cuatro: Das Date mit Mr Tomlinson

275 22 5
                                    

N I A

Das Klopfen meiner Fingerknöchel an der Tür hallte durch den sonst leeren Gang.
„Na toll", meckerte Greta derweil, „ich konnte mich nicht einmal vorher duschen!"
Augenverdrehend klopfte ich ein zweites Mal. War sich Mr Tomlinson mittlerweile sogar zu fein dafür, die Tür zu öffnen?!
„Dann können wir ja auch wieder geh-", mitten im Satz brach ich enttäuscht ab, denn die Tür, welche vor wenigen Sekunden noch fest verschlossen gewesen war, öffnete sich nun und uns blickten zwei stechend blaue Augen prüfend an.
„Da seid ihr ja", sagte der Braunhaarige, ließ uns herein und deutete uns, dass wir uns auf die beiden Plätze unmittelbar vor dem Lehrerpult niederlassen sollten.
„Wir werden uns heute ein wenig mit dem Thema Astrophysik beschäftigen", kündigte er an und nahm auf seinem Stuhl platz.
„Es fällt im Lehrplan bedauerlicherweise immer wieder hinten unter."
„Super", grummelte ich sarkastisch, „das sind Themen, die wir später mal brauchen werden."
Er ignorierte diesen Kommentar und riss aus seinem Block zwei Blätter heraus, die er uns gab. Wie freundlich von ihm!
„Im Buch gibt es einen tollen Text darüber, den ihr auf Seite 97 finden könnt."
Scheinheilig lächelte meine Freundin.
„Ach wie schade, dass wir unsere Bücher nicht dabeihaben", meinte sie unschuldig.
„Ach wie gut, dass ich meins dabeihabe und es euch gerne ausleihe", konterte Mr Tomlinson und reichte einer grummelnden Greta und einem in sich hinein lachenden Mir das Physikbuch.
Die Genugtuung über Gretas Fail war aber von kurzer Dauer, sobald ich die kompliziert aussehenden Formeln erblickte.
„Ich erwarte später einen Text, in dem die wichtigsten Punkte dieser Seite aufgelistet sind", kündigte unser Lehrer an und entgeistert stöhnte ich auf. Na danke auch, Greta! Wegen ihr mussten wir beide doch hier sitzen ... so mehr oder weniger.
Seufzend nahm ich meinen Füller zur Hand und schrieb eine Überschrift auf das Blatt.
Mr Tomlinson schien zufrieden zu sein, denn er wandte sich seinen Unterlagen zu und ließ uns schreiben.
Das war ein Fehler, denn sofort kritzelte Greta einige Worte auf ihr Blatt, die garantiert nichts mit dem Thema der Buchseite zu tun hatten.

Findest du, er sieht gut aus?

Überlegend sah ich von ihrem Papier zu Mr Tomlinson und wieder zurück, bis ich meine Antwort hatte.
Flink zeichnete ich einige Zahlen daneben, ein alter Trick von uns, den wir uns früher einmal ausgedacht hatten. Es handelte sich hierbei aber lediglich um den Binärcode.

01001010 01100001

Vielleicht war es ein wenig hobbylos, dass wir die Zahlenkombinationen für 'Ja' und 'Ne' auswendig gelernt hatten, aber wir hatten es ja auch nur bei den beiden Wörtern getan. In diesem Falle hieß es 'Ja', was mich leicht zum Erröten und Greta zum Kichern brachte, der Laut, der sich als fataler Fehler entpuppte.
Mr Tomlinsons Kopf schoss schlagartig nach oben und er erfasste die Situation mit einem einzigen Blick. Sofort griff seine Hand unter unserem starken Protest nach dem Stück Papier und er grinste.
„Du hast also schon etwas geschrieben, Greta", meinte er. „Sehr vorbildlich."
„Find ich auch", gab sie, wie immer nicht auf den Mund gefallen, zurück.
„Findest du, er sieht gut aus?", las er vor und aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, dass Greta gegen ihren Willen rot anlief.
„Sehr interessant", fuhr der Blauäugige fort, „und die Antwort darauf ist: Null eins null null eins null eins null", er holte Luft, „null eins eins null null null null eins."
Prüfend schoss sein Blick von Greta zu mir.
„Was heißt das?", wollte er wissen.
„Tjaaa", gab ich leise zurück und senkte meinen Blick wieder auf mein Blatt, bevor ich in die peinliche Situation eines Augenkontaktes kommen konnte.
„Na los, sagt mir, was das heißt!", forderte er uns auf.
„Nö", antwortete Greta frech.
„Wollt ihr ..."
In diesem Moment wurde die Tür geöffnet und Mr Styles schaute hinein.
„Greta? Kannst du bitte mit nach draußen kommen?", forderte er meine Freundin auf.
Diese schien fast erleichtert über die Rettung aus der peinlichen Situation zu sein und sprang auf.
„Nein, nein, nein, schön hiergeblieben, Madame. Du hast jetzt ein Date mit mir", rief Mr Tomlinson sofort.
„Ein Date?!", wiederholten Greta und ich einstimmig und gleichermaßen überrascht.
„Stör ich?", wollte ich dann lachend wissen, was dazu führte, dass unser Lehrer sein Gesicht in seinen Händen vergrub.
„Och Kinder, das sagt man doch nur so", murmelte er genervt.
Durch ein Räuspern machte Mr Styles sich bemerkbar.
„Das geht jetzt aber nicht", beschwerte er sich, „Greta muss auch bei mir nachsitzen."
„Aber ich war schneller", konterte sein Kollege. „Und sie ist zu mir gekommen, also bleibt sie jetzt auch hier."
„Ich bin doch nicht extra zu Mr Malik gegangen und habe ihn gefragt, wo Greta denn zur Zeit ist, nur um jetzt wieder gehen zu können!"
Ich sog scharf die Luft ein. Mr Malik war der Schulleiter, vor dem selbst Greta und ich eine gute Portion Respekt hatten. Wenn er durch den Flur ging, herrschte dort absolute Stille. Es musste Mr Styles schon wirklich wichtig sein, wenn er dazu bereit war, solch ein Opfer zu bringen.
„Du bist Referendar, ich habe das Vorrecht", erklärte Mr Tomlinson in diesem Moment und langsam wurde der Streit echt unterhaltsam.
„Leute, Leute", grummelte meine beste Freundin derweil, „nächstens such ich mir 'nen Manager. Ich kann doch auch später noch bei Mr Styles nachsitzen!"
„Gute Idee", stimmte dieser zu, „wenn du hier fertig bist, kommst du bitte zu meinem Raum."
Sie öffnete und schloss ihren Mund einige Male, bis sie realisierte, dass sie gerade selbst eine Lösung für das wunderschöne Problem ihrer Lehrer gesucht hatte.
„Haha, Opfer!", lachte ich sie schadenfroh aus. Noch ein Fehler.
„Keine Beleidigungen auf dem Schulgelände", kritisierte Mr Styles nämlich sofort, „du kommst auch."
Erschrocken riss ich die Augen auf. WAS?! Na toll.
„Haha, Opfer!", zitierte Greta mich und Mr Styles schnaubte.
„Wenn du nicht schon nachsitzen müsstest, würde ich dir dafür jetzt Nachsitzen geben."

They Don't Know About Us || l.t. ; h.s. ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt