cincuenta y cuatro: Die Demotivation einer ganzen Klasse

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N I A

Hektisch rannte ich an meiner braunhaarigen Freundin vorbei ins Badezimmer, schnappte mir meine Zahnbürste und schrubbte drauf los. Wir waren heute verdammt spät dran, da Gretas Handy mitten in der Nacht den Geist aufgegeben hatte und somit auch unser einziger Wecker nicht mehr funktionstüchtig gewesen war. Also hatten wir solange geschlafen, bis mein innerer Wecker mich aus meinem Traum gerissen und mit Schrecken auf die Uhr schauen gelassen hatte. Eine knappe halbe Stunde hatte ich mich selbst zu spät geweckt, wodurch wir nun ziemlich im Stress waren.
Schnell entleerte ich meinen Mund, schlüpfte aus meiner Schlafhose und versuchte dann, mir gleichzeitig meine Schuluniform-Hose anzuziehen und meine Haare zu kämmen. Doch das funktionierte nicht so wirklich - ich ließ die Bürste fallen, weshalb Greta sich so erschreckte, dass ihr ihr Handy entglitt, wodurch ich mich wiederum so erschreckte, dass ich mir, während ich die Bürste aufhob, meinen Kopf an der Türklinge des Badezimmers anstieß.
„Oh fuck", stöhnte ich, als ich mir den Hinterkopf rieb und blickte zu meiner Freundin. „Wir dürfen nie wieder verschlafen!"
Die Braunäugige nickte nur zustimmend, anscheinend war sie immer noch zu müde für eine ordentliche Konversation.

Als wir dann überraschend pünktlich vor Mr Styles' Raum standen, da wir jetzt Biologie hatten, war niemand aus unserer Klasse weit und breit zu sehen. Fragend schauten wir uns an.
„Sind die schon drin?", fragte Greta und klopfte, ohne auf eine Antwort zu warten, an die Tür.
Nichts regte sich.
Ich kräuselte meine Stirn.
Und mit einem Mal fiel es mir wieder ein.
„Scheiße, Greta, welcher Tag ist heute?", rief ich, doch eigentlich war dies eine rhetorische Frage, weshalb ich, ohne auf sie zu achten, mich wieder zu unserem Zimmer begab.
„Irgendwas im November?", vermutete sie und folgte mir verwirrt. Ich verdrehte die Augen, da sie sich noch nicht mal mit dem Monat sicher war.
„Weißt du überhaupt, welches Jahr wir haben?", spottete ich und sie grinste triumphierend.
„2015!", rief sie und ich klatschte in die Hände.
„Ja, fein! Super gemacht, Greta!", lobte ich sie mit piepsiger Stimme, weshalb die Braunhaarige nur stumm weitergrinste und mich ein paar Mal anblinzelte, bis ihre Gesichtszüge fielen und sie mich wieder ernster ansah.
„Aber jetzt mal ernsthaft. Was weißt du, was ich nicht weiß?", fragte sie wieder und ich sah zu ihr, während ich unsere Zimmertür öffnete und eintrat.
„Dass Mr Styles und du zusammengehört, zum Beispiel", antwortete ich, schritt zu meinem Schrank und zog den Pulli für unsere Ausflüge daraus.
Greta setzte sich auf ihr Bett und kugelte die Augen, als sie meine Worte hörte. Dann blickte sie verwirrt zu dem Kleidungsstück in meiner Hand.
„Nia?", meinte sie und ich beschloss, sie endlich aufzuklären.
„Greta, heute ist Dienstag, der dritte November 2015", erklärte ich und sie hob ihre Augenbrauen. Euphorisch sprach ich weiter: „Wir fahren heute zusammen mit Louis ins Mathematikum!"
Es blieb ruhig.
Meine Freundin sah nicht wirklich begeistert aus und auch ich ließ meine gespielte Freude nun der eigentlichen Demotivation weichen.
„Ich wusste gar nicht, dass es sowas in London gibt", meinte meine Gesprächspartnerin dann schlecht gelaunt und ich sah zweifelnd zu ihr.
„Du wusstest noch nicht mal, welchen Monat wir gerade haben", gab ich zu bedenken, doch die Braunäugige brummte nur genervt und sah weg.
„Ich hab' doch November gesagt!", murmelte sie.
„Soll ich dir was sagen, was dich noch viel mehr aufregen wird?", fragte ich dann und meine Freundin drehte ihren Kopf wieder zu mir.
„Lieber nicht", sagte sie, doch ich ignorierte das.
„Wir hätten uns gar nicht so einen Stress machen müssen, wir fahren nämlich erst in einer halben Stunde los."
Auf diese Aussage folgte ein paar Sekunden lang eine Totenstille, bis diese dann durch leidende Geräusche unterbrochen wurde.
„Mein Handy ist ganz umsonst runtergefallen!", jammerte die Jüngere, während sie sich theatralisch auf den Rücken fallen ließ, weshalb ich ihren Pulli aus ihrem Schrank nahm und ihn ihr mitten auf's Gesicht warf, um die Unruhequelle still zu stellen.

Pünktlich zum vor Wochen vereinbarten Treffpunkt hatte sich die ganze Klasse auf dem Schulhof versammelt und stand nun vor dem Reisebus, mit dem wir damals schon zu dem Basketballspiel gefahren waren.
Ein paar Minuten später kam Louis mit einer Liste in der Hand auf uns zugeschritten und blieb schließlich vor uns stehen.
„Morgen!", begrüßte er uns fröhlich, bekam von den meisten allerdings nur ein verschlafenes Gemurmel entgegengebracht.
„Also gut", meinte er dann, blickte von der Liste zu uns, wieder zur Liste und schließlich wieder zu uns. „Seid ihr vollständig?"
Anscheinend hatte er keine Lust, zu zählen.
Wieder ging ein zustimmendes Gebrumme durch die Masse, weshalb Louis zufrieden nickte und uns mit einer Handbewegung befahl, ihm in den Bus zu folgen.

Bei dem Museum angekommen, bemerkte ich, dass die Stimmung meiner Freundin sich immer noch nicht wirklich verbessert hatte und dass das nur an dem Gebäude, vor dem wir gerade standen, lag, konnte ich mir nicht vorstellen.
„Greta?", wandte ich mich also als gute Freundin an sie und erlangte somit ihre Aufmerksamkeit. „Bist du traurig, weil du durch den Ausflug Mr Styles heute nicht siehst?"
Sie blinzelte mich nur stumm an, bis sie ihren Kopf ganz einfach wegdrehte und unserem Mathe- und Physiklehrer in das Mathemuseum folgte.
In mich hineinlachend blieb ich hinter ihr und genoss den Blick, den sie mir zugeworfen hatte.
Ich wusste, dass ich sie mit diesen ständigen Seitenhieben nervte und das genoss ich. Aber ich wusste auch, dass sich meine Theorie niemals bewahrheiten würde, denn wenn Greta irgendwann schon mal zumindest ein paar Minuten länger, als sie eigentlich sollte, an unseren jungen Deutschlehrer gedacht hätte, hätte sie mir das auf jeden Fall erzählt.

They Don't Know About Us || l.t. ; h.s. ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt