15 - Eine überraschende Entdeckung

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Prompt: Während gefühlt jeder Mensch auf dem Planeten bereits Wochen vor dem Luna-Reveal wusste, dass da zwischen den beiden mehr ist als nur reine Freundschaft, gibt es eine Person, die trotz der alles übertrumpfenden Zuneigung der beiden zueinander keine Ahnung hatte. Doch auch bei Marta fällt irgendwann der Groschen. (Mal ein bisschen was anderes, aber ich hoffe ihr mögt es trotzdem, der Oneshot spielt zur Let's Dance Zeit irgendwann am späten Abend)

Marta

Die Gänge der MMC-Studios sind fast gruselig leer, während ich mich nach der letzten Showprobe für heute auf den Weg zu meiner Garderobe mache. Meine Füße schmerzen von den zig Durchgängen, die Martin heute Morgen gebraucht hat bis er endlich einigermaßen das Timing drauf hatte und nicht über irgendwelche Requisiten gestolpert ist und die ewigen Profi-Proben haben meinem eh schon lädierten Körper auch nicht gerade gut getan. In Gedanken schon bei meiner wunderbar warmen Badewanne will ich gerade die Tür zu meiner Garderobe aufstoßen, als eine allzu bekannte Stimme meine Aufmerksamkeit auf sich zieht, die scheinbar aus dem nächsten Gang kommt. "Du machst dir viel zu viele Sorgen." Christina, keine Frage. Ich biege schon ab, um mich noch von ihr zu verabschieden bevor ich heimfahre, als mich eine zweite Stimme in der Bewegung innehalten lässt. "Ich würde eher sagen du machst dir nicht genügend Sorgen."
"Luca, mir geht's gut."
Verwirrt runzle ich die Stirn. Was macht Luca denn hier? Eigentlich waren die Abendproben nur für die Profitänzer reserviert, es gibt also keinen Grund, wieso er noch hier sein sollte. Und schon gar nicht bei Christina. Vorsichtig, um bloß kein Geräusch zu machen, schleiche ich auf Zehenspitzen hinüber zum nächsten Gang und luge um die Ecke, gerade so weit, dass sie mich nicht sehen können. Luca steht mitten auf dem Flur, die Hände in die Hüften gestützt, während er auf Christina heruntersieht, die mit einem Eispack auf ihrem Handgelenk vor ihm steht. Im Gegensatz zu ihrem Tanzpartner wirkt sie erstaunlich entspannt, obwohl sie hin und wieder dennoch schmerzhaft das Gesicht verzieht, wenn sie ihre Hand aus Versehen bewegt. Mir ist nicht aufgefallen, dass sie sich im Training verletzt hätte, deshalb lehne ich mich neugierig noch ein Stück weiter vor, in der Hoffnung zu erfahren was passiert ist. Plötzlich kommt Bewegung in die Beiden und zu meinem Entsetzen steuern sie genau meine Richtung an. Lauschen gehört sich nicht, aber weil ich eben ein unglaublich neugieriger Mensch bin, mache ich auf dem Absatz kehrt und husche in die Garderobe, um bloß nicht entdeckt zu werden. Es gibt nur ein Problem: In meinem Übereifer hab ich mich natürlich nicht in meinen eigenen Raum verirrt, sondern in die Garderobe daneben, die ungünstigerweise genau das Ziel meiner beiden Kollegen ist. Und so finde ich mich ein paar Sekunden später hinter Christinas breitem Klamottenständer wieder, während ich zwischen Glitzer-Pailletten und Federpuscheln beobachte, wie Christina sich seufzend auf die Couch fallen lässt. "Mensch Luca, ich hab mir nur das Handgelenk geprellt, nichts weiter. Das tut verflucht weh aber ich denke ich komme ganz gut zurecht wenn ich jetzt die Choreo noch fertig abändere und die Hand bis zur Show morgen nicht mehr belaste."
"Christinaaa...", jammert Luca gedehnt. "Die Choreo kannst du doch auch noch morgen korrigieren. Ich schaff das auch in einem Tag, wirklich. Wir sind alle müde, es wäre viel besser wenn du endlich deine Sachen zusammenpackst und dich ein bisschen ausruhst." Innerlich kann ich nicht anders als dem Schweizer zuzustimmen. Morgen ist ein harter Tag, die letzten Generalproben stehen an und am Abend ist auch noch die Liveshow, die bis Mitternacht dauert. Acht Stunden Schlaf hören sich da wirklich gut an. Und ich verstehe Lucas Sorge durchaus. Christina ist von uns Tänzern wahrscheinlich die, die am unermüdlichsten trainiert. Ein Fakt, der ihr die Bewunderung aller einbringt aber auch dafür sorgt, dass wir sie als ihre Freunde ständig im Auge behalten müssen, weil sie sich wie jetzt auch nur selten eine Pause gönnt. Gedanklich mache ich mir eine Notiz, dass ich sie morgen mal auf einen Kaffee oder noch besser zu einem Abendessen in meinem Lieblingsrestaurant einlade aber jetzt warte ich erstmal gespannt, wie es weitergeht. Christina antwortet nicht mit Worten, zumindest nicht am Anfang. Stattdessen wendet sie sich von Luca ab, scheinbar um etwas auf den Zettel zu kritzeln, der vor ihr auf dem Tisch liegt. Eigentlich erwarte ich von Luca, dass er versuchen würde sie zu überzeugen, dass er auf sie einreden würde oder ähnliches, schließlich hängt sein Weiterkommen in der Show davon ab, ob Christina morgen fit ist oder nicht. Zu meiner großen Überraschung passiert allerdings nichts von beiden. Stattdessen steht er nur still da und sieht sie an, was alleine schon ein Grund ist, ein rotes Kreuz in den Kalender zu machen. Luca Hänni steht nicht still. Nie. Christina scheint ihre Notiz zu Ende geschrieben zu haben, denn sie legt den Stift zur Seite und richtet sich auf, allerdings nicht ohne ein leises Stöhnen, als das Eispack auf ihrer Hand durch die Bewegung verrutscht. "Christina-"
"Luca." Trotz der offensichtlichen Schmerzen klingt sie fast ein bisschen amüsiert und als ich meinen Blick von Lucas Gesichtsausdruck zu ihrem verlagere, sehe ich es. Ihre Mundwinkel zucken leicht, als sie zu ihrem Tanzpartner aufsieht und ihre Augen glitzern. Aber da ist noch etwas anderes. Etwas, das fast...Zuneigung ist? Innerlich schüttle ich den Kopf. Nein, das ist es nicht. Es ist fast mehr als das, auch vertraut, aber eher ein Blick, den ich schonmal irgendwo anders gesehen habe, aber nicht recht zuordnen kann. Vica, schießt es mir auf einmal durch den Kopf. Vica sieht Andrzej immer so an. Mit großen Augen blicke ich zurück zu den beiden, gerade noch rechtzeitig um zu sehen wie Luca seinen Kopf senkt und sich gerade so weit nach vorne beugt, dass sich die Stimmung  im Zimmer drastisch verändert. Er befindet sich in Christinas persönlichem Raum, stelle ich ungläubig fest und er sieht dabei so entspannt aus, dass ich fast intuitiv merke, dass er da schon viele Male vorher gewesen sein muss. Christina hebt den Kopf, noch weiter, als Luca anfängt zu sprechen, seine Stimme leiser aber immer noch verständlich genug um sie zu verstehen. "Schatz, bitte." Ich reiße die Augen auf und ich hoffe nur, dass es nicht zu viel Lärm macht, wenn sie mir aus dem Kopf fallen. Schatz? Im Gegensatz zu mir scheint Christina von dem Spitznamen nicht im geringsten überrascht zu sein. Ganz im Gegenteil. Verlegen beißt sie sich auf die Lippe, während sie sichtlich widerwillig den Kopf schüttelt. "Luca...du weißt, dass du mich hier nicht so nennen sollst", rügt sie ihn, aber in ihrer Stimme liegt ein Unterton, der überhaupt nicht wütend klingt und ich halte die Luft an, als sie einen Schritt weiter auf ihn zu macht. Und wenn das nicht Hinweis genug ist, sind es spätestens ihre Finger, die in den Stoff von Lucas Pulli greifen und ihn näher zu ihr ziehen. "Irgendwie muss ich dir doch ins Gewissen reden, auf deinen Tanzpartner hörst du ja nicht", rechtfertigt Luca sich halb amüsiert, halb besorgt, während seine Hände sanft an ihren Armen entlang streichen. "Ich setze meinen Charme also für das Gute ein." Wieder streichen seine Hände über Christinas Haut und selbst von hier aus kann ich sehen, wie sich eine Gänsehaut darauf ausbreitet. "Komm schon, Christina, lass