epílogo

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„Und mit einer legendären Prozentzahl von 99 Prozent hat Ashton Irwin es geschafft, den Schulrekord zu knacken!"

Stolz stand der dunkelhaarige Schulleiter auf der kleinen Bühne, zusammen mit einer ganzen Reihe seiner Kollegen, die in der Abschlussklasse unterrichtet hatten und bei der letzten Verabschiedung ihrer Schützlinge ebenfalls dabei sein wollten.

Im Hintergrund der Bühne war eine Flagge zu sehen. Normalerweise wurde dort immer das Schulwappen aufgehängt, doch in diesem Jahr prangte zu Ehren seines verstorbenen Freundes ein riesiges Bild des berühmten Fischis dort.

Nachdem Ashton sein Abschlusszeugnis entgegengenommen hatte, ging er zügigen Schrittes zurück zur ersten Reihe, in die er sich freiwillig gesetzt hatte, um sich dann an die beiden Mädchen zu wenden, die eher unfreiwillig neben ihm saßen, weil sie natürlich wieder zu spät gekommen waren und keinen anderen Platz gefunden hatten.

„Ich hasse mein Leben", teilte er den beiden wütend mit.

Ungläubig musterte die Grauhaarige ihn. „Du hast 99 Prozent, wieso beschwerst du dich?"

„Weil ich 100 Prozent haben wollte!", meinte er empört. „Daran ist nur die Deutschprüfung schuld. Wenn mir Greta nicht davor weisgemacht hätte, dass 'bumsen' ein anderes Wort für 'schlagen' sei, hätte man mir dafür nie einen Punkt abgezogen."

„Aber das ist es doch auch!", beschwerte sich Greta und verschränkte trotzig die Arme.

„Ich habe geschrieben, dass man seine Familienmitglieder nicht bumsen soll, als ich über häusliche Gewalt diskutiert habe!"

„Und das ist in jeder Bedeutungshinsicht komplett richtig", ergänzte Greta, horchte dann aber auf, weil ihr Name aufgerufen wurde.

„Geht das Ganze eigentlich nach irgendeiner bestimmten Reihenfolge?", wollte sie wissen, bevor sie den Weg zur Bühne begann.

„Nö", erwiderte Nia. „Schau dir unsere Schule an. Erwartest du da noch irgendeine Organisation?"

Ohne ihrer besten Freundin eine Antwort zu geben, ging die Braunhaarige zu ihrem Schulleiter, um diesem die Hand zu geben und ihr Zeugnis entgegenzunehmen.

„Eine 66", meinte Mr Malik trocken. Hilfesuchend blickte sich Greta um und streifte den Blick ihres Freundes, der ihr ein aufmunterndes Lächeln zuwarf. „Herzlichen Glückwunsch." Diese Worte klangen nicht sehr enthusiastisch.

„Danke", piepste Greta unsicher, schnappte sich das Zeugnis und eilte zurück zu ihrem Platz. Der ganze Jahrgang verfolgte diesen eher uneleganten Abgang gespannt.

„Satan hat mich erwählt", meinte sie, sobald sie sich gesetzt hatte. „Ich hab' 66 Prozent!"

„Wir haben es gehört", antwortete Ash, „und du liegst falsch. Nur 666 ist die Zahl des Teufels."

„Ach, sei doch leise", brummte Angesprochene, schwieg dann jedoch schnell wieder, als der Name ihrer besten Freundin genannt wurde. Diese straffte die Schultern, stand auf und schritt nach vorne.

„Wünscht mir Glück", wisperte sie den anderen zu und Greta hielt beide Daumen in die Höhe.

„Bringt aber jetzt nichts mehr", stellte sie dann leise an Nat und Ash gewandt klar. „Sie hat eh schon alles geschrieben."

„Mhh", machte Nat intelligent und sah wieder nach vorne.

„69 Prozent, herzlichen Glückwunsch." Schon wieder klangen Mr Maliks Worte unglaublich unbegeistert.

Unweigerlich schlich sich ein Grinsen auf Nias Gesicht. Mit aller Kraft versuchte sie, sich davon abzuhalten, zu ihrem Freund hinüberzublicken. Dieser Vorsatz klappte allerdings nicht sonderlich gut. Letztendlich gab sie nach und sah hinüber zu Louis, welcher die Augenbrauen hochgezogen hatte und sie skeptisch musterte.

Hektisch eilte die Hellhaarige wieder von der Bühne und ließ sich neben ihre beste Freundin plumpsen. Sie wollte gar nicht erst aufsehen, denn sie wusste ohnehin, dass auch ihr Gesicht von einem riesigen Grinsen gezeichnet war, doch letztendlich versagte Nia erneut und hob ihren Kopf.

„69!", prustete die mit den dunkleren Haaren direkt los und gab ihrer Freundin einen Klaps auf die Schulter. „Das passt ja zu dir!"

Ashton betrachtete die beiden einfach stumm, während Nat feixend den Kopf schüttelte, ehe auch er aufgerufen wurde und mit den Worten 'Das hat ja wirklich kein System!' entspannt schlendernd nach vorne schritt.

Mr Malik sah ihn mit einem gewissen Stolz in seinen Augen an. „88 Prozent, ich gratuliere!"

„Vielen Dank!", antwortete der Braunhaarige noch immer grinsend, blickte kurz noch ein letztes Mal zu seinen Lehrern und verabschiedete sich mit einem Nicken von ihnen. Als sein Blick auf den Lockenkopf traf, vergrößerte sich sein Grinsen und der Lehrer wusste, dass dies kein 'Auf Wiedersehen' sondern vielmehr ein 'Bis später' bedeutete.

„Schnapszahl, du musst was ausgeben!", begrüßte ihn seine Schwester und ihr Bruder musterte sie ungläubig, bevor er ihr seinen Zeigefinger gegen die Stirn presste.

„66 Prozent, Greta. Wenn ich dir was ausgebe, gibst du mir aber erst recht was aus."

Die Angesprochene schnaufte genervt auf und beschloss, ihrem Schulleiter die Ehre zu erweisen und ihm ein letztes Mal Gehör zu schenken.

„Es war ein turbulentes Jahr. Ein ...", er drehte sich kurz um und sah zu dem riesigen Wappen, „trauriges Jahr, aber auch ein sehr schönes Jahr, in dem wir vor allem auch die Möglichkeit hatten, neue Kollegen zu begrüßen!"

Mr Malik bat seine Tochter und den kupferhaarigen Max, die dadurch ihren Blickkontakt abbrechen mussten, nach vorne zu treten, wo sie dann unter jubelndem Geschrei von der Schülerschaft gefeiert wurden.

„Wuhuu, Max!", schrie das braunhaarige Mädchen in der ersten Reihe und sprang auf. Ihre Freundin unterstützte ihre Worte mit schrillem Pfeifen.

Aufmerksam geworden sah der junge Lehrer zu den zwei Mädchen und nickte ihnen freundlich zu. So synchron, dass es schon fast hätte abgestimmt sein können, taten es ihm die jungen Frauen gleich.

Obwohl der Referendar versuchte, seinen Stolz zu verstecken, gelang es ihm nicht wirklich und er schritt glücklich zurück neben den älteren Lehrer, der wie immer ein Hemd trug. Dieser sah ihn für einen Moment stumm an, ehe er seine Hand hob und ihm leicht lächelnd auf die Schulter klopfte, bevor er seine Augen von ihm nahm und wieder in die erste Reihe blickte, wo seine Freundin saß und die beiden Männer zufrieden beäugte.

Direkt neben ihr streckte ihre Freundin gerate ihre Zunge raus und zog an ihren Ohrläppchen, weshalb ein junger Mann mit Locken auf der Bühne sich sehr zusammenreißen musste, nicht in Lachen auszubrechen. Sie hatte den Plan, ihrem Schulleiter zuzuhören, schnell wieder verworfen und beschäftigte sich nun damit, sich abwechselnd mit ihrem Freund dumme Grimassen zuzuwerfen.

Beobachtete man nur die vier Grinsekatzen in dieser wirklich herausgeputzten Turnhalle, wusste man, dass dies kein trauriger Abschied war. Alle waren sie glücklich und zufrieden und freuten sich auf später – sie waren nämlich noch zum Monopoly spielen verabredet.

Alles war gut.

They Don't Know About Us || l.t. ; h.s. ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt