die Trauer in unseren Herzen.

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Zwei Wochen waren vergangen.
Ich spürte wie der dichte Nebel in meinem Kopf mir jegliche Sinne raubte. Es waren die Tabletten. Es war dieser Ort.
Es waren diese Menschen und dieser manipulative Facharzt.
Dieses Miststück von pseudoreligiösem Irren!
Ich wollte nichts sehnlicher als diese verdammte Tür eintreten und schreien. Auch außerhalb der Sprechstunden und Sitzungen, in denen ich meinen Gemütszustand nicht beherrschen wollte und größtenteils fluchte.
Sicher wurden meine Eltern bereits über meinen verschlechterten Zustand informiert. Mit Sicherheit wussten sie davon und auch von dem Rat mich länger hier zu behalten. Natürlich... wie auch meinen Bruder.
Ich begann gegen die Wände zu treten und hätte mir dabei beinahe einen Zeh gebrochen. Aber ich konnte nicht anders. Ich wollte dieses ganze Gebäude wenn nötig abbrennen oder abreißen. Vielleicht auch einfach in Dung versinken lassen. Und die anderen schreienden Patienten fühlten sich womöglich nicht anders. Ob es zu dieser Zeit an den Drogen lag oder einfach an meiner schwindenden Geduld, ich wusste es nicht. Aber ich wusste, ich wollte hier heraus.
Und dann war mein Faden an Selbstachtung und Kontrolle fünf Tage später endgültig gerissen.
Ich schrie wie ein Irrer und hörte mich beiweilen schon doppelt.
Mein Hals war rau und meine Stimme schien aufzugeben aber ich konnte nicht. Die Wut veränderte sich in Verzweiflung und Raserei. Und so riss ich an dem Knauf der Tür und schrie. Schrie so laut, dass ich selbst mich fürchtete.
Aber ich war nicht der einzige und ob es mich unterstütze oder nicht... wie ein Chor begannen die Menschen der anderen Zimmer sich mir anzuschließen. Selbes Problem... selbe Krankheit... selbe Wut.
„Pearl, Pearl, Pearl!"
Ich wollte dass die ganze Welt es hörte. Sollten sie wissen wie es mir erging.
Sollte ich daran sterben!
Aber ich würde nicht ungehört sterben! Niemals meine innere Autorität aufgeben.
Andere Namen hörte ich. Namen die wie plätschernde Gewässer klangen. Terra, Armin, Giugno.
Namen wurden so voller Inbrust geschrien, dass ich sie bald auswendig kannte. Bald war ich so heiser, dass ich das Schreien für einige Tage aufgeben musste.
Die Sitzungen beendete ich mit fliegenden Stühlen oder prägnanten Diskussionen die ins Nichts führten.
Aber meine Versuche blieben nicht aus.
Ich konnte nicht mehr und je länger ich mit blutig geschlagenen Fäusten auf die Wand einhämmerte, an meiner Situation veränderte sich nichts. Wie sollte es auch. Und auch wenn sie mir ein Loch in den Schädel bohren sollten. Egal.
Es. War. Egal.
Meine Haare lagen wirr um meine Schultern. Meine Augen brannten und meine Lippen waren spröde. War ich bereits mein Bruder? Das Verhalten glich ihm, jetzt auch noch das Aussehen?
„Mein Herz ist eine reinste Wüste," ich verstand jetzt was er damit sagen wollte.
Ich verstand wie er sich fühlte. Und doch merkte ich wie ich selbst immer weniger spürte. Kälte umschloss mein Inneres je dichter der Nebel in meinem Kopf wurde und die Gedanken: „Bleib stark, widersetze dich," verblassten mit der Zeit.
Wenn ich daran denken wollte, wurde alles nur noch nebliger, nur noch stickiger und ich wollte erneut zu schreien beginnen.
Himmel... wer hätte gewusst was passiert wäre, wenn ich noch eine Woche länger geblieben wäre?
Die Schreie der anderen verebbten im Meer aus Plagen und Nöten die wir in die Welt herausschreien wollten. Und jetzt war alles still. Wie nach einem Sturm, oder davor?
Waren unsere Schreie der Sturm gewesen, oder nur der brausende Wind?
Die ersten Zeichen eines Unwetters?
Sprachlos. Das war ich, als ich meines Vaters Stimme das erste mal seit drei Wochen und vier Tagen hörte. Und sie ließ mich erschaudern. Auch wenn der Nebel mich meiner Sinne beraubt hatte verstand ich doch was er sagte.
Er hatte an der Tür geklopft und als ich nicht antwortete war er eingetreten.
Einfach so. Und ich sah schrecklich aus. Scham und Angst ließen mich erzittern.
Der Pfleger, der mich seit Tag eins begleitete lehnte an der Wand und während ich meinen Vater nur mit scheuen Rehaugen anstarrte erkundigte sich dieser über meinen Zustand. Musste er das? Sah er es nicht?
Warum war er hier?
Um Himmels Willen warum war er hier?!
Stand und Ehre waren ihm auf einmal egal? Das konnte es nicht sein...
Mein Pfleger war ein netter Mann, streng, aber alles andere als steif. Er lehnte lässig an der Wand, fuhr sich über sein rasiertes Kinn und schaute meinen Vater mit Mandelaugen an, die Nettigkeit und Vertrauen zeigten. Die passive Aggressivität die er mir gegenüber zeigte, schien wie weggeblasen.
„Ich will ihn nicht mitnehmen, wenn sie das glauben. Seht ihn euch an, das ist weder mein Sohn, noch ein Fremder. Er ist ein Irrer,"
sagte mein Vater schließlich und ich brauchte viel zu lange um das Gesagte zu begreifen. Doch nun tat ich es.
Da alle meine Tränen verbraucht schienen schluchzte ich beim Klang seiner Worte laut auf und vergrub meine roten Augen in meinen Ärmel.
„Es war ein Fehler her zu kommen, vermute ich. Dennoch will ich ihn nicht hier lassen. Könnt ihr euch beeilen mit was auch immer ihr tut und aufpassen, dass er seinen Körper nicht noch mehr schindet?"
Er schaute auf meine Hände voller blauer und roter Blutergüsse. Von den Verbänden die um meine Knöchel gebunden waren abgesehen.
Dann kniete er sich zu mir und meine ängstlichen Augen schienen ihm nicht entgangen zu sein.
Langsam hob er seine hageren Finger und fast schon zu zart für meinen Vater berührte er meine Wange, dann meine Hände und nahm sie in seine.
„Hör bitte auf dir weh zu tun. Ich will dich nicht auch verlieren." Ich stutzte.
Was?
Was?!
Mein Vater, der starrste, autoritärste, strengste und herzloseste Mann den ich kannte nahm meine hässlichen Hände in seine und sagte solche Worte?
Vielleicht war ich ihm doch etwas wert als Sohn?
Diesen Gedanken verbannte ich, schon zu oft hatte mein Vater mich mit Worten verletzt, zu oft hatten kleine Taten von ihm mich tief erschüttert.
Aber vielleicht doch...
Im Nachhinein wusste ich, dass ich doch etwas war, und stolz, wenn auch nur auf die Position sein Sohn zu sein. Ehrenwert war er allemal.
Aber in diesem Moment konnte ich nicht anders als auf dem Bett zu sitzen und ihn mit bebendem Herzen zuzusehen.
Aber er verließ das Zimmer wieder, er ließ mich alleine, die Tür fiel schwer und der Schlüssel drehte sich knarzend im Schloss um mich auszulachen.

Hallo ihr Lieben*-*
Tut mir leid dass das so lange gedauert hat, aber aus gesundheitlichen Gründen konnte ich die schon geschriebenen Kapitel nicht regelmäßig hochladen. Deshalb hole ich das jetzt nach ^-^
Ich wünsche euch noch einen schönen Abend.

Sirens___Ein tödlicher KussWo Geschichten leben. Entdecke jetzt