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Mein Gefühl für Zeit ließ nach. Es könnten Tage vergangen sein. Vielleicht aber auch nur Stunden.
Ich wusste es wirklich nicht, denn ich wusste nicht einmal warum ich jetzt neben meinem Vater stand und ich merkte erst jetzt dass er mit mir redete.
Aber Wörter hörte ich nicht. Ich sah nur, wie sich seine Lippen bewegten. Er hielt den blutigen Stoff in der Hand, mit dem ich Pearl verbunden hatte.
Eigenartig...
Ich war nicht fokussiert genug um nachzudenken.

Das nächste Mal passierte es mir, als ich neben Tonino stand. In seinem Zimmer.
Diese Lücken in meinem Verstand wurden häufiger und wenn ich wirklich wach war, war ich einfach verwirrt. Nicht bei mir.
Erst dachte ich es läge an den Tabletten aber vielleicht auch an der Sirenen-Geschichte. Keine Ahnung. Es verwirrte mich. Und wenn ich so nachdachte dann erinnerte ich mich ebenso nicht an das letze Mal, an dem ich tatsächlich geschlafen hatte.
Waren jetzt zwei Tage vergangen? Oder sogar drei?
Ich schüttelte meinen Kopf, nachdem ich ihn unter eiskaltes Wasser gehalten hatte.
Ich war irre.
Ich war mein Bruder.

Das nächste Mal als ich wach wurde merkte ich, dass ich lächelte.
Ich stand auf dem Balkon. Ich roch die salzige Luft. Es war früh morgens und die Sonne ging gerade auf. Oder war es Abend? Es war Morgen... denn es wurde immer heller.
Ich hatte nicht gemerkt, dass ich auf dem Weg zum Strand war aber wo ich schonmal lief fühlte es sich richtig an und ich ging weiter.
Mein Bruder war oft unfokussiert gewesen und hatte wie ein ängstliches Reh mitten im Gespräch angefangen sich zu verstecken oder zu fragen, wo er gerade sei.
Ich vermute mal dass mein Kopf in diesen Tagen wie seiner war. Aber das würde auch wieder enden. Ganz bestimmt. Warum ich mich nicht davor fürchtete wusste ich nicht. Warum es für mich normal war... womöglich weil ich gar keine Kraft hatte mich auf irgendetwas zu konzentrieren.

Jetzt aber bemerkte ich warum ich so glücklich war. Ich sah Pearl.
Sie saß im Wasser als hätte sie auf mich gewartet. Vielleicht war jetzt mein Verstand klarer. Mit jedem neuen Schritt schien der Nebel in meinem Verstand sich zu lichten. Mit jedem Schritt wurde die Welt um mich herum klarer.
Ich watete ins Wasser und betrachtete ihren riesigen Fischschwanz. Nicht rabenschwarz wie Nachts beim jagen, sondern eisig blau wie ihre Augen. Gletscherblau. Das schönste Blau auf dieser Welt.  Ihre Haare glitten lang und nass in platinblondem Schein ins Wasser. Wunderschön...
Sie streckte ihre Hand aus. Ich schmunzelte. Zwischen ihren Fingern und unter ihren Achseln wuchsen zarte Häute die im Licht glitzerten.
Immer noch leicht verwirrt ließ ich meinen Körper sacken und saß ihr nun gegenüber.
„Oh Zenon. Lass mich dir helfen, ja?"
„Mit was?"
Ihre Augen schenkten mir einen mitfühlenden Blick.
Aber je länger das kalte Wasser auf ihrer Haut an meiner Wange lag, desto schneller konnte ich klar denken und die Müdigkeit abschütteln.
„Wann hast du das letzte Mal geschlafen?"
„Ich weiß nicht. Wann haben wir uns das letze Mal gesehen?"
„Vor drei Tagen."
Ihre Stimme war monoton. Aber sachte.
In ihren Augen jedoch lag Angst und Schuld.
„Ich kann mich neuerdings nicht wirklich konzentrieren. Entschuldigung."
„Mach dir keine Sorgen. Ich verstehe..."
„Zeigst du mir deine Welt? Ich will sie sehen!"
Pearl nickte und lächelte.
Sie bewegte ihren Schwanz wie eine Schlange und entfernte sich von mir.
Dann nahm sie meine Hand und tauchte ab.

Tut mir leid, es ist kein so spannendes Kapitel geworden...Das nächste wird besser ^-^

Sirens___Ein tödlicher KussWo Geschichten leben. Entdecke jetzt