G R E T A
„Hast du dein Kleid?", fragte ich Nia aufgeregt, woraufhin diese nickte.
„Alles dabei", bestätigte mir meine beste Freundin und ich lächelte in mich hinein, froh über den Gedanken, schon bald ein langes Kleid anziehen zu können. Ich liebte lange Kleider, aber nie gab es einen richtigen Anlass, um sie anzuziehen.
„Ihr habt alles", beruhigte Nat uns und hob auch meinen Koffer vom Gepäckband, um ihn mir vor die Füße zu stellen. Dies war keine Tat aus brüderlicher Zuneigung, ich hatte mich nur einfach geweigert, es selbst zu tun. Nach der dritte Runde und zehn Minuten längerer Wartezeit hatte er sich endlich dazu herabgelassen. Jetzt waren wir auf dem Weg zum Taxi, das uns abholen sollte.
„Glaubt ihr, auf dieser Veranstaltung sind nur Nerds?", fragte uns Ash nachdenklich.
„Ja, dann passt es doch perfekt für dich", entgegnete ich trocken und lief etwas schneller, um zu Max aufzuholen, der den gelben Wagen mittlerweile schon gefunden hatte und seinen Koffer selbst in den Kofferraum zu hieven, statt es dem Fahrer zu überlassen. Er nahm mir auch den meinen ab, woraufhin ich mich mit triumphierendem Blick zu meinem Zwilling umdrehte.
„Schau, er ist ein Gentleman", stellte ich klar, „ganz im Gegensatz zu dir."
Nat zuckte ungerührt mit den Achseln, stellte seinen Koffer neben meinen und setzte sich ins Auto.
„Du weißt, dass der Platz nicht für alle reicht?", meinte er dann. „Also würde es gar nichts bringen, Nias und Ashs Koffer auch noch hier reinzupacken."
Etwas verspätet fiel mir auf, dass er Recht hatte. Frech warf ich meiner besten Freundin einen letzten Blick über die Schulter zu, bevor ich ganz einfach einstieg. Hauptsache, ich musste nicht länger auf das nächste Taxi warten. Wenn Blicke töten könnten, wäre ich wohl gerade gegrillt worden, doch da Nia diese Fähigkeit nicht besaß, winkte ich ihr noch einmal zu, bevor sich das Fahrzeug in Bewegung setzte und Richtung Hotel fuhr.Da Nia aus mir natürlich vollkommen unerklärlichen Gründen noch nicht da war, als wir das Hotel erreichten, ging ich allein in unser Zimmer und staunte nicht schlecht. Zwar gab es nur ein Doppelbett, dafür ließ das Fenster einen Ausblick auf ganz Brüssel zu und durchflutete das in hellen Farben eingerichtete Zimmer mit Licht. Grinsend ließ ich mich auf das große Bett fallen und griff gleich darauf nach meinem Handy, um Harry anzurufen. Ich hatte ihm versprechen müssen, mich sofort zu melden, nachdem ich sicher angekommen war.
Schon nach dem zweiten Klingeln hörte ich seine vertraute Stimme.
„Und, schon mit der Arbeit angefangen? Oder hat euch Mr Primark vor der Gala noch nicht dazu gezwungen, Klamotten für seinen Laden herzustellen?"
„Du bist blöd", grummelte ich und wusste, dass ich ihm einen leichten Schlag auf die Schulter gegeben hätte, säße er gerade neben mir.
„Ich weiß doch", gab er zurück. Aus seiner Stimme konnte ich ein breites Grinsen heraushören.
„Wie war der Flug?", stellte er dann seine erste ernstgemeinte Frage und ich hob gleichgültig die Schultern, obwohl er mich nicht einmal sehen konnte.
„Na ja, ein ganz normaler Flug eben. Ich war zwischen Nia und Nat eingequetscht, obwohl ich eigentlich am Fenster sitzen wollte. Nat hat mir den ganzen Flug über vorgeheult, dass er eigentlich neben Ash sitzen wollte und ich seinem besten Freund den Platz geklaut hätte, während Nia die komplette Zeit über geschlafen hat. Und ein kleines Kind hat ständig geschrien - das hätte ich am liebsten aus dem Fenster geworfen."
„Ich sehe schon", meinte Harry darauf, „du wirst unseren Kindern eine liebende Mutter werden, Greta."
„Unsere Kinder werden nie so schlecht erzogen sein", grummelte ich, „dafür sorge ich schon."
„Was für eine Familienplanung unterbreche ich hier gerade?", unterbrach mich die vertraute Stimme meiner besten Freundin und ich fuhr herum.
„Harrys und meine", erklärte ich ihr vollkommen ernst. „Ich habe gerade klargestellt, dass ich jedes Kind aus dem Fenster werfen werde, das so plärrt wie das olle Blag im Flugzeug. Das war doch nicht mehr normal!"
„Mit wem redest du?", wollte Harry verwirrt wissen und ich stellte ihn laut, sodass auch Nia ihn hören konnte.
„Hi, Harry", sagte diese und ließ sich neben mich auf das gemütliche Bett plumpsen.
„Wer hätte es auch sonst sein sollen?", fragte mein Freund rethorisch und seufzte danach theatralisch. „Nie kann ich alleine mit meiner Freundin reden."
„Tja", machte ich nur, „Nia kriegt halt alles irgendwie mit. Wir sind Mädchen und beste Freundinnen dazu. Das machen die nunmal so. Männer sind eben nicht so feinfühlig, was Beziehungen ihrer Kumpels angeht."
„Ich will über die Beziehungen meiner Kumpels einfach nichts wissen", korrigierte Harry. „Das grenzt schon an Verletzung der Privatsphäre."
„Wenn es dich so stört, solltest du vielleicht eher schwul werden und einen Freund finden", lachte ich.
„Ich habe doch schon dich", entgegnete er.
„Stimmt", bestärkte ich ihn sogar noch, „ich bin Nats andere Hälfte und da Nat eindeutig männlich ist, bin ich also die weibliche Hälfte eines Mannes. Bin ich dann noch ein Mann?"
„Greta", sagte Harry langsam, „ich hoffe doch, dass du in Biologie wenigstens so gut aufgepasst hast, dass du weißt, welches Geschlecht du hast. Sonst würde mir das große Sorgen bereiten."
„Also du weißt doch sicher, was für ein Geschlecht Greta hat", mischte sich Nia ein und ich starrte sie ungläubig an.
„Du hast nicht wirklich gerade einen Sexjoke in Anwesenheit deines Lehrers gemacht, oder?", hakte ich entgeistert nach und sie grinste.
„Doch, aber das ist schon okay. Schließlich unterrichtet er auch Bio."
Ich schloss die Augen, massierte mir die Schläfen und fragte mich nun auch, ob ich Nia für die Zeit meines Telefonats nicht doch hätte rausschicken sollen.
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They Don't Know About Us || l.t. ; h.s. ✓
Fanfiction❝ One touch and I was a believer. ❞ ©2018, neliery und Moenqueen „Weißt du was? Wir werden die alten Damen sein, die im Altenheim Ärger machen." ~ Greta zu Nia ***** Etwas Verbotenes zu tun, hat immer einen bestimmten Reiz, vor allem für die beiden...