N I A
Zurückhaltend klopfte ich an die Zimmertür.
Immer und immer wieder schallten Louis' letzten Worte in meinem Kopf. Er hatte so kalt geklungen, wie als wäre ich ihm einfach gleichgültig, nicht wichtig. Er hatte mich allein dadurch verletzt und das machte mir zugegeben auch etwas Angst.Nach ein paar Sekunden öffnete sich die Tür und mir begegnete ein verwirrtes Gesicht.
„Nia", meinte er verwundert, trat gleichzeitig aber einen Schritt zur Seite, um mir Eintritt zu gewähren. „Ich hätte nicht gedacht, dass du nochmal mit mir redest."
Stimmt. Nach Louis' Abneigung ihm gegenüber, als der Rotschopf damals in mein Zimmer gekommen war, hätte ich das auch nicht erwartet.
Stumm zuckte ich mit den Schultern und trat an ihm vorbei.„Setz dich", meinte der Kupferhaarige, hob seine Hand kurz und deutete neben sich auf sein Bett. Während ich auf dieses zuschritt, blickte ich mich etwas um. Sein Zimmer war ziemlich genauso eingerichtet wie Louis', was eigentlich nicht verwunderte, immerhin waren sie beide Lehrer - Referendariat hin oder her.
Als ich mich gesetzt hatte, sagte keiner von uns etwas. Wie Greta schon mal gesagt hatte: Es würde immer eine komische Stimmung zwischen uns herrschen, das konnte man nicht eben mal wegzaubern.
Ich merkte, dass er mich ansah, weshalb ich meinen Kopf leicht nach rechts drehte, zu ihm blickte und so gut es ging lächelte.Der Referendar öffnete seinen Mund, überlegte dann jedoch erstmal, bevor er etwas sagte.
„Du bist mit ihm zusammen, oder?", sprach er dann und ich senkte den Blick.
Es war eigentlich klar, dass Max etwas wusste. Immerhin war Louis' Ausrede damals nicht mal im Ansatz glaubwürdig gewesen und dumm war mein Gegenüber nun wirklich nicht.
„Keine Sorge, ich schweige wie ein Grab", fügte er noch an, allerdings hatte ich auch nichts anderes von ihm erwartet.
„So offensichtlich?", erwiderte ich also und blickte schmunzelnd wieder auf. Der Rothaarige lachte einmal kurz auf, ehe er den Kopf schüttelte.
„Aber du standest halt schon immer auf ältere", grinste er dann, weshalb ich mich peinlich berührt wegdrehte. Natürlich musste er das einbringen.Mir kam wieder das Bild von Louis in den Kopf, wie er mich angeschaut hatte, bevor ich den Raum verlassen hatte. Es tat weh.
„Was hat er getan?", fragte Max auf einmal und ich sah wieder zu ihm.
„Wie kommst du darauf, dass er was gemacht hat?", wollte ich wissen und musterte ihn unauffällig.
Seine Haare waren etwas länger, als noch vor ein paar Jahren und im Gegensatz zu früher, war er momentan nicht glatt rasiert. Er hatte leichte Bartstoppeln, die aber dunkler als seine Haarfarbe waren.
„Weiß nicht", antwortete er dann und blickte mich an, wie als wäre das, was jetzt folgte, das Offensichtlichste der Welt, „vielleicht weil du gerade bei mir und nicht bei ihm bist?"
Ich seufzte kurz, beschloss dann aber, das Thema fallen zu lassen.
„Es ist nicht so wichtig", sagte ich, weshalb sich Max' Augenbrauen kritisch zusammenzogen, während er mich durchringend musterte.
„Aber das hier ist doch nicht unangenehm für dich, oder?", fügte ich schnell an, doch er schüttelte ebenso flink den Kopf.
„Nein, nein. Schon gut", antwortete er, jedoch sagte die Anspannung zwischen uns etwas anderes.Den darauf folgenden Tag war ich nicht zum Unterricht erschienen.
Einerseits hatte ich keine Lust darauf, den ganzen Tag neben Greta sitzen und Louis insgesamt drei Stunden sehen zu müssen, andererseits hatte ich aber wirklich Bauchschmerzen. Wobei es durchaus sein konnte, dass diese Beschwerden nicht ganz unabhängig von dem Streit waren.Ich hatte nicht bei Max geschlafen, doch ich wusste, dass Louis genau das dachte und das tat weh. Ich wusste auch, dass er deswegen sauer auf mich war, aber das war einfach nur idiotisch, immerhin hatte ich noch nicht einmal schlecht über ihn vor Max geredet.
Greta hatte sich gestern noch etliche Male bei mir entschuldigt, nachdem ich in unser Zimmer zurückgekehrt war, jedoch hatte ich sie ignoriert.
Es ging mir nicht darum, dass sie es mir von sich aus nicht gesagt hatte - das verstand ich irgendwo noch -, mich hatte verletzt, dass sie so viele Gelegenheiten gehabt hatte, irgendwas anzudeuten, doch sie hatte einfach geschwiegen. Das sollte sie endlich mal kapieren!
Louis und Greta waren die zwei wichtigsten Menschen in meinem Leben und auch wenn ich nicht so weit gehen würde, zu sagen, dass ich sie verloren habe, war es schmerzhaft, im Moment keinen von beiden an meiner Seite zu wissen.Am Freitag hatten wir glücklicherweise kein Musik bei Louis, da er heute ab zehn Uhr eine Fortbildung hatte. Ich versuchte immer noch, ihm möglichst aus dem Weg zu gehen und tatsächlich hatte mir Max heute Morgen sogar dabei geholfen. Als ich auf dem Weg zu Englisch gewesen war, waren er und Louis direkt auf mich zugelaufen, doch mein Freund war zum Glück so in seine Unterlagen vertieft gewesen, dass Max ihm irgendwas erzählen und ihn somit mit sich schleifen konnte, wodurch die beiden dann in irgendeinem Gang verschwunden waren.
Es war nicht so, dass Louis Max jetzt plötzlich mochte, aber der ehemalige Schüler war nun mal Referendar mit Fächern, die auch Louis unterrichtete, deswegen musste er mit ihm klarkommen. Auch wenn er ganz freundlich tat, konnte ich dem Braunhaarigen ansehen, dass er genervt von dem Jüngeren war. Dass er auch noch dachte, ich hätte bei ihm geschlafen, machte das ganze sicherlich auch nicht besser.Nach Englisch hatten wir dann also eine Doppelstunde Ausfall und anschließend Deutsch. Doch auch hier hatte ich wieder Glück - wir schrieben heute die Arbeit, weshalb Greta mich nicht vollquatschen konnte. Allerdings hatte sie das nach meiner gestrigen Ignoranz auch gar nicht mehr getan.
Mitten in der Deutschklausur blickte ich kurz zu der Braunhaarigen, welche ganz entspannt auf ihrem Stuhl saß, die Hände in einander gefaltet und die Blätter vor sich fein säuberlich über einander liegend. Sie war schon fertig?
Ungläubig sah ich auf die Uhr.
Ja, Deutsch war Gretas zweite Muttersprache, aber dass sie eine ganze Klausur in nur zwanzig Minuten schrieb, erschien mir dann doch etwas merkwürdig.
Ich blickte wieder zu der Braunäugigen und bemerkte, dass sie Mr Styles immer wieder unauffällige Blicke zuwarf.Vielleicht war ich ja nicht die Einzige, die unter dieser ganzen Sache litt ...
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They Don't Know About Us || l.t. ; h.s. ✓
Fanfiction❝ One touch and I was a believer. ❞ ©2018, neliery und Moenqueen „Weißt du was? Wir werden die alten Damen sein, die im Altenheim Ärger machen." ~ Greta zu Nia ***** Etwas Verbotenes zu tun, hat immer einen bestimmten Reiz, vor allem für die beiden...