Ich beugte mich zaghaft hinunter zu Armin. Ihre Augen waren geöffnet und schauten mich flehend an.
Ich half ihr sich aufzusetzen. Armin streckte ihren Arm aus und zog mich an sich.
„Was ist?" Fragte ich und sie flüsterte in mein Ohr:„Monster schlafen nicht."
Damals hatte ich ihre Worte nicht sofort verstanden.
„Alles wird gut," hatte ich gesagt und ihren Rücken leicht getätschelt. Irgendwann hatte sie die Augen wieder geschlossen und döste vor sich hin.
Ich blickte hinter mich. Vor einigen Momenten hatte dort noch Pearl auf dem Stuhl gesessen, den Kopf an die Wand gelehnt, die Augen geschlossen. Ihr Brustkorb sich langsam hebend. Nun war der Stuhl leer.
„Pearl?"
Wo war sie?!
Lief sie irgendwo im Haus herum? Hungrig?
Wollte sie meine Eltern morden?
„Armin, wo ist sie?"
Hektisch ließ ich die Sirene los und schaute mich um. Das Zimmer war dunkel und das spärliche Licht der Kerzen flimmerte in den Fluren.
Die Tür war geöffnet.
„Verdammt!"
Ich stürmte aus der Tür. Meine Schuhe schlugen laut auf dem Parkett auf.
„Pearl!" Zischte ich zwischen zusammengepressten Zähnen hervor.
Wo war sie?
Die anderen Sirenen waren vor wenigen Stunden gegangen und nun kroch die Sonne ganz langsam empor. Der Morgen nahte.
Das Haus würde erwachen. Ich musste sie finden!
„Pearl!"
Der geraubte Schlaf von letzter Nacht machte sich nun eindeutig bemerkbar.
Mein Herz raste, während ich durch die Flure rannte.
„Pearl!"
Erschöpft wartete ich einen Moment und ließ meinem rasenden Herz eine Pause. Das Blut rauschte in meinen Ohren.
Dann lief ich weiter an dem Balkon vorbei. Wie damals in der ersten Nacht, in der ich Pearl gesehen hatte. Auf der Feier. Dort stand sie in weißem Kleid vor der dunklen Nacht.
Gerade wollte ich abbiegen, da erkannte ich sie und blieb stumm stehen.
Die Hände hatte sie nach oben gerichtet und schrie gegen den Wind:
„Herr! Nimm mir meine Sünde nicht! Herr lass mir ihn! Bitte! Ich weiß nicht weiter! Soll er meine Sünde werden! Soll er werden, wonach du dürstest. Seine Seele gehört mir! Nicht dir! Hörst du? Er gehört mir! Sein Leib, seine Seele, seine Gedanken, die nur um mich kreisen. Ich will ihn! Gib ihn mir! Du nimmst ihn mir nicht weg! Es interessiert mich nicht ob er sündigt oder ich! Ich flehe dich an, nimm mir diese Sünde nicht!"
„Pearl?"
Langsam trat ich hinaus und der kalte Wind glitt wie eisernes Wasser um mich.
„Zenon."
„Was machst du hier? Komm wieder herein."
Sie schwieg und lief nur auf mich zu.
Ihren Lippen entflohen helle Laute. Sie sang.
„Gibst du sie mir, Zenon?"
Ängstlich wich ich zurück.
„Wovon sprichst du?"
Ihr Gesang nahm all meine Gedanken ein. Ich wollte mich übergeben und meine Eingeweide gleich mit. Ich wollte sie halten und ich wollte mich im Meer versenken. Ich wollte rennen und doch konnte ich nur dort stehen und salzige Tränen auf meinen Wangen fühlen. Ihre zarten Finger berührten meine Haut und ihre glühenden Augen nahmen mich gefangen. Angst. Ich fürchtete mich.
Das war nicht die Frau, in die ich mich verliebt hatte.
Meine Lippe bebte. Mein Herz war still. Toten still.
Ich wollte meine Augen schließen aber ich konnte nicht.
Dann, mit einem gewaltigen Schlag wurde ich an die Wand gedrückt und blutrote Augen bohrten sich in mein Herz. Dann schrie sie diesen typischen, grellen, lauten Sirenenschrei aus. Ihre fletschenden Zähne bohrten sich in meine Schulter. Ich schrie. Mit aller Kraft die ich gegen dieses Wesen aufbringen konnte, stieß ich sie von mir und hielt mir meine blutende Schulter. Es brannte wie Feuer auf meiner Haut.
Gerade als sie sich wieder auf mich stürzen wollte zogen Talia und Irene sie von mir.
„Krieg dich wieder ein!"
Pearl fauchte, wandte sich wie eine Schlange und krümmte sich unter dem Griff der beiden Sirenen.
Erst als sie mich ansah hörte sie auf sich zu wehren.
Ich hielt meine Hand an die Schulter und wagte nicht zu sprechen.
„Zenon?"
„Mir geht es gut," sagte ich schnell und drückte mich von der Wand ab.
„E-Es tut mir leid!" Pearls Augen waren weit geöffnet und mein Blut rann von ihrem Mund und sammelte sich in kleinen Pfützen unter ihr.
„In Ordnung."
Ich wendete und ging wieder hinein.
Wieso konnte ich sie nicht anschreien? Wieso konnte ich sie nicht hassen? Wieso schmerzte es nur so sehr, ihr den Rücken zu kehren. Ich fühlte mich mit einem Mal so klein und zerbrechlich. So niedrig. So unbedeutend. Ich hätte sterben können.
Ich hielt mich an der Wand fest, dann begann ich zu lachen. Ich lachte und ich weinte.
Mein Schicksal war verdammt. Mein Leben war unbedeutend. Ich hätte sterben können. Ich vertraute Wesen die nichts anderes wollten, als meinen Tod. Ich war so tief gesunken in dieser Spirale aus Geheimnissen, Trug und Tod, dass es keinen Weg mehr hinaus gab.
Nichts geschah aus Zufall. Alles bewegte sich doch nur auf das unweigerliche Ende hin. Das Ende meines Lebens.
Wofür tat ich das eigentlich, wenn es ohnehin sinnlos war?
Ich lachte und schaute zu Pearl, Talia und Irene, die mich mit verwunderten und zugleich mitleidigen Blicken ansahen.
Pearl trat auf mich zu und ich begann zu zittern.
Dann umarmte sie mich.
Ich rührte mich nicht.
Pearl streichelte über meine Haare und flüsterte:„Es wird alles gut. Sorge dich nicht. Schlaf."
Die Müdigkeit und Anstrengung überrannte mich und ich schloss tatsächlich die Augen.
„So ist's gut. Du bist sicher. Das wird nicht wieder passieren...Damika wird schnell eifersüchtig. Dein Bruder verliebte sich in Armin aber dies brachte seinen Tod."
„Er wusste dass er sterben würde, oder?"
„Ja...Aber Zenon. Ich würde mir mein eigenes Leben nehmen und menschlich werden, wenn sie dir deines nähme. Denn ich liebe dich mehr als Sie."
Ohne reagieren zu können, schlief ich ein.Hallo ihr Lieben!
Ich hoffe euch gefällt das Kapitel *-*
Ich würde mich wie immer über Kommentare und Votes freuen!
LG JCsirens
DU LIEST GERADE
Sirens___Ein tödlicher Kuss
FantasyWesen aus alten Legenden. Älter als manche Götter und reiner als die See. Weiser als Gelehrte und tödlicher als Schwerter. Verführerisch und eisig wie das Meer. Sirenen... -Informationen im ersten Kapitel - ^-^ Viel Spaß beim Lesen. LG JCsirens ...