cuarenta: Grippewellen und ihre Auswirkungen

189 15 1
                                    

N I A

Heute war es soweit. Heute war der Tag, der Aufführung. Wow, hatte ich mich darauf gefreut, einen Baum zu verkörpern.
Ashton allerdings musste sich wirklich gefreut haben, immerhin hatte er heute die einmalige Chance, Greta küssen zu dürfen, ohne, dass sie ihn dafür anzeigen konnte.
Der Arme, ausgerechnet heute hatte ihn die Grippe, die Louis damals wahrscheinlich mit in die Schule gebracht hatte, erwischt, sodass er die letzte Szene nicht mehr selbst spielen konnte. Er reiherte stündlich und an eine Weiterführung der Aufführung war für ihn gar nicht zu denken. Dementsprechende Aufregung herrschte in der Pause Backstage, da wir jemanden für Ashs Rolle brauchten.

„Nat!", rief Louis aufgebracht und der Braunhaarige drehte sich wiederwillig um.
„Mmh?", brummte er desinteressiert. Ich konnte mir schon denken, was ihm blühte.
„Du bist der Ersatz für Ash! Mach dich fertig!", wies sein Lehrer ihn an und die Augen des Jüngeren weiteten sich protestierend.
„Ich kann den Text aber nicht", meinte er. Der Größere wollte darauf antworten, doch meine beste Freundin hielt ihn auf.
„Hallo? Inzest?!"
Aufgebracht stürmte sie zu uns. „Das ... das geht nicht!"
Empört stemmte sie die Arme in die Seiten.
Louis blickte sie kurz an und gab schließlich verzweifelt nach.
„Und wer soll's dann machen?", fragte er, während seine blauen Augen hilfesuchend den Raum abscannten.
„Ich kann den Text", meldete sich auf einmal unser anderer Lehrer, zuckte mit den Schultern und schritt auf uns zu.
Der Wuschelkopf öffnete den Mund, schloss ihn allerdings wortlos wieder und beäugte seinen Freund besorgt.
„Harry? Bist du krank? Du siehst sehr blass aus."
Probehaft legte er eine Hand an Mr Styles' Stirn, welche jedoch umgehend weggeschlagen wurde.
„Quatsch", winkte dieser ab. „Mir geht's gut!"
Auch ich betrachtete ihn nun genauer. Und tatsächlich, selbst ich, die sonst eigentlich nie beurteilen konnte, ob jemand blass war oder nicht, konnte sagen, dass mein Lehrer heute wirklich scheiße aussah. Also der Grünäugige natürlich.
„Mr Styles?", sagte ich und Angesprochener blickte fragend zu mir. „Sie sehen wirklich scheiße aus."
Seine Augenbrauen zogen sich zusammen und er funkelte mich an, doch Louis schräg hinter ihm nickte mir dankbar zu, weshalb ich mich nicht schuldig fühlte. Okay, hätte ich wahrscheinlich auch so nicht.
Dann seufzte der Größte ergebend.
„Gut, ihr habt recht", gab er zu und wandte sich nochmal an mich. „Wäre ich nicht krank, hätte ich dir dafür jetzt Nachsitzen gegeben."
Ich zuckte mit den Schultern und drehte mich zu Greta, die das Geschehen einfach nur stumm verfolgt hatte. Gott stimmt, daran hatte ich ja gar nicht gedacht! Zum Glück hatte Mr Styles auch die Grippe erwischt, sonst hätte meine Freundin heute nicht nur ihren Lehrer, sondern auch ihren Schwarm, der sie nicht zurück liebte, küssen müssen.
„Fünf Minuten noch!", rief Hannah, die, nachdem sie die Kostüme fertiggestellt hatte, einfach auch noch die Backstage-Anweisungen übernommen hatte, über alle Köpfe hinweg und das Getuschel im Raum wurde lauter.
Hektisch beruhigten die zwei Lehrer alle wieder, bevor Louis das Wort erhob.
„Kann hier wirklich niemand Ashs Text?!"
Stille.
Totale Stille.
Er seufzte und drehte sich wieder zu uns.
„Dann muss ich es wohl machen", nuschelte er und meine Augen weiteten sich. Bitte was?!
Auch Greta blickte sprachlos zu ihm, ebenso wie der Lockenkopf.
Abwehrend hob er die Hände.
„Irgendeiner muss es ja machen und sonst kann keiner den Text!", sprach er und sah zu mir, doch ich wandte meinen Blick ab. Ich war jetzt nicht so scharf drauf, meine beste Freundin mit meinem Freund rummachen zu sehen.
„Aber ... aber Sie sind mein Lehrer!", warf nun meine Freundin ein. „Das dürfen Sie überhaupt nicht!"
„So, wie die Bühne beleuchtet ist, wird man mich nicht erkennen", erwiderte der Blauäugige, wandte sich dann an mich und kam einen Schritt näher. „Nia-"
„Alle auf die Bühne!", unterbrach Hannah ihn und er blickte kurz noch bittend zu mir, bis er sich widerwillig abwandte, sich das einfache Hemd, welches eigentlich Ashs war und diesem eigentlich zu groß sein sollte, Louis allerdings gut passte, überstreifte und zur Bühne schritt.
Greta, die genauso wie ich natürlich schon in ihrem Kostüm steckte, drückte noch kurz aufmunternd meine Schulter ehe auch sie auf die Bühne trat. Mies gelaunt folgte ich ihnen und stellte mich hinter sie, während ich sie mit zusammengekniffenen Augen musterte.
Der Vorhang ging auf und sie fingen an zu spielen. Ich hatte mich doch dazu entschieden, mich wegzudrehen und sie nicht zu beobachten.
Sie waren gut, keine Frage, doch es waren trotzdem noch mein Freund und meine beste Freundin, die dort gerade ein Liebespaar verkörperten.
„Ja, mein Liebster, aber Ihr seid verletzt!"
Gleich war es soweit.
Ganz langsam drehte ich mich zu ihnen. Ich wollte es eigentlich gar nicht, aber ich konnte es irgendwie nicht verhindern.
Greta sagte noch etwas, während Louis sich schon zu ihr beugte und anschließend seine Lippen auf ihre drückte, nicht fest, er berührte sie fast gar nicht, doch es reichte trotzdem dafür, dass ich mich wieder wegdrehte und direkt zu Mr Styles sah, welcher die Situation mit mittlerweile schon fast grünangelaufenem Kopf beäugte und seine Augen dann auf meine legte.
Der Vorhang schloss sich langsam und das Publikum fing an zu toben, weshalb ich sofort von der Bühne schritt, an dem nun reihernden Mr Styles vorbei und direkt auf Hannah zu.
„Hol mich hier raus", grummelte ich, weshalb sie flink ihr Klemmbrett weglegte und mir aus dem Kostüm half. Zum Glück hatte ich direkt darunter meine normalen Klamotten an, sodass ich, sobald sie mich befreit hatte, den Theaterraum verlassen konnte und mich mit direktem Schritte zu meinem Zimmer begab, wo ich dann schlecht gelaunt die Tür zuknallte.

They Don't Know About Us || l.t. ; h.s. ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt