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Nachdem ich Mingi noch etwas aufgebaut und ermutigt hatte, ging er zurück ins Wohnzimmer, fest entschlossen, sich nicht mehr mit Schuldgefühlen zu verkriechen, sondern seine Energie dafür einzusetzen, seinen Freunden beizustehen. Dankbar lächelte er mich an, ehe er die Küche verließ.

Ächzend versuchte ich aufzustehen, doch mir waren die Beine eingeschlafen und ich plumpste unelegant zurück auf meinen Hintern. Vor mich hin meckernd wackelte ich mit meinen Füßen, um das Blut wieder zu zirkulieren zu bringen.

"Brauchst du irgendwie Hilfe, oder sowas?" hörte ich Seonghwas sanfte Stimme und hob ertappt den Blick. Ich musste ja ziemlich peinlich aussehen, denn er lehnte mit einem amüsierten schmunzeln am Türrahmen und betrachte mein rum Gezappel, das einem Fisch auf dem trockenen glich.

"Geht bestimmt gleich wieder." behauptete ich genervt, von meinen eingeschränkten Körperfunktionen.
Er kam auf mich zu und hielt mir die Hand hin, um mir aufzuhelfen. Zögernd ergriff ich sie und ließ mich von ihm auf die Füße ziehen.

Allerdings waren meine Beine noch wackelig wie Gummi und als er mich losließ, schwankte ich verdächtig. Ich drohte, wieder hinzufallen und er trat schnell einen Schritt auf mich zu, um mich an der Taille zu packen und mir mehr Stabilität zu verschaffen. Erleichtert, lehnte ich mich einfach gegen seine Brust und ließ mich halten.

Es tat wirklich gut, nach all den Stunden, in denen ich mich um die Jungs gekümmert und sie getröstet hatte, dass sich nun auch mal jemand um mich kümmerte. Seine Umarmung war sanft, aber hielt mich sicher auf meinen Füßen.

"Weißt du, du musst nicht die ganze Zeit die starke sein. Es ist schön, dass du so sehr für uns da bist, aber vergiss dich selbst darüber nicht. Ich will nicht, dass du krank wirst, weil du dich zu sehr erschöpfst." mahnte er mich besorgt und ich brummte nur ein "Ok" gegen seine Brustmuskeln.

Ich ließ mich komplett in seinen Armen versinken und kuschelte mich an ihn. Er hatte ja recht und gerade fühlte ich mich so wohl, als wäre er mein Schutzschild vor der grausamen Welt, die gerade am Abgrund stand.
Ganz langsam, begannen sich meine Batterien wieder aufzuladen. Er legte seinen Kopf auf meinem ab, was bequem ging, da er soviel größer war als ich und ich hätte einfach so im stehen einschlafen können, weil er so kuschelig war.

Als San zu uns in die Küche kam, lösten wir uns langsam wieder.
"Angeblich hat niemand Appetit, aber wir sollten trotzdem was kochen. Vielleicht essen sie ja, wenn sie was leckeres riechen." schlug er vor. Von seiner sonst fröhlichen Art, war nichts übrig, seine Augen waren vom weinen rot.

"Hast du noch immer keinen erreicht?" fragte Seonghwa mitfühlend und San schüttelte traurig den Kopf. Aufmunternd strich ich ihm über den Rücken und Seonghwa nahm nun ihn in den Arm.
"Ich hatte auch keinen erreicht, die Handynetze sind zusammen gebrochen. Aber mein Bruder hat mir vorhin eine Email geschickt. Schau doch da auch mal nach."

Sofort erhellte sich das Gesicht des Jüngeren und er startete seine Email App am Handy.
"Danke Seonghwa, mein Vater hat mir geschrieben. Die Insel wurde abgeriegelt, sie haben keinen Krankheitsfall dort und es bleibt alles dicht, bis die Impfungen dort starten." erleichtert atmete er auf.

Gemeinsam bereiteten wir das Mittagessen zu und verteilten es dann auf Teller, die wir ins Wohnzimmer brachten. Neben meinem eigenen, hatte ich auch einen für Wooyoung dabei. Ich würde es nicht akzeptieren, dass er nicht aß, er war sowieso schon so dünn.

Er war wieder aufgewacht und starrte einfach nur die Wand an, das Essen ignorierte er. Ich setzte mich zu ihm und hielt ihm die Stäbchen mit Fleisch vor die Nase.
"Wenn du nicht freiwillig isst, dann füttere ich dich." drohte ich ihm, doch er schüttelte nur unwillig den Kopf.

"Wooyoung..." fing ich sanft an zu reden, zwang ihn damit, mich anzusehen.
"Unser Deal bedeutet andersrum, stirbst du, sterbe ich auch... wenn du nichts isst, stirbst du. Dann esse ich auch nichts mehr..." erklärte ich ihm leise und seine Augen weiteten sich entsetzt.
"Das... nein, so war das aber nicht gedacht..." beschwerte er sich.

"Aber das ist jetzt so." sagte ich entschlossen und nachdem er mich eine Zeitlang prüfend musterte, kam er wohl zu dem Schluss, dass er es lieber nicht drauf ankommen lassen würde und nahm die Stäbchen.

"Jongho... du fühlst dich irgendwie warm an." fiel Hongjoong, der neben dem Jüngsten saß, gerade auf und Juhee hatte schon das Thermometer gezückt. Als sie darauf schaute, füllten sich ihre Augen mit Tränen.
"38,7"

Dornröschen-SyndromWo Geschichten leben. Entdecke jetzt