treinta y nueve: Warum ich Karaoke-Maschinen hasse

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G R E T A

„Glauben Sie mir doch endlich, dass ich mich wirklich verirrt habe!", jammerte ich entgeistert und sah die überfragte Angestellte mit meinem besten Bettelblick an. „Ich war hier mit meiner besten Freundin und ... zwei Begleitpersonen! Und jetzt finde ich keinen mehr!"
„Ich habe schon eine Durchsage gemacht", seufzte die Frau genervt. „Obwohl man dafür eigentlich im Bällebad sein müsste."
Ich blickte hinüber zum 'Kinderparadies', in dem einige Kleinkinder tobten und ging achselzuckend darauf zu. Das Schild, welches darauf verwies, dass der Zutritt für Personen über acht Jahre nicht gestattet war, ignorierte ich gekonnt, sondern setzte mich mitten in die Bälle.
Das hatte ich schon viel zu lange nicht mehr ausprobiert! Ich hatte vergessen, wie viel Spaß sowas machte!
Grinsend warf ich einige Bälle in die Luft und sah mich nach einem kleinen Kind um, das ich abwerfen konnte.
Dazu sollte es aber nicht mehr kommen, denn ein 'Greta!' riss mich aus meinem Enthusiasmus.
Harry kam mit langen Schritten auf mich zugeeilt.
Ich sah auf den Ball in meiner Hand und daraufhin zurück zu dem Lockenschopf. Dann holte ich aus und warf ihn in seine Richtung.
Ohne Probleme fing er ihn und sah mich herausfordernd an.
„Sportlehrer, falls du es vergessen haben solltest", meinte er dann und warf den Ball zurück. Mich traf er natürlich, was mich an unsere erste Sportstunde erinnerte.
„Komm jetzt, Klein-Greta", sagte er dann seufzend. „Was zum Teufel hast du hier eigentlich gemacht?"
„Ich hab' mich verirrt!", berichtete ich wahrheitsgetreu, stand jedoch ohne zu murren auf und gesellte mich zu ihm.
„Und wo sind Louis und Nia?"
Ich zuckte mit den Schultern.
„Irgendwo wild am rumknutschen, vermute ich."
Er sah mich prüfend an, um herauszufinden, ob ich meine Aussage ernst meinte, kam zu dem Schluss, dass ich es durchaus tat und blinzelte einige Male verwirrt - wahrscheinlich hatte er gerade Kopfkino gehabt.
Nachdenklich sah ich ihn an. Wie zum Teufel sollte ich ihn jetzt eigentlich anreden? Mr Styles kam mir angesichts der Tatsache, dass wir gerade gemeinsam mit unseren besten Freunden, die nebenbei ein Paar waren, in einem Möbelkaufhaus herumrannten, unangebracht, aber es würde ziemlich unangenehm werden, wenn er nicht mit 'Harry' einverstanden war.
„Und jetzt?", fragte ich nach einiger Zeit unsicher. „Wie finden wir die anderen?"
„Suchen", antwortete er und sah sich etwas hilflos um.
Irgendwann schließlich lief er planlos in eine Richtung, was ich erst zu spät bemerkte und deshalb hinter ihm her rannte.
„Warte!", rief ich. Er reagierte nicht.
„Harry, warte!", versuchte ich es erneut und er sah sich tatsächlich etwas verwirrt um.
Sein Blick verriet mir, dass 'Mr Styles' wohl doch die bessere Wahl gewesen wäre.
„Entschuldigen Sie", keuchte ich nun also und errötete, doch er schüttelte den Kopf.
„Harry ist schon okay", beruhigte er mich und ich nickte atemlos. Wenigstens das hätten wir also geklärt.
Einen Moment lang schwiegen wir uns peinlich berührt an, bis die Stille durch eine junge Frau unterbrochen wurde, die gerade die ersten Töne des Liedes Budapest von George Ezra anstimmte.
Ich wandte meinen Kopf in Richtung der Quelle des Geräusches und meine Augen wurden beim Anblick der Karaoke-Maschine groß.
„Ohh", machte ich begeistert, hüpfte einmal in die Luft und klatschte in die Hände.
„Harry", sagte ich in quengelndem Tonfall, „können wir Karaoke singen?"
Flehendlich sah ich an.
„Bitte!"
„Nein", erwiderte er bestimmt, doch dieses Mal war ich nicht bereit, so schnell aufzugeben. Ich griff wie ein kleines Kind nach seinem Arm und zog daran. Die peinliche Stimmung, die seit Harrys Geständnis zwischen uns geherrscht hatte, war mit einem Mal verschwunden. Ich wollte singen.
„Warum ist in IKEA eine Karaoke-Maschine aufgebaut?", stöhnte der Grünäugige entgeistert.
Das war eine gute Frage. Ich sah mich um, bis ich das Schild an der Wand gefunden hatte.
„75 Jahre IKEA", las ich laut vor. „Wahrscheinlich so 'ne Art Jubiläum."
Er stöhnte nur.
„Bitte, Harry", jammerte ich weiter.
Er schaute mich einen Moment lang an, bis er schließlich nachgab.
„Na schön. Aber nur ein Lied."
Ich stieß einen kurzen Freudenschrei aus und grinste.
Währenddessen hatte die junge Frau ihr Lied beendet und ich drängte mich an ihr vorbei und griff nach den Mikros.
„Was für einen Song wollen wir singen?", fragte ich über die Schulter hinweg.
„Keine Ahnung", entgegnete Harry, „du wolltest singen ..."
Ich drückte achselzuckend auf 'Start', woraufhin der Bildschirm für einen Augenblick schwarz wurde. Dann jedoch leuchtete in bunten Farben 'Shuffle' auf.
„Was?", rief ich überfordert aus. „Ich wollte doch gar kein Shuffle!"
Das dumme Ding hörte natürlich nicht auf mich, sondern entschied fröhlich, dass wir FRIENDS von Marshmello und Anne-Marie singen würden.
„Es geht los!", meinte ich vollkommen überfordert.
„Ja, das Lied kann ich auswendig!", triumphierte ich, doch schon bei dem ersten von mir gesungenen Satz realisierte ich, dass dieser Song wohl der dümmste war, den Harry und ich in unserer Situation singen konnten.
„You say you love me, I say you crazy;
we're nothing more than friends."
Oh verdammt, warum musste sowas eigentlich immer mir passieren?
Ich schlielte zu Harry hinüber, der mit fahlem Gesicht weitersang.
Ich hätte heulen können. Was tat ich ihm hier eigentlich gerade an?
Ganz nebenbei musste ich allerdings bemerken, dass er eine ziemlich gute Singstimme hatte!
„Harry, Greta?", erlöste mich Mr Tomlinson jedoch in diesem Moment und ich sah mich erleichtert um.
„Komm, wir gehen zu den beiden anderen", meinte ich zu Harry und dieser nickte noch viel erleichterter als ich.
Ich würde nie mehr in meinem Leben eine Karaoke-Maschine anrühren!

They Don't Know About Us || l.t. ; h.s. ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt