Es ist schwer,...

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2. Teil
Ich hörte meine Mutter weinen, wimmern und schluchzen. Und es tat weh, sie so zu sehen.
„Was heißt das jetzt für uns?"
„Nun, aus Gründen der Sicherheit würde ich Ihnen raten, ihren Sohn in unsere Obhut zu geben. Die Klinik, in dem sein Bruder für lange Zeit behandelt wurde scheint mir auch der richtige Ort für ihn zu sein. Es ist spezialisiert für Fälle von Halluzinationen und deren individueller Behandlung."
Ich lachte heiser auf und verstärkte damit offensichtlich die „Verrücktheits-These".
Aber wenn ich schon gehen müsste, dann wollte ich einen ehrenvollen Abgang. Und kampflos würde ich nicht aufgeben.
Und ich lachte über die Wendung meines Lebens. All die Freiheiten die ich hatte, all das... all meine Träume sollten durch diese Einweisung sterben. Wahrscheinlich würde dieses Haus mich des Geldes wegen verändern und verrückt machen. Abhängig machen. Ich würde Verrückt werden, anstatt geheilt und keinem wäre geholfen.
Mental richtete ich mich auf ein graues Zimmer mit rostigem Bett, kleinen Gitterfenstern und Tisch mit einem Stuhl ein. Trostlos wäre eine gute Beschreibung.
„Ich würde die Einweisung in drei Tagen vorschlagen. So lange können wir Behandlungsplan, Zimmer und Kleidung bereitstellen."
Meine Mute nickte bloß. Verräterin!

Ich stand mit meiner kleinen Tasche vor dem grauen Gebäude.
Es war groß und mächtig. Die Luft die in meiner Heimat nach Salz schmeckte wirkte hier fremd und unrein. Am liebsten wäre ich gerannt, weit weit fort von hier.
Aber die riesigen Schatten des grauen Gebäudes hielten mich. Sie griffen nach mir und ich lief über die Schwelle ohne dass ich etwas dagegen hätte tun können. Meine Schritte hallten laut und leer in der großen Halle und ich lief langsamer weil ich fürchtete ein Monster zu erwecken, was aus den Schatten des riesigen Gebäudes gekrochen käme.
Ich lief zum Empfangsbereich.
Ich achtete weder auf die Menschen die mich musterten, noch auf die Tatsache dass ich ganz alleine war. So viel trauten mir meine Eltern dann doch zu. Ungewöhnlich und nicht gewünscht aber schließlich war ein kräftiger Arbeiter in meinem Schatten und achtete darauf, dass ich nicht rennen, sondern mich wirklich einschreiben lassen würde. Meine Eltern würden ihren Stand und ihre Werte nicht für ihren Sohn aufgeben und auf jegliche Gerüchte warten. So war es auch bei meinem Bruder. So würde es auch dieses Mal sein.
Egal wie viele Wochen ich hier versauerte.
Sie würde ich nicht zu Gesicht bekommen.
Pearl auch nicht.
Und ich zweifelte selbst schon, dass sie existierte.
Ich stand vor dem marmorierten Tisch und schaute zu der jungen Frau, die ihren Blick schmachtend zu mir hob und dann langsam sagte:„Guten Tag?"
Meine Reflexe funktionierten nicht, also schwieg ich.
Sie griff sich an den eng geflochtenen Zopf, stand auf und gab mir ihre Hand.
Wenigstens das erwiderte ich.
„Wen wollen Sie besuchen? Soll ich ihnen die Zimmernummer geben? Dann bräuchte ich bitte das Schreiben, wenn es Teil des zweiten Stockes ist."
„Ah nein."
Stille.
Sie legte ihren Kopf schief und schaute mich mit weit geöffneten Pupillen an.
„Ja?"
„Ich bin hier um mich einzuschreiben. Ich habe einen Termin."
„Oh."
Ich gab ihr den vergilbten Zettel und schaute zur Seite. Ich schämte mich und meine Hände zitterten.
Gott war mir das unangenehm! Warum eigentlich...
„Der vierte Stock?!"
Sie schien weitaus erstaunter als ich vermutet hätte. War der vierte Stock besonders?
„Aber Sie sind noch so jung, mein Gott! Nun... setzen Sie sich bitte. Der betreuende Arzt wird dann alles weitere mit ihnen besprechen. Ich werde ihn so gleich rufen lassen."
Ich nickte und setzte mich.
Ihr Blick entging mir nicht.
Er sagte deutlich: Was könnte einer wie du schon für eine Krankheit haben? So jung und schon Bindungsstörungen? So jung und schon krank und Halluzinationen folgend? Welch eine Welt.
Ich saß nicht lange, als ich schon von einem vornehm gekleideten Mann angesprochen wurde, ich solle ihm doch bitte folgen. Er hatte kleine Augen und hohe Wangen. Seine Nase war schmal und seine Haare waren streng nach hinten gekämmt.
Wer sich einen Arzt leisten konnte und eine Therapie seelischer Natur ging hier hin. Wer nicht, der verkümmerte. Und ich hatte zu unrecht diesen Platz in dieser Einrichtung, den jemand anderes sicher gebraucht hätte.

Nach dem Gespräch zur Einführung lief ich die labyrinthähnlichen Gänge der Klinik entlang und suchte den Raum 210.
Zimmer 210.
Damals das Zimmer meines Bruders. Damals sein Ende.
Und jetzt meines?
Er war wie ich hier gewesen und ich hatte oft vor der Tür gestanden und nicht gewagt zu klopfen. Viel zu oft hatte ich die Zahlen studiert bevor ich hinein ging und einen völlig anderen Menschen gefunden, als vorher. Und jedes Mal wurde es schlimmer.
Jedes Mal war er verwirrter, impulsiver, wütender. Jedes Mal lachte und weinte er mehr. So viele Tränen hatte er vergossen und so oft versucht sich das Leben zu nehmen. Krank war er, das war keine Frage... aber er hätte etwas anderes gebraucht.
Keine Therapie.
Keine Klinik.
Nur einen bloßen Sinn.
Das Licht flimmerte und ich schaute auf die Beschilderung. Ich legte meinen Kopf schief um es zu verstehen, aber da manche der Menschen hier einfacher Natur waren hatten sie in Zehnerschritte oder durch Zufall die Raumnummern gewählt. Denn auch wenn es riesig war... das wäre erstaunlich.
1. Stock  Studienräume/Essenssäle/Konferenzräume 20-40
2. Stock Mental psychische Abteilung
3.Stock Ärztliche Abteilung (Chirurgie)
4. Stock Zimmer 100-500 (Seelisches Klinikum)
4.1 Zimmer 500-700 (Klinikum-Medizin)

Und ich lief ihm nach und betrachtete den Flur, der immer dunkler zu werden schien.
Und wir kamen an eine kalte Treppe.
Lange Fenster beleuchteten den Flur und bildeten Kreise und Muster auf dem Boden.

Hallo!
Wie schön, dass ihr bis hier hin gelesen habt. Ich hoffe es gefällt euch und ihr seid bereit für Zenons "Stunde der Wahrheit".
Seid gespannt^-^
Wie gefällt euch das Buch und die Charaktere?
Ich musste viele Namen ändern, damit es besser zur Geschichte und der Umgebung passt, also haben die Charaktere auch einen kleinen Wandel durchgemacht. Trotzdem versuche ich die Geschichte nah an meinem alten Original zu lassen (soweit es geht~)

Sirens___Ein tödlicher KussWo Geschichten leben. Entdecke jetzt