ochenta y dos: Weil Louis mich betrogen hat

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N I A

Ich wollte gerade noch etwas sagen, als Greta sich wieder zu mir drehte und mich an sich drückte. Sofort erwiderte ich ihre Umarmung und war unglaublich dankbar, jemanden wie sie jetzt an meiner Seite zu haben.
Die Verwirrung, die sich bei ihrem plötzlichen Auftauchen bei mir breitgemacht hatte, verschwand mit einem Mal und ich fing an zu schniefen. Meine Tränen durchnässten das Oberteil meiner besten Freundin, doch diese drückte mich nur noch ein wenig fester, während sie mir beruhigend über den Rücken strich.
„Er ist ein Arsch", flüsterte sie dann, worauf ich schwieg. Sie hatte recht, aber ich brachte diese Worte einfach nicht über meine Lippen. Allein der Gedanke, ihn so zu bezeichnen, tat unglaublich weh.
Ich löste mich von Greta, um ihr zu zeigen, dass ich mich ein wenig beruhigt hatte und sie lächelte mich aufmunternd an, was ich jedoch nur halbherzig erwidern konnte.
„Wo ist er?", fragte sie mich dann und ich zuckte mit den Schultern.
„Ich habe ihm gesagt, er soll gehen, als er mit mir reden wollte", antwortete ich dann und setzte mich auf die Kante meines Bettes. „Aber ich glaube, er ist immer noch unten."
Sie nickte und setzte sich neben mich.
Wir schwiegen uns an, doch ich genoss die Ruhe. Gretas Anwesenheit besänftigte mich ungemein, weshalb ich mich etwas nach links lehnte und meinen Kopf auf ihrer Schulter ablegte.
Ein paar Minuten saßen wir still so da, bis meine Zimmertür geöffnet wurde und mein lachender Deutschlehrer eintrat. Ich konnte auch Louis lachen hören, weswegen sich etwas unangenehm in meinem Bauch zusammenzog. Kurz nach Harry, der sich zuerst verwirrt im Raum umsah, dann jedoch Greta erblickte und strahlend auf sie zulief, betrat auch Louis das Zimmer, jedoch änderte sich sein Gesichtsausdruck schlagartig, als er uns erblickte und er blieb zwischen den Türrahmen stehen.
Da Harry sich neben seiner Freundin auf der Bettkante niederließ, mussten wir auf dieser jetzt wirklich gequetscht sitzen. Mehr Platz bot sie nun aber wirklich nicht.
Der Blauäugige blickte sich noch etwas unsicher im Raum um, bis er sich schließlich leicht gegen den Türrahmen lehnte und seine Augen auf mich legte. Ich sah weg und drehte meinen Kopf zu Greta, welche Harry gerade etwas zu zischte, was ich nicht verstand, was allerdings auch daran liegen konnte, dass ich durch den Blick des Ältesten hier im Raum zu abgelenkt war.
„Was macht ihr hier?", richtete sich die Braunhaarige neben mir dann etwas lauter an die beiden Männer und ihr Freund hob die Schultern.
„Wieso sollten wir nicht hier sein?", lachte er dann unwissend und legte einen Arm um Gretas Schulter, die sich jedoch merklich ungern an den Grünäugigen ziehen ließ.
Ihr Blick schoss wütend zu Louis, der davon aber nicht beeindruckt war und ich merkte meiner besten Freundin an, dass sie nicht wusste, ob sie ihrem Freund und gleichzeitig dem besten Freund meines Freundes von den jüngsten Ereignissen erzählen sollte.
„Weil Louis mich betrogen hat", nahm ich ihr die Entscheidung also ab, indem ich es zum ersten Mal schaffte, die Situation so scharf in Worte zu fassen.
Sofort spürte ich die Blicke aller Anwesenden auf mir, meine Augen hafteten allerdings unbeteiligt an dem Mann am anderen Ende des Raumes.
„Was?", hörte ich Harry leise nuscheln, doch ich verzichtete darauf, ihm zu antworten, da sich seine Frage sowieso an seine Freundin richtete und ich mich sehr klar ausgedrückt hatte.
Eine unangenehme Stille breitete sich aus, bis es schließlich wieder der Lockenkopf war, der sich räusperte, somit das Schweigen brach und anschließend vorsichtig fragte: „Mit wem?"
Weiterhin schwieg ich und da auch Louis keine Anstalten machte, sich dazu zu äußern, drehte Greta sich langsam zu Harry, um ihm zu antworten.
„Mit Lia", sagte sie leise.
Ich wusste, dass sie es nicht lauter sagen wollte, um mich nicht daran zu erinnern, jedoch konnte ich schon längst keinen anderen Gedanken mehr fassen, als Lia die Wahrheit zu sagen.
Sie hatte mein Leben zerstört, und auch wenn sie dafür ebenso wenig etwas konnte wie ich, wollte ich ihr von Louis und mir erzählen. Ihr Leben sollte auch zerstört werden.
Das Einzige, was mich bis jetzt davon abgehalten hatte, war Louis. Ich hatte noch immer Gefühle für ihn und er hatte so etwas nicht verdient.
Doch ihn jetzt so unbeteiligt vor mir stehen zu sehen und ihn vorhin so unbeschwert Lachen gehört zu haben, entfachte meine Wut, weshalb ich mit einem Mal aufsprang und zielstrebig Richtung Tür lief.
Gerade als ich an dem Braunhaarigen vorbei rauschen wollte, stieß dieser sich leicht von dem Türrahmen ab und stand somit in der Mitte der Tür, was mir den Weg versperrte.
„Lass mich durch!", zischte ich also, doch wieder mal machte er keine Anstalten, etwas zu tun.
„Wohin willst du gehen?", fragte er mich stattdessen und meine Augen verdunkelten sich.
„Das geht dich nichts an!", fauchte ich zurück, was ihn jedoch keine Miene verziehen ließ.
„Lia ist nicht da", sprach er.
Es verunsicherte mich ein wenig, dass er mich anscheinend so gut kannte, um mein Verhalten so analysieren zu können, allerdings ließ ich mir nichts anmerken.
„Sie ist mit deiner Mutter unterwegs", redete er weiter und ich schnaubte wütend. Niemand hatte ihn darum gebeten, zu sprechen.
„Eigentlich wollten wir auch nur was zu trinken ho-", fuhr er fort, während sein gesamtes Verhalten mich verletzte. Vorhin wirkte er noch ernsthaft bemüht, seine Fehler zu reparieren, doch ich wusste nicht, was unten geschehen war, damit er sich nun so gleichgültig verhielt.
„Louis!", zischte Harry von hinten und unterbrach den Mann vor mir somit. Auch er hatte sich mittlerweile erhoben und als Greta dies mitbekam, stand auch sie auf.
„Nur was zu trinken holen?!", zitierte sie ihn aufgebracht und schritt ein paar Schritte auf unseren Mathelehrer zu. „Du bist ein Arsch!"
Sie wäre wahrscheinlich auf den Auslöser dieses ganzen Dramas losgegangen, wenn Harry sie nicht am Arm zurückgehalten hätte und ihr einen deutlichen Blick zuwarf.
Greta entgegnete ihm mit einem Schnauben, verschränkte dann die Arme vor der Brust und hielt sich tatsächlich im Hintergrund, wonach Louis uns alle nochmal unbeteiligt ansah, sich umdrehte und danach den Raum verließ.
Sofort stiegen mir wieder die Tränen in die Augen.
„Ich könnte ihn umbringen!", hörte ich Greta noch zischen, worauf Harry etwas antwortete, das sich wie 'Ich weiß nicht, was mit ihm los ist, aber das ist nicht seine Art. Wahrscheinlich ist er einfach nur unfassbar verzweifelt' anhörte, jedoch bekam ich das alles nur noch am Rande mit, da ich noch immer wie angewurzelt auf die Stelle starrte, an der er bis eben noch gestanden hatte.

They Don't Know About Us || l.t. ; h.s. ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt