Der nächste Morgen begann vielversprechend. YN wachte von den Sonnenstrahlen geweckt, die durch die Vorhänge schienen, auf und streckte sich. Dicht an sie geschmiegt lag Hisoka, der den Kopf auf seine Hand gestützt hatte und längst wach war. Seine freie Hand ruhte auf ihrer Taille. "Ah, guten Morgen", murmelte er, drückte seine warmen Lippen auf ihren Nacken und stieg über sie herüber. "Bleib noch liegen, ich mache uns Frühstück."
Die beiden würden mehr als die Hälfte des Tages gemeinsam verbringen; die Universitätsbibliothek war heute geschlossen, da alle Prüfungen abgelegt worden waren, YN hatte somit den ganzen Tag Zeit, mit Hisoka ein gewisses Vorhaben zu realisieren. Sie brauchte immer noch ein Kleid.
Das bedeutete jedoch auch, dass sie abends getrennte Wege gehen würden: Er würde zu seiner Mission aufbrechen, sie würde mit ihren Kollegen zum Semesteressen gehen.Wenigstens bin ich dann abgelenkt und kann nicht allzu viel an Hisoka denken. Als er das letzte Mal weg war, habe ich das ja nicht sonderlich gut verkraftet.
Sie stand widerwillig auf und nach dem ausgiebigen Frühstück, welches Hisoka in die Hand genommen hatte, verschwanden sie gemeinsam ins Bad, um sich fertig zu machen.
Ihr Liebster machte sich die Haare, indem er sie gegen die Schwerkraft aufrichtete und holte seine Farbtigel hervor. Er bereitete sich bereits auf den Auftrag heute Abend vor.
Mit dem Pinsel malte er sich mit geübtem Schwung eine gelbe Träne auf die linke Wange und hielt inne. Er lugte zu YN, die sich die Haare kämmte, und hielt ihr den Pinsel unter die Nase. "Du darfst den Stern malen." Er grinste ob der Wirkung, die er erzielte, denn ihr Gesicht wurde rot. Sie zog die Stirn kraus und blickte beschämt beiseite. Nichtsdestoweniger nahm sie ihm neugierig die Utensilien ab und inspizierte sie.Gelb fällt raus, der Stern kann nicht die selbe Farbe haben wie die Träne. Pink hatte er schon öfter.
Irgendwie ist es ja schon süß, dass er will, dass ich ihm den Stern aufmalen soll. Hat das einen bestimmten Grund?Hisoka kam näher und drehte seine blanke Gesichtshälfte zu ihr. YN entschied sich für das Blau und fing an zu malen. Mit zittrigen Bewegung krakelte sie mehr schlecht als recht einen krummen Stern auf Hisokas Wange. Als sie ihr Werk vollendet hatte, betrachtete er sich übertrieben kritisch im Spiegel. "Hm, nicht schlecht für den Anfang. Ich setze das auf die Liste der Dinge, die du noch üben musst." Sein unwiderstehliches Lächeln besänftigte sie, ehe sie eingeschnappt reagieren konnte.
Nachdem sie sich vorzeigbar gemacht hatten, verließen sie die Himmelsarena und machten sich auf den Weg zu der größten Einkaufsmeile in Yorknew City.
An jeder Seite der Straße reihte sich ein Geschäft an das nächste, das eine teurer als das andere; in der Mitte war die Fahrbahn mit einer prächtigen Allee abgegrenzt. Es war vermutlich die gepflegteste Ecke in der ganzen Stadt. Hier ließen die Schönen und Reichen ihr Geld, hier ging es um sehen und gesehen werden.
Unzählige Menschen waren in der Mittagshitze unterwegs, nicht nur die besagten oberen Zehntausend, auch Geschäftsleute, Touristen und natürlich die gestressten Bewohner der Großstadt tummelten sich auf der Prachtstraße.Hisoka und YN betraten eine Boutique für Abendmode und sofort eilte eine Verkäuferin herbei und begrüßte sie ruhig.
YN atmete erleichtert auf, sie mochte selten die Damen, die in solchen Geschäften arbeiteten, denn sie waren meist sehr aufdringlich. Komischerweise gaben solche Frauen den nicht offensichtlich top gestylten Kundinnen gleichzeitig das Gefühl, dass sie ihnen nur lästig und im Allgemeinen unerwünscht waren. Diese Art von Mensch durchschaute man in der Regel innerhalb von wenigen Sekunden.
Aber diese Beraterin schien eine von der normalen, angenehmen Sorte zu sein. Sie war für ihre Branche relativ zurückhaltend gekleidet und hatte eine freundliche Ausstrahlung.
Hisoka ergriff das Wort: "Meine Freundin sucht ein Abendkleid."Er hat 'meine Freundin' gesagt... Er hat mich als seine Freundin bezeichnet. Ach wie schön...
YN war schon gar nicht mehr anwesend, da sie noch nicht über seine letzten Worte hinweggekommen war. Mit glitzernden Augen und benebelten Gedanken folgte sie Hisoka und der Dame, die sie beide vorbei an der Herrenabteilung in den Bereich, wo sie Abendkleider führten, geleitete.
Dort angekommen eröffneten sich ihr etliche Kleider in allen erdenklichen Farben, Formen und Längen. Entmutigt durch die viel zu große Auswahl und mit der ganzen Wucht der Masse überfordert wusste sie nicht, wo sie anfangen - geschweige denn wonach sie genau suchen sollte; sie kannte weder den Anlass noch Hisokas Absicht. Sie wusste nur, dass es in ein exquisites Restaurant gehen sollte.
Aber war das alles? Würde er sie lediglich zum Essen ausführen? Eher nicht, er hätte wohl kaum den Kern seines Plans offenbart, es musste also mehr dahinter stecken. Im Grunde war es YN unangenehm, dass er sie überhaupt überraschen wollte, denn diese Situation brachte sie in die Lage, dass sie aktuell das Zentrum der Aufmerksamkeit war. Auch wenn es nur dasjenige der Verkäuferin war, widerstrebte es ihr.Hisoka bemerkte, wie unsicher YN geworden war und steuerte zielsicher zu den knielangen Kleidern in dunklen Farben. "Ich sehe dich eher in schwarz oder dunkelblau", sagte er, während er sich durch die Kleider wühlte, "obwohl dir weiß bestimmt auch sehr gut stehen würde."
Unkontrolliert schoss ihr das Blut in die Ohren, nur um direkt wieder abzusacken. Sie bekam weiche Knie, riss ihre Augen auf und blickte fassungslos auf ihren Liebsten. Dieser grinste nur vielsagend und suchte weiter, als wäre nichts gewesen. Erschrocken hielt sie sich an der Wand fest und versuchte, den Kloß in ihrem Hals hinunter zu schlucken.
YN bemühte sich, seine Aussage zu ignorieren, wusste aber genau, dass die angedeuteten Bilder jeden Moment in ihrem Kopf auftauchen würden."So etwas habe ich mir vorgestellt." Hisoka zog zwei Kleiderbügel von der Stange und hielt beide vor sich. Es waren Cocktailkleider, eins in dunkelblau, das andere in schwarz. "Da ich dich schon auf die Folter spanne, wäre es nur gerecht, wenn ich nicht weiß, welches Kleid du nimmst." In seinem Blick lag etwas Verschwörerisches. Er drückte die Kleider der Verkäuferin in die Hand, setzte sich auf einen Sessel und verschränkte seine Finger.
Das ist ein schlechter Handel, mein Freund. Du weißt trotzdem mehr als ich.
Mit einem beklemmenden Gefühl verschwand YN in der Umkleidekabine, worin die Dame bereits die Kleiderbügel gehängt hatte. YN seufzte, als sie Hisokas Auswahl betrachtete. Es waren zwei wunderschöne Abendkleider: Das schwarze Kleid war ausgestellt, hatte zweifingerbreite Träger und einen knielangen, mehrlagigen Chiffonrock, die Taillenpartie wurde durch den Kontrast von engem Top und luftige Rockteil in Szene gesetzt. Zwar war es vorne hochgeschlossen, dafür war der Rückenausschnitt umso reizvoller.
Das dunkelblaue hingegen war insgesamt eng geschnitten und reichte bis knapp unters Knie. Der Schnitt ließ vermuten, dass die Schultern nicht bedeckt, aber von den Trägern umspielt wurden. Der Reiz dieses Kleides lag definitiv darin, dass das Dekolleté und die Schulterpartie viel Haut zeigten und dass die Kurven der Trägerin perfekt in Szene gesetzt wurden.Nachdem sie beide anprobiert hatte und die Verkäuferin bei beiden zustimmend genickt hatte, musste YN sich nun entscheiden. Beide Kleider waren ohne Zweifel wunderschön und beide hatten ihre entsprechenden Vorzüge und beide passten YN wie angegossen.
Sie linste auf die beiden Preisschilder, schließlich wäre der Preis im Zweifel das entscheidende Kriterium. In genau dem Moment steckte Hisoka seinen Kopf zwischen den Vorhängen durch und betrachtete sie grinsend, wie sie in Unterwäsche in der Kabine stand.Reflexartig hielt sie sich ihr T-Shirt vor den Körper. "Ey, du darfst nicht gucken!"
"Na na, nur nicht so schüchtern." In seinem Blick lag ein lüsterner Ausdruck und er kicherte. "Vergiss nicht, dass du auch Schuhe brauchst und natürlich... die passende Unterwäsche." Er zog seine Augenbrauen vielsagend hoch und runter. "Das geht alles auf meine Rechnung. Keine Diskussion." Da war er auch schon wieder verschwunden.
Sie wollte protestieren, schaute seitlich am Vorhang vorbei ohne sich zu entblößen, doch Hisoka war nirgends zu sehen."Mr. Morrow ist in die Herrenabteilung gegangen, er sagte, dass er dort auf Sie warten wird." Die nette Dame hob entschuldigend die Schultern. "Haben Sie sich bereits entschieden oder möchten Sie die Kleider noch mit den passenden Schuhen anprobieren?"
____________________
Author's noteHallo zusammen,
danke für über 5.000 Views, mir fehlen die Worte! <3
Was mich echt brennend interessiert ist, für welches Kleid ihr euch entscheiden würdet? Oder würdet ihr ein ganz anderes nehmen? :D
Eure MissKitts

DU LIEST GERADE
Gelegenheit macht Liebe
FanfictionFanfiction in Arbeit. Hisoka × Reader Du führst ein völlig normales Leben - fast schon ein langweiliges. Bis plötzlich Hisoka in dein Leben tritt und einiges durcheinander bringt. Es beginnt ganz harmlos, aber früher oder später könnt ihr nicht me...