Hisokas Gesichtsausdruck verfinsterte sich und wirkte gleichzeitig seltsam geschäftsmäßig. "Komm, ich bringe dich in die Himmelsarena, bevor ich bei meinem Chef antanzen muss." Der genervte Unterton war nicht zu überhören. "Dabei hatte ich heute andere Pläne."
Er drehte sich ruckartig zu YN und umarmte sie fest, seine Nasenspitze drückte er in ihr Haar und atmete ihren Geruch ein. Dabei strömte sein Duft ebenfalls kitzelnd in ihre Nase."Ich möchte nicht, dass du wieder gehst." Ihr schossen die Male, in denen Hisoka sie bisher verlassen hatte, durch den Kopf. Immer, wenn sie alleine gewesen war, begegnete ihr Kaito und jede Begegnung war in einem mehr oder weniger tragischen Desaster geendet. Doch sie hatte keine Absicht, ihrem Kollegen zu begegnen - geschweige denn einen anderen Kollegen zu treffen, denn heute war ihr freier Tag.
Behutsam krallte sie sich in Hisokas T-Shirt und legte ihr Ohr an seine Brust, worin sein Herz gleichmäßiges hämmerte. Er spannte seine Muskeln an und seufzte wehmütig.Sie hatten ihr Frühstück noch gar nicht beendet, als Hisoka den Anruf erhalten hatte. Seitdem war er ernst, beinahe schnippisch, gewesen; es passte ihm offensichtlich nicht, dass sein Chef sich bei ihm gemeldet und ihn herzitiert hatte.
YN versuchte, die Situation zu entschärfen und seine Stimmung aufzuhellen, indem sie ihm versicherte, dass es ihr nichts ausmachte, wenn er seine beruflichen Angelegenheiten klären müsste.
Doch das stimmte nicht. Wenn sein Chef nicht angerufen hätte, hätten sie gemeinsam den Tag verbringen können und das war alles, was sie im Augenblick wollte. Doch es brachte nichts, sich darüber den Kopf zu zerbrechen; das musste YN sich wohl oder übel eingestehen.Wir hätten über unsere Wohnung sprechen können. Wann wir genau umziehen wollen, welche Wandfarbe das Schlafzimmer haben soll...
Ob Hisoka sowas kann? Wände streichen?YN ertappte sich dabei, wie ihr diese Vorstellung ein Lächeln ins Gesicht zauberte. Von der Seite sah sie ihren Liebsten an, der nur nachdenklich ins Leere starrte.
Aus dem erträglichen Sommermorgen wurde stetig ein warmer Vormittag, der die bevorstehenden hohen Temperaturen ankündigte. Der Wind verschaffte für einige Sekunden Abkühlung, ehe er sich legte und die Sonnenstrahlen auf der Haut brennen ließ.
Dass sein Chef sie von ihrer gemeinsamen Zeit abbrachte, musste YN akzeptieren und in der Hoffnung, dass er es auch tat, lächelte sie Hisoka an, stellte jedoch ernüchtert fest, dass er gedanklich abwesend zu sein schien.
Seinem Blick folgend erblickte sie, wie am anderen Ende des Platzes ein Vater mit seiner kleinen Tochter herumalberte und sie auf seine Schultern setzte. Das Kind lachte unbeschwert und zerzauste die Frisur ihres Vaters, der zufrieden lächelte und in Richtung eines Spielplatzes ging.
Seltsamerweise löste die Szene ein kribbelndes Gefühl in YN aus, ohne dass sie genau sagen konnte, woran es lag.Urplötzlich erhob Hisoka sich, nahm sie bei der Hand und zog YN auf die Beine. Augenblicklich stellte sie sich auf die Zehenspitzen, um ihren Freund zu küssen und er willigte in diese spontane Verzögerung gerne ein. Mit einer liebevollen Bewegung berührte er ihre Wange, ehe er YNs Hüfte an sich drückte. In seiner Art, wie er sich gab, lag eine gewisse Sehnsucht. Seine drägender Umarmung war keine Reaktion auf den bevorstehen Abschied, sie konnte spüren, dass ihm etwas durch den Kopf ging, ihn vielleicht sogar belastete.
"YN", flüsterte er, "mach nichts Dummes, während ich weg bin."
"Nichts, was du nicht auch tun würdest."
Sein ironisches Lachen ließ ihn erbeben und er zog sie erneut zu sich. Sie unterbrach ihn nur ungern, erinnerte ihn aber daran, dass sein Chef wartete, anscheinend nahm sie seine Verpflichtung ernster als er selbst.
Schweigend marschierten sie den Weg zur Himmelsarena nebeneinander her. "Ich bleibe nicht lange weg", durchbrach er die Stille. In seine Stimme war der abfällige Ton zurückgekehrt. Es war der ungeplante und unvorhergesehene Vorfall, der ihn verstimmte, was YNs Ansicht nach, nicht zu ihm passte. Hisoka war ihr bislang, was seinen Beruf anging, als sehr flexibel vorgekommen, der die Abwechslung brauchte und jegliche Eintönigkeit verabscheute.
