cuarenta y siete: Wobei einem auch Google nicht helfen kann ...

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G R E T A

Die Bibliothek war einer meiner Lieblingsorte des gesamten Internats. Nicht, weil hier so viele Bücher waren, sondern eher, weil es auch einige Computer gab und Bücher scheinbar so abschreckend auf meine Mitmenschen wirkten, dass selten jemand anderes hier war. So konnte ich also ungestört sein, wenn ich nach etwas googeln wollte, was Nia eher nicht in meinem Verlauf entdecken sollte.
Zögerlich ging ich auf einen der PCs zu, loggte mich ein und öffnete Google.
'Wann ist man verliebt?', tippte ich in die Suchleiste ein, nur um es direkt danach wieder zu löschen. Was für eine bescheuerte Frage! Bei so etwas konnte mir Google auch nicht weiterhelfen.
Meine Gedanken drehten sich in letzter Zeit immer häufiger um Harry. Egal, ob es Schuldgefühle für irgendwelche unüberlegten Aktionen von mir oder ein süßes Verhalten seinerseits waren, der junge Mann wollte mir einfach nicht aus dem Kopf gehen. Aber war ich damit schon verliebt? Ich dachte an Nia, daran, wie sie Louis ansah. Und dann musste ich daran denken, wie unvorsichtig die beiden waren. Irgendwann würde es jemand herausfinden!
Nein, ich war nicht in Harry Styles verliebt. Es war ganz einfach praktisch, nicht in ihn verliebt zu sein, denn dann musste ich mir auch keine Gedanken darum machen, nicht entdeckt zu werden. Aber wieso dachte ich dann ständig an ihn? War es ...
Meine Gedanken wurden unterbrochen, da sich die Tür öffnete. Ich duckte mich, um hinter meinem Computer abtauchen zu können, aber es war zu spät, denn niemand anderes als Harry betrat die Schulbücherei, nahm gedankenverloren neben mir Platz, bevor er sich langsam zur Seite drehte und realisierte, wer gerade neben ihm saß. Er errötete. Damit sah er schon irgendwie niedlich aus.
Ich hatte das Recht, sowas zu sagen. Ich war schließlich ein Mädchen in der Pubertät, da durfte man von gut aussehenden Leuten schwärmen!
„Hey", murmelte er leise und lächelte zaghaft. Ich lächelte genauso scheu zurück - was gar nicht zu mir passte.
„Hi."
Wir sahen uns eine Weile lang an. Ich wurde nervös und trommelte mit den Fingern auf dem Computertisch herum.
„Wie ist die Prüfung gelaufen?", erkundigte ich mich dann und er strahlte.
„Großartig!", sagte er begeistert.
„Freut mich!", antwortete ich.
Dann wieder diese unangenehme Stille.
Ich musterte ihn genau. Seine Grübchen, seine verdammt grünen Augen, seine rosafarbenen Lippen ... wieso begann ich, schon wieder von ihm zu schwärmen?
„Du ...", setzte Harry an, stockte dann jedoch.
„Ja?", hakte ich nach, doch er winkte ab.
„Vergiss es. Nicht so wichtig."
„Was ist?", wollte ich jetzt jedoch wissen.
„Du bist heute ... wunderschön", nuschelte er schließlich verlegen und fügte gleich darauf hinzu: „Ich weiß, du fühlst nicht dasselbe wie ich, aber du bist es trotzdem."
Ich spürte, wie mir die Röte in die Wangen schoss und schluckte. Lange sahen wir uns an.
Und dann hatte mein Hirn einen Kurzschluss, stellte einfach mal seinen Betrieb ein und machte Mittagspause, was dazu führte, dass ich mich unsicher zu dem Lockenkopf hinüberlehnte, meine Hand hob und mit dieser seine Wange berührte, um seinen Kopf zu mir zu drehen. Langsam kam ich ihm näher, sodass sich unsere Nasenspitzen fast berührten. Ich hörte, wie sein Atem stockte.
„Ich will mal was probieren, ja?", flüsterte ich leise.
„Okay", hauchte er noch leiser zurück.
Ich schluckte, sah ihm noch einmal in die hübschen, grünen Augen und lehnte mich dann noch weiter zu ihm vor, sodass sich unsere Lippen sanft berührten.
Und verdammt ja, es fühlte sich absolut richtig an. In meinem Bauch kribbelte etwas, wie als wenn ich mich sehr auf etwas freuen oder gerade in der Achterbahn sitzen würde, die Welt drehte sich und mein Herz hämmerte wie wild in meiner Brust, während Harry eine Hand an meinen Kopf legte, um mich näher zu sich zu ziehen.
Erst nach einer gefühlten Ewigkeit lösten wir uns. Er sah mich völlig überrascht an.
„Ich ... ich dachte du willst nichts mit einem Lehrer anfangen", stotterte er dann verwirrt.
„Dachte ich auch", gab ich zurück, „aber was man nicht haben kann, ist immer interessanter und im Augenblick bist das halt du."
Ich hatte eine Antwort auf meine Frage gefunden!
Er lachte, verwuschelte mir die Haare und zog mich auf seinen Schoß.
„Du und deine frechen Witze", murmelte er kopfschüttelnd und strich mir über die Wange. „Du weißt gar nicht, wie lange ich schon auf diesen Moment gewartet habe."
Er zog meinen Kopf zu sich, sodass unsere Lippen sich zum zweiten Mal berührten. Ich erwiderte den Kuss schmunzelnd, weil es sich so unglaublich gut und richtig anfühlte. Schließlich lehnte ich meinen Kopf gegen seine Schulter.
„Wir können das nicht erzählen", flüsterte er irgendwann. „Ich bin meinen Job los, wenn das rauskommt und du fliegst von der Schule."
Ich nickte langsam. „Stimmt."
Ich würde es Nia nicht erzählen können, das wusste ich. Zwar hatte ich keine Angst davor, dass sie mich verraten könnte - meine Geheimnisse waren bei ihr sicher -, aber ich befürchtete, sie würde mich - wenn auch unbewusst - versuchen zu überreden, genauso unvorsichtig wie sie und Louis zu werden. Ironisch, dass ich daran dachte, während ich in der für alle Schüler zugänglichen Bibliothek saß ...
„Kannst du den Raum abschließen?", fragte ich plötzlich und er sah zur Tür.
„Das wäre sinnvoll, stimmt", murmelte er, griff in seine Tasche und zog einen Schlüsselbund heraus. Ich nahm ihn entgegen, stand auf und schloss ab.
„Und Greta", sagte Harry, „kannst du mir eine einzige Frage ehrlich beantworten?"
Ich nickte. „Natürlich."
„Ist es wegen den Noten?"
Für einen Moment sah ich ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
„Nein!", rief ich dann nachdrücklich. „Natürlich nicht!"
„Gut", meinte er, stand auf und umarmte mich. „Mehr wollte ich nicht wissen."

They Don't Know About Us || l.t. ; h.s. ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt