Damika war die Mörderin meines Bruders. Pearl hatte mich beinahe getötet.
Mein schwaches Herz spielte beide Szenarien in Dauerschleife ab. Bald würde es zerbrechen und an den Klippen zerschellen.Als Armin sich erholt hatte saßen meine Zweifel und Ängste so tief in mir, dass jeder Gedanke an meinen Tod mich schmerzte.
Genauso wie die Zweifel wuchs jedoch meine Begierde und Zuneigung zu dem Wesen, welches meine Schulter mit roten Lippen geküsst hatte.
Diese Lippen wollte ich auf meinen spüren. Ich wollte Pearl bei mir wissen. In jeder Minute. In jedem Moment. Und doch machte mich ihre Anwesenheit nervös und Angst schlich sich in meine Knochen. Zwei paradoxe Gefühle in mir ertränkten mich in einem Meer aus Ungewissheit.
Die betörenden Lippen des Monsters kreisten in meinen Gedanken und meine schmerzende Schulter wirkte mit einem Mal gesegnet.
Gesegnet von dem Mund eines Engels.Drei Tage nachdem ich mein Zimmer wieder für mich hatte wütete ein dunkles Gewitter vor meinem Fenster.
Der Regen peitschte gegen das Glas und warf Ziegel von jeglichen Dächern. Es donnerte und grelle Blitze zuckten über den rabenschwarzen Himmel. Meine Eltern waren geschäftlich unterwegs und ich hätte normalerweise bloß in meinem Zimmer gesessen und gelesen, wenn ich mich nicht lebensmüde nach Pearl sehnte.
Also ging ich bei diesem Höllenwetter hinaus. Eingepackt in dicke Jacken und mit dem Vorwand mir ein neues Buch zu holen, weil ich das alte heute morgen fertig gelesen hatte.
Also einfach Tonino besuchen und unauffällig nach Pearl Ausschau halten.
Was ich dort jedoch auf dem Meer sah war nicht was ich erwartet hatte.
Sie alle standen dort mit dunklem Haar und monströsen Augen. Wie Geisten krochen sie an den Strand und ihre Schritte waren gedämpft im Sand, als schwebten sie wie Geister.
Ihre Abendkleider klebten an ihren Körpern und die langen nassen Haare liefen wie Gebirgsflüsse ihren Rücken hinab.
Ohne gesehen zu werden liefen die Sirenen an mir vorbei. Ihre nackten Füße färbten den nassen Boden blutrot.
Was wollten sie? Einen Völkermord begehen?
Das ganze Dorf auslöschen?
Mein Herz raste.
Einerseits vor Angst vor meinem Tod und dem vieler anderen. Aber noch mehr davor, dass die Sirenen entdeckt würden. Die Monstergeschichten waren noch nicht verklungen. Die Legenden und Mythen noch lebendig...
Was war in sie gefahren?
Als ich ihnen weiter folgen wollte waren sie verschwunden.
Hektisch blickte ich mich um.
In diesem Moment berührte mich eine weiße Hand an der Schulter. Ich zuckte zurück und sah Pearl vor mir stehen.
Ihr nasses Haar klebte auf ihrer Stirn.
„Was macht ihr hier?" brachte ich hinaus.
„Wir beten zum Donner."
„Das ist blasphemisch, findest du nicht?"
„Ein wenig vielleicht. Aber unsere Götter sind ein wenig anders als deiner. Das soll nicht bedeuten keiner von ihnen existierte."
„Du bist gläubig?"
„Ich bin eine Sirene, ich bin nicht menschlich."
Diese Antwort verwirrte mich.
„Was machst du hier?"
„Ein Buch kaufen."
„Schlechter Moment, wie immer Zenon. Bei jedem Gewitter gehen wir berserk merke es dir."
„Wegen des Donners?"
„Wegen des Meeres. Schau wie es schreit."
Die rauschenden Wellen preschten an den Strand.
„Das gefällt euch nicht?"
„Ganz im Gegenteil, es ist herrlich," sprach Armin, die ihren Arm um mich legte und mich so sehr erschreckte, dass ich ganz blass wurde.
„Ich verstehe das nicht."
„Du bist menschlich, das ist normal."
„Ihr seid doch Irre, was wenn euch jemand sieht! Habt ihr die Geschichten vergessen?"
„Und wir sollen uns verstecken? Sollen wir vor euch Menschen kriechen? Uns beugen? Glaubst du ihr seid superior? Du Narr. Wir sind euch bei Weitem überlegen!" Irenes Augen glühten und hinter ihr legte Talia ihre Arme um sie wie ein Ehemann um seine Frau.
Talia grinste und legte ihre Wange an die von Irene.
So vertraut und eng wirkten diese Beiden miteinander, dass ich meine Stellung als nichts-bedeutender-Mensch sofort annahm und schuldig nickte.
Pearl jedoch stellte sich vor mich. Armin hielt meinen Arm noch immer umschlungen.
Pearl fauchte:„Er gehört zu mir, also geht!"
Talia grinste, nahm Irenes Hand und ging mit ihr.
Das Gebet der Götter war wohl beendet, der Regen war zu einem leisen Plätschern geworden. Erst jetzt merkte ich die Kälte durch meine nassen Kleider.
„Gehen wir zu dir?"fragte Pearl mich, die eben noch Armin mit eifersüchtigem Fauchen von mir gezogen hatte.
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Sirens___Ein tödlicher Kuss
FantasyWesen aus alten Legenden. Älter als manche Götter und reiner als die See. Weiser als Gelehrte und tödlicher als Schwerter. Verführerisch und eisig wie das Meer. Sirenen... -Informationen im ersten Kapitel - ^-^ Viel Spaß beim Lesen. LG JCsirens ...