Dieses Treffen müsste durchaus nach seinem Geschmack sein und doch war er für YNs Geschmack etwas zu genervt, sie hingegen war für sein Empfinden etwas zu sorglos.Über den Aufzug betraten sie Hisokas persönliches Vorzimmer. Abrupt blieb er vor seiner Liebsten stehen und versperrte ihr die Sicht. Neugierig linste sie an Hisoka vorbei und sah, wie in der linken Foyerhälfte ein junger Mann in einem der Ledersessel Platz genommen hatte und mit verschränkten Fingern und geschlossenen Augen wartete. Auf der Armlehne lag ein Buch, welches er an sich nahm, bevor er sich bedächtig erhob.
"Ah, Hisoka..." Der junge Mann erhob sich und trat mit einigen Schritten Abstand vor. Hisokas Körper spannte sich an und ein unheimlicher Ausdruck trat auf sein Gesicht; es schien, als habe er einerseits darauf gehofft, dass er seinem Chef sobald wie möglich begegnen würde und andererseits schien es, als habe er darauf gehofft, das Aufeinandertreffen möglichst lange hinauszögern.
YN konnte förmlich die Spannung, die in der Luft lag, greifen.Der junger Mann, YN schätzte ihn auf Mitte zwanzig, hatte schwarze, wuschelige Haaren und schaute sie mit seinen großen, grauen Augen an. Er war mit einem schicken Anzug gekleidet, auffällig waren sein Ohrschmuck und das Stirnband, welches er trug. Er war kleiner als Hisoka, besaß jedoch eine unverkennbare Ernsthaftigkeit, die einen wahren Anführer ausmachte. Sein schüchternes, aber charmantes Lächeln, welches er einzusetzen wusste, bekräftigte ihren Eindruck von seiner Führungsrolle.
Im Allgemeinen war er gutaussehend und als YN dies feststellte, wandte sie verlegen den Blick ab."Warum bist du hier, Chrollo?", zischte Hisoka und bäumte sich weiter vor YN auf.
"Das Geschäft, mein Lieber. Es gibt da einige Dinge, die wir besprechen müssen." Hisokas Chef schielte zur Seite und erblickte YN, die hinter ihrem Liebsten stand und daran gehindert wurde, den unbekannten Gast zu inspizieren. Anstatt etwas zu sagen, zwinkerte er ihr kaum merklich zu und setzte ungehindert fort: "Hisoka, mir ist zu Ohren gekommen, dass du unvorsichtig und nachlässig geworden bist."
Seine Stimme war ruhig, aber respekteinflößend, zumindest wirkte sie so auf YN, denn sie bezweifelte, dass ihr Liebster ebenfalls durch sie eingeschüchtert wurde.Er hat eine gewisse Autorität, die nicht zu leugnen ist. Ein wahrer Chef.
YN hörte, wie Hisoka verächtlich einen Zischlaut ausstieß und ihr die Sicht versperrte.
"Würdest du mir jetzt bitte erklären, warum du hier bist? Ich habe doch gesagt, dass ich mich sofort auf den Weg mache.""Wir waren gerade rein zufällig in der Nähe, Phinks und Feitan haben die Himmelsarena noch nie von innen gesehen, also... Außerdem wollte ich mir nicht entgehen lassen, die zukünftige Mrs. Morrow persönlich kennen zu lernen." Sein gewieftes Lächeln drang zu ihr durch und YNs Körper versteifte sich, als sie seine Worte hörte.
Der Gast näherte sich ihr." Darf ich mich vorstellen?" Unwillkürlich trat Hisoka einen Schritt zur Seite und Chrollo stand nun vor ihr. Es war ihr unangenehm, wie förmlich - beinahe altmodisch - er sich vorstellte. In dem Anzug und mit seinem Verhalten wirkte er wie ein wahrer Gentleman.
Er verbeugt sich und nahm ihre Hand in seine, als wollte er zum Handkuss ansetzen. "Mein Name ist Chrollo Lucilfer, sehr erfreut."YN erstarrte, ihr Atem stockte und ihre Nackenhaare richteten sich auf. Das Herz in ihrer Brust zog sich zusammen.
Chrollo Lucilfer. Genauso wie Kaito Lucilfer?!
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Author's note
Hallo zusammen,
es tut mir Leid, dass ich euch habe warten lassen. Ich hoffe, ihr nehmt es mir nicht übel. :)
An dieser Stelle möchte ich euch für eure Unterstützung in jeglicher Form danken.
Ohne euch wäre ich niemals so weit in meiner Geschichte gekommen.Bald wird und muss es ein Ende geben, wie viele Kapitel noch kommen werden, kann ich nicht abschätzen, aber ich denke, dass ich insgesamt auf +/- 50 komme.
Aber ich denke, dass ich es nicht dabei belassen werde, denn mir macht das Schreiben echt Spaß (dank euch)! Vielleicht versuche ich mich an Oneshots, mal sehen.
Aber bis dahin ist noch einiges hier für mich zu tun. :)Liebe Grüße, MissKitts
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Gelegenheit macht Liebe
FanfictionFanfiction in Arbeit. Hisoka × Reader Du führst ein völlig normales Leben - fast schon ein langweiliges. Bis plötzlich Hisoka in dein Leben tritt und einiges durcheinander bringt. Es beginnt ganz harmlos, aber früher oder später könnt ihr nicht me...