doch dieser eine Gedanke an das Leben ...

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Zimmer 210
Ich schauderte und alle Erinnerungen kreisten wie im Auge eines Sturmes in meinem Kopf umher.
Am liebsten hätte ich meine Augen geschlossen, aber da ich in diesem Moment zu erstarrt war um etwas zu fühlen konnte ich es nicht. Ich musste das Elend also mit ansehen.
Und ich erinnerte mich perfekt daran. An das rostige Bett, dass mit hellen Laken und steifen Kissen bestückt wurde. Der Tisch, der einsam im Zimmer stand und der leere Stuhl, der am Rand stand und wirkte, als säße mein Bruder auf ihm und grinste mich an.
Ich bekam langsam Kopfschmerzen und rieb meine Schläfen.
Durch das hohe Fenster floss schummriges Licht ins Innere des Zimmers. Der Teppich auf dem Boden war ausgetreten und blass.
Als mein Bruder hier lebte war es bunter... wie viele hier wohl schon lebten?
Gott!
Ich wollte schreien.
Aber stattdessen setzte ich mich auf das Bett und wartete auf die nächsten Anweisungen.
Die verschriebene Tabletten hatte ich bereits genommen und wie angekündigt ließen die Kopfschmerzen nicht auf sich warten.
„Ich werde Dich später zum Essen abholen, du solltest jetzt etwas schlafen, die Tabletten sind ziemlich stark."
Ja... das merkte ich. Und es machte mich wütend.
Aber ich tat wie mir befohlen.
Der Pfleger ging zum Wandschrank, holte seinen Schlüssel und schloss auf. Er gab mir die Kleidung und wartete, dass ich mich umzog.
Der Stoff war dünn, die Ärmel fleckig. Es roch nach Staub und Mottenlöcher machten es nicht besser. Aber ich konnte nichts anderes tun, als es anzuziehen. Erst zog ich mein Hemd aus, legte es auf das Bett, dann meine Hose.
Nackt hier fühlte ich mich noch wehrloser. Noch einsamer. Und jetzt gab es kein zurück.
Seine Blicke waren wie Messerstiche in meinem Herzen, seine Anwesenheit pures Gift. Und ich zitterte trotz der Hitze von außen. Die neue Kleidung lag an meiner kalten Haut und er nahm mein altes Hemd und die teure Hose entgegen und verstaute sie im Schrank.
„Du wirst sie nicht mehr brauchen für deinen Aufenthalt hier."
Wunderbar, also mottenzerfressene, dreckige Kleidung würde mein Alltag sein.
Und in dem Sinne war ich wirklich besseres gewöhnt... dieses ganze Zimmer verdeutlichte alles, was meine Eltern pflegten zu hassen. Aber natürlich würden sie kein Geld für bessere Räume geben und ich wusste nicht, ob ich das wollte. Schließlich hatten sie meinen Bruder damals nie besucht...
Als er die Tür hinter sich abschloss legte ich mich endlich in das quietschende Bett.
Das Kissen war so dünn, dass ich es eigentlich weglassen könnte, die Decke dick und Wärme spendend. Wärme die ich dank der sizilischen Hitze nicht brauchte.
Und ich sank bald schon in eine tiefe Welt der Träume und Wunder. Träume die sich nie änderten und noch immer um die Wesen des Meeres kreisten. Und doch änderten sie sich heute. Das lag an den Tabletten, aber dieser Traum war schlimmer. Schlimmer als die Wesen des Meeres und die Tiefen des Wassers in denen ich jede Nacht ertrank und in die ich mich jeden Tag mehr sehnte.
Ich sah den Tod vor meinem Fenster winken.
Seine kalte Gestalt drehte den Kopf zu mir, der dunkle Umhang wehte im heißen Mittagswind.
Eine rote Hahnenfeder tanzte in der Luft und fiel zu Boden. Mein Herz raste, mein Körper hingegen blieb ganz ruhig. Als ich den Tod vor meinem Fenster wieder ansehen wollte, da war er nicht mehr dort. Ich atmete erleichtert aus und wollte gehen, als er urplötzlich vor mir stand.
Ich konnte mich nicht bewegen. Nicht rufen oder schreien.  Seine langen, weißen Finger berührten meine Kehle, strichen über sie und eine lange Zunge betastete meine Wange.
Er beugte sich über mich. Seine riesige Gestalt drückte mich in die Kacheln und rote Augen fraßen meine Seele. Sein Gesicht konnte ich nicht sehen, es war schwarz, dunkel, nicht vorhanden. Leere. Einfach leere. Die riesige Sense bohrte sich in meine Brust. Das Blut floss wie ein Fluss über die Treppen unseres Hauses. Dunkelrot. Der Tod beugte sich hinunter, die eine Hand an meinem Hals und mich würgend, die andere die Sense in mein Herz bohrend. Wieso starb ich nicht? Wieso schmerzte es nur? Mein Kopf drohte zu zerbersten. Ich wollte doch schreien! Ich wollte doch rennen! Die Hahnenfeder lag leben mir und wurde vom Strom des Flusses mit geschwemmt. Aber wehrlos lag ich dort, der Mund es Todes an mein Ohr gepresst und er flüsterte:„Hab ich dich."

Dort in der Nähe (natürlich zu älteren Zeiten) lebte Zenon und manche Sagen nennen die Insel der Sirenen in der Meerenge den Festlandes Italiens und Siziliens aber auch in der Nähe von Sorrent im thyrennischen Meer soll sich Anthemoessa befunden haben (Insel der Sirenen) oder eben am sizilischen Vorgebirge Pelorias nahe dem Ätna. Deshalb habe ich mich entschieden keinen detaillierten Wohnort auszuwählen und stattdessen ein „Gebiet" zu beschreiben.
LG JCsirens

 LG JCsirens

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Sirens___Ein tödlicher KussWo Geschichten leben. Entdecke jetzt