durcheinander gebracht. Ich will das nicht. Dafür liebe ich dich zu sehr. Wenn man etwas liebt soll man es loslassen. Und bevor ich dir zur Last falle, breche ich mir einfach selber das Herz und lass dich gehen. Nur vergiss nie, dass ich dich Liebe – mehr als alles andere auf der Welt!" bringe ich mühsam unter Tränen hervor. Vorsichtig ziehe ich meine Hand aus Samus Griff und wische ich mir die Tränen aus dem Gesicht. 

Nothing Is Over - Sunrise Avenue FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt