veintiocho: Nat, der Tagebuch-Eindringling

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N I A

Grinsend kam mir meine braunhaarige Freundin entgegen.
„Es lief super!", schwärmte sie sofort los, als sie bei mir ankam und ich zog meine Augenbrauen empor. Wie konnte Greta nach einer Mathearbeit behaupten, dass es super gelaufen war?
„Gut, eventuell hatte ich auch wenig Unterstützung", fügte sie also an, zog ihre Mundwinkel noch etwas weiter nach oben und hob dann abwehrend die Arme. „Aber ich habe nicht drum gebeten."
Mit der Jüngeren im Schlepptau machte ich mich auf den Weg zu unserem Zimmer.
„Hat Mr Tomlinson dir doch sein Lösungsblatt gegeben, oder was?", fragte ich belustigt nach und die Braunäugige schüttelte den Kopf.
„Nein, nicht Mr Tomlinson", kurz kräuselte sich ihre Stirn. „Der hat glaube ich wirklich kein Lösungsblatt, so wie der drauf ist."
„Nicht Mr Tomlinson?", wiederholte ich fragend und die Größere drehte sich wieder grinsend zu mir.
„Ja. Mr Styles."
Das war ja klar.

Kurz bevor wir in unser Zimmer eintreten konnten, trat Mr Tomlinson in unsere Blickfelder.
„Ah, Nia!", sprach er und kam direkt auf uns zu, „Kommst du dann bitte morgen nach dem Unterricht zu mir?"
Unmotiviert nickte ich und er zog einen Mundwinkel, zur Andeutung eines Lächelns, nach oben, bevor er auch noch Greta kurz zunickte und dann an uns vorbei schritt.
„Ähm, was?", wandte diese sich perplex an mich und ich ließ mich leicht genervt auf mein Bett fallen.
„Weil dein Bruder so schlecht in Mathe ist, muss ich jetzt nachsitzen", schnaubte ich, doch meine Freundin blickte mich nur schelmisch grinsend an.
„Na, immerhin bei Mr Tomlinson."
Genervt verdrehte ich die Augen, doch antworten tat ich darauf nichts.

Schlecht gelaunt, aber irgendwie auch leicht aufgeregt, schlenderte ich am nächsten Tag von den Kunsträumen rüber zu Mr Tomlinsons Klassenzimmer.
Es war unfassbar, wie ich immer dafür bestraft wurde, sozial zu sein! Immerhin hatte Nat mich nach der Lösung zu einer Aufgabe gefragt, nicht ich ihn.

Leise schallte mein Klopfen im Flur und ich umgriff wartend die Träger meines Rucksackes.
Die Tür vor mir wurde mit einem Ruck aufgerissen und ich wurde von blauen Augen fröhlich angefunkelt. Wortlos trat er zur Seite und ich betrat den Raum, ehe ich mich nach vorne begab und mich auf einem der Stühle direkt vor dem Lehrerpult niederließ.
Mr Tomlinson war mir gefolgt, hatte sich auf seinen Stuhl gesetzt, blickte mich nun an und faltete die Hände ineinander.
„So", begann er, „ich habe keinen Arbeitsauftrag vorbereitet."
Überrascht zog ich meine Augenbrauen nach oben.
„Ich muss dich zwar dafür bestrafen, dass du deinen Mitschülern die Lösungen einer Arbeit verraten hast, aber ich kann dich nicht dafür bestrafen, dass du deinen Mitschülern die Lösungen einer Arbeit verraten hast."
Mein Mund öffnete sich leicht und ich verzog mein Gesicht vor Verwirrung. Was wollte er mir sagen?
„Also habe ich mir gedacht, dass wir einfach ein bisschen über uns erzählen", erklärte er und lächelte mich unsicher an. Ich blieb stumm. Meinte er das ernst oder verarschte er mich gerade?
„Ich heiße Louis William Tomlinson, wurde am 24.12.1991 in Doncaster geboren, bin jetzt also 25, und habe sieben Geschwister. Außerdem liebe ich es, Fußball zu spielen."
Auffordernd blickte er mich an. Anscheinend meinte er es ernst.
„Ähm ... ich heiße Nia Wilson, bin 18 und habe am 1.4. Geburtstag. Ich hab' 'ne ältere Schwester", erzählte ich und rutschte unsicher auf meinem Stuhl herum. Es musste doch irgendwas Interessantes über mich geben, dass ich ihm erzählen konnte!
„Hast du denn Haustiere?", fragte mein Lehrer mich und mir viel eine alte Kindheitsgeschichte ein.
„Ich hatte mal ein Tagebuch", begann ich also und er blickte ein wenig verwirrt zu mir. „Da war ich so um die sechs Jahre alt. Es war so eins mit Spracherkennung. Eines Nachmittags jedenfalls kamen Greta, Nat und ihre Eltern zu uns und wir sind in mein Zimmer gegangen. Dort lag allerdings noch mein Tagebuch auf dem Boden, weil ich zuvor etwas hineingeschrieben hatte. Also nahm Nat es sich und fragte mich nach dem Passwort. Ich sagte es ihm natürlich nicht, doch irgendwie hatte er es am Ende doch rausgefunden. Dann hat er seine Stimme solange verstellt, bis mein blödes Tagebuch seine Stimme als meine erkannt hat und sein 'Locke' - was übrigens der Name meines Meerschweinchens war - angenommen hatte."
Der Braunhaarige gegenüber von mir hatte mich kein einziges Mal unterbrochen, doch seine Mundwinkel zuckten vor Belustigung.
„Jedenfalls hat Klein-Nia damals einen riesengroßen Schrecken bekommen, denn in dem Tagebuch stand etwas, was Nat auf keinen Fall lesen sollte."
Nun funkelten mich seine blauen Augen neugierig an.
„Ich war nämlich in Nat 'verliebt', aber den Eintrag hatte ich zum Glück in ein Fach gepackt, das man separat nochmal mit einem Schlüssel aufschließen musste."
Der Ältere legte den Kopf schief.
„Du warst in Nat verliebt?"
Ich grinste ihn an.
„Ja. Ich war sechs. Er war bestimmt meine ganz große Liebe", meinte ich, woraufhin der Blauäugige leise auflachte und leicht den Kopf schüttelte.
„Auf jeden Fall endete die Geschichte damit, dass Greta ihrem Bruder den Schlüssel gegeben hat - davon gab es nämlich zwei und ich hatte ihr mal als Freundschaftsbeweis den anderen gegeben - und er es gelesen hat."
Nun lachte der Mann vor mir lauter und ich schaute ihn schmollend an.
„Das ist nicht lustig! Das war richtig peinlich!", sagte ich, doch auch meine Mundwinkel hoben sich und ich begann zu lachen.
„Seitdem führe ich jedenfalls kein Tagebuch mehr."
Daraufhin ertönte ein mitleidiges Raunen von meinem Lehrer.
„Ich hab' nie Tagebuch geschrieben", erzählte er dann, „dafür bin ich viel zu faul."
Belustigt blickte ich ihn an.
„Das von einem Lehrer zu hören", meinte ich und schüttelte grinsend den Kopf, worauf er nur abwehrend die Schultern hob.
„Lehrer sind eben auch nur Menschen, nicht wahr?"

They Don't Know About Us || l.t. ; h.s. ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt