Gelegenheit macht Liebe

Teil 15 - Herzdame

Verdutzt schaute sie sich die Karte genau an.
Es war ganz eindeutig die Herzdame. Eine elegante Frau mit einem opulenten Kleid und einer roten Rose zwischen den Fingern. Jedoch war es nicht die bekannte Darstellung, um das Herz in jeder Ecke loderten Flammen und der Blick der Herzdame hatte etwas Entschlossenes und Wildes an sich.
YN drehte die Karte mehrere Male um, es bestand kein Zweifel, dass sie keine Einbildung war, denn schließlich hielt sie sie wirklich in der Hand.

Das soll mir etwas sagen, aber ich möchte nicht zu viel hineininterpretieren. Am Ende werde ich vielleicht enttäuscht, also besser jetzt nicht überreagieren.

Ihr Blick fiel auf ein zusammengefaltetes Blatt Papier, welches mitherausgefallen sein musste, aber unbemerkt geblieben war. Schon als sie es voller Erwartung aufhob, konnte sie nicht anders als zu schmunzeln. Sie wollte es so sehr und war wirklich froh, dass niemand ihren Gesichtsausdruck sehen konnte.

Wann hat er...? Flipp jetzt nicht aus, Flipp jetzt nicht aus! Atmen und in Ruhe lesen, was da steht.

Aufgeregt wie ein kleines Kind faltet sie den Zettel auseinander, sie stellte sich so ungeschickt an, dass es eine gefühlte Ewigkeit dauerte. Die bekannte Schrift ließ ihr Herz kurz stocken.

"Deine Platzkarte liegt in der Himmelsarena am Tresen.
Komm nach dem Kampf in meine Wohnung. Bring dir deine Sachen mit, die du brauchst.
Ich diskutiere nicht mit dir, ob du nachts alleine zurück fährst."

Wenn sie bisher schon gedacht hatte, dass das kribbelige Gefühl alles war, was ihr Körper hergab, dann hatte sie sich geirrt. Jetzt spürte sie ein Feuerwerk, welches in ihr entzündet wurde. Sie hatte nicht nur Herzklopfen sondern Herzhämmern. Es tat beinahe weh.
Zittrig legte sie den Zettel und die Karte auf die Arbeitsplatte ihrer kleinen Küche und sah sich um.

Sachen, die ich brauche. Also soll ich heute wieder über Nacht bleiben. Dann werde ich mir frische Anziehsachen mitnehmen und einige andere Sachen, die man nun mal braucht.
Morgen muss ich wieder zur Arbeit, aber das passt ganz gut, die Universitätsbibliothek ist sogar näher an der Himmelsarena als an meiner Wohnung. Dann packe ich meine Arbeitsklamotten auch ein.

Und er will wirklich, dass ich bleibe. Aber eine Herzdame ist ja wohl ein bisschen sehr klischeehaft.

YN konnte ihre Hochstimmung nicht mehr unterdrücken.
Bevor sie aufbrechen wollte, musste sie den Rucksack packen und wollte duschen gehen. Sie sehnte sich nach den Abendstunden, insbesondere nach der Zeit nach dem Kampf, wenn sie Hisoka wieder sehen würde. Was dann wohl passieren würde? Sie malte sich unwillkürlich das Worstcase-Szenario aus.

Nach dem Kampf sitzen wir in seiner Wohnung und er merkt, dass ich eigentlich total langweilig bin und bittet mich, zu gehen. Oder es stellt sich raus, dass er mich nur ins Bett kriegen will. Das wäre wirklich mies. Dann lieber langweilig als nur die eine für eine Nacht.
Was ist wenn er mit Agatha spricht und sie mich nicht mag? Schließlich respektiert er sie und ihre Meinung. Denke ich.
Was ist, wenn er bei dem Kampf schwer verletzt wird? Ich weiß doch gar nicht, wie die Kämpfe ablaufen. Ob die Veranstalter es so weit kommen lassen, dass... auch jemand stirbt? Wird da mit Waffen gekämpft? Hisoka hat mir einiges erzählt, aber ich weiß es nicht mehr genau. Ab einem bestimmten Stockwerk dürfen auch Waffen eingesetzt werden. Hat er also auch eine Waffe oder ist Nen seine Waffe? Nein, stopp!
Die Hütte brennt erst, wenn sie tatsächlich brennt!

Um den umherschwirrenden Gedanken entfliehen zu können, half in den meisten Fällen eine Dusche; sie hatte es satt, dass ihre Zweifel wie ein Automatismus in ihrem Kopf abgespielt wurden.
Das warme Wasser, das über ihre Haut plätscherte, trug ihre Sorgen davon. Jetzt blieb nur die Frage nach dem passenden Outfit.
Sie entschied sich für ein T-Shirt und eine lange Jeans, da die Himmelsarena überall, wo sie bisher gewesen ist, klimatisiert war.