mich dich nach Hause bringen", murmelt er nochmal bittend, diesmal eindringlicher. Im nächsten Moment setzt mein Herz einen Schlag aus, als er sich ein Stück nach vorne beugt und mit den Lippen kaum merklich über ihre streicht und ich hätte beinahe erleichtert die Luft ausgestoßen, als er sich gleich wieder zurückzieht. Christina scheint da allerdings etwas dagegen zu haben, denn als er wieder ein bisschen Abstand zwischen sie bringt, macht sie ein protestierendes Geräusch. Nur ein paar Sekunden später krallen sich ihre Finger fester in den Stoff seines Pullis und im nächsten Augenblick hat sie sich auch schon auf die Zehenspitzen gestellt und ihre Lippen wieder auf seine gedrückt. Dieser Kuss ist allerdings alles andere als kurz, daran ist nichts Sanftes. Oh nein, das ist die Art von Kuss, die auf jeden Fall irgendwo hinführt und meiner Erfahrung nach handelt es sich dabei meistens um irgendeine Art von horizontaler Fläche. Automatisch gleitet Lucas Hand in ihre Haare und entlockt ihr damit ein tiefes Seufzen, während ich mittlerweile grenzwertig panisch nach einem Ausweg aus dieser misslichen Lage suche. Verflucht nochmal, wieso muss ich auch immer so furchtbar neugierig sein! "Shit, shit, shit", fluche ich ganz leise und beiße mir hektisch auf die Zunge, um nicht aufzufliegen. Okay, was ist wohl schlimmer? Sich weiter hier verstecken, mit zugekniffenen Augen und den Fingern in den Ohren oder mich stellen und damit zuzugeben, dass ich das ganze Gespräch gehört habe? Tja, völlig egal, denn beide Optionen beinhalten, dass ich vor Verlegenheit einen sehr unangenehmen Tod sterbe, inklusive knallrotem und äußerst unschönen Tomatenkopf. Anscheinend meint es das Karma dann aber doch noch ganz gut mit mir, denn Luca erspart mir die Entscheidung, indem er sich zurückzieht und seine Stirn gegen Christinas lehnt. Ich kann ihre Reaktion nicht sehen, doch sie lässt Luca leise auflachen und er schüttelt konsequent den Kopf. "Das geht nicht, nicht hier", entschuldigt er lächelnd und jetzt erkenne ich auch, dass Christina enttäuscht die Unterlippe nach vorne schiebt. Währenddessen danke ich jedem Stern am Himmel für mein Glück und mache mir eine große, geistige Notiz, das ab jetzt wieder jeden Tag zu tun. "Du hast damit angefangen", motzt Christina beleidigt. Wieder ein Lachen von Luca. Dann ein leises Rascheln, als seine Hände unter ihren Pullover gleiten, immer darauf bedacht ihr Handgelenk zu schonen. "Und ich bringe das auch zu Ende, aber dazu musst du jetzt deine Notizen lassen und mit mir nach Hause kommen." Lucas Stimme ist nicht mehr als ein leises Rumpeln, während seine Finger über ihre Haut streichen, wobei Christina sich automatisch fester gegen ihn drückt. Schnell kneife ich meine Augen fest zusammen, denn DAS will ich wirklich nicht sehen. "Gehen wir nach Hause, Schatz. Okay?" Christina hört sich atemlos an, als sie ebenfalls ein "Okay" flüstert und zum Glück gibt es danach auch kein verräterisches Rascheln der Kleidung mehr. Da ist nur noch das Geräusch der sich öffnenden und schließenden Tür und ich zähle in Gedanken erstmal bis hundert, bevor ich denke, dass es sicher genug ist um die Augen wieder zu öffnen. Himmel, das mach ich definitiv nie wieder. Notiz an mich selbst: Keine Leute belauschen und wenn doch, dann das nächste Mal schauen ob ich mich auch in der richtigen Garderobe verstecke.

So traumatisch das Erlebnis auch hätte werden können, als unser Produktionsleiter uns am nächsten Morgen alle zur Generalprobe zusammenruft, komme ich nicht umhin, das verliebte Lächeln zu bemerken, das Christina Luca durch den Raum hinweg zuwirft und ich frage mich, wie ich das was plötzlich so offensichtlich ist, jemals übersehen konnte. 

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