Kapitel 93

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Danke an Moringa7 für deine Ideen ❤

Aus Nathans Perspektive

Ich schaue den beiden Mädels etwas fassungslos hinterher, als sie die Praxis verlassen. Ich schaue Leon an, der mindestens genauso perplex schaut. 

"Also, also das hat sie bisher wirklich noch nie gemacht," Leon sieht mich an. Ich sehe, dass eine Zornesader an seiner Schläfe pulsiert. Ich weiß jetzt nicht so wirklich, ob ich Sophie in Schutz nehmen soll, oder nicht. 

"Jetzt lass die Mädels mal kurz zur Ruhe kommen. Joana ruht sich jetzt etwas bei uns aus und im Anschluss wollten wir doch noch einen kleinen Ausflug machen." Versuche ich besänftigend auf ihn einzuwirken. 

"Du wolltest Sophie doch auch noch untersuchen." Leon schaut mich vorwurfsvoll an. 

"Ja, das will- und werde ich. Aber ob das jetzt- oder später der Fall ist, spielt doch keine Rolle. Komm, lass uns mal ein Bier trinken gehen." Ich ziehe den Schlüssel ab, gemeinsam verlassen wir die Praxis. Wir setzen uns auf die Sonnenterrasse und trinken, in einvernehmlichen, männlichen Schweigen unser Bier. Da die Mädels immer noch nicht auftauchen beschließen wir uns etwas zu essen zu holen. Mit voll gefülltem Teller setzen wir uns wieder an unseren Tisch. 

"Seid ihr euch mit der Praxis eigentlich einig geworden?" fragt Leon mich nachdem er sein erstes Schnitzel weggeputzt hatte. 

"Ja, also Sophie wird erstmal nicht als Partnerin einsteigen, sondern nur stundenweise mitarbeiten. Dann schauen wir, wie das funktioniert und können von da aus weitersehen."

"Das klingt für euch nach einer guten Lösung, auch wenn wir als Familie natürlich gehofft hatten, dass sie aus dem Schichtbetrieb in der Klinik aussteigt. Das ist nichts für sie." Stellt Leon fest.

"Das würde ich so jetzt nicht unterschreiben. Sophie ist eine der fähigsten Hebammen, die ich kenne. Sie arbeitet konzentriert und genau zu jeder Tages- und Nachtzeit. Kurz gesagt, dass ist verdammter Bullshit, den du da von dir gibst." Nun ist es an mir zornig zu werden. "Ihr alle sehr Sophie immer noch als das kleine Mädchen, dass ist sie aber nicht mehr. Ich würde die- und deinen Brüdern echt mal empfehlen einen Tag bei ihr zu hospitieren. Euer Blickwinkel würde sich sowas von verändern!" 

"Wir machen uns eben Sorgen um unsere Schwester."

"Ja, soweit so gut. Aber ihr müsst sie auch langsam mal loslassen. Ihr wisst doch, wie sie reagiert, wenn ihr sie unter Druck setzt! Sie blockiert und zwar völlig!"

"Also ob du so viel besser wärst." Leon schaut mich wütend an. 

"Ich bin aber nicht ihr Bruder, sondern ihr Freund! Vielleicht ist es langsam mal an der Zeit etwas von eurem Verantwortungsgefühl an sie selbst und an mich zu übertragen." antworte ich ruhig. Leons Kiefermuskulatur zuckt, ich hoffe, dass ich ihn zumindest ein bisschen zum Nachdenken bringen konnte. 

"Nachtisch?" knurrt er.

"Nachtisch!" gebe ich zurück. "Und noch ein Bier.!" Leon grinst, ich grinse zurück. Zusammen begeben wir uns zum Nachtischbüffet. 

Dort erspähe ich die Haarpracht unserer Mädels. Sophies blonde Mähne, sowie Joanas rötliche Haare kann man gut erkennen. Leon beschleunigt seinen Schritt, ich lege ihm kurz eine Hand auf die Schulter. Sophie schaut uns entschlossen entgegen.

"Hey ihr zwei." Sie lächelt uns an. Ich gehe zu ihr und gebe ihr einen Kuss, während Leon nach wie vor mit verschränkten Armen vor den beiden steht. 

"Können wir uns setzen?" fragt Sophie und steuert unseren Tisch an. Wir folgen den beiden etwas widerwillig. Kurz darauf sitzen wir zu Viert am Tisch. 

"Also Joana geht es zwar deutlich besser, sie braucht  aber eure Hilfe!" beginnt Sophie. 

"Ach!". unterbricht Leon, verzieht aber kurz darauf schmerzverzerrt das Gesicht. Das hat wohl gesessen. Ich grinse in mich hinein. 

"Und zwar von euch beiden." setzt sie nach. Nun wird es interessant. Ich schaue Sophie fragend an, während in Joanas schönen grünen Augen Tränen sichtbar werden. Was ist denn da nur los?

"Das Beseitigen der Blockaden hat in Joana viel gelöst. Ich denke ihr ist dadurch auch bewusst geworden, wie erschöpft sie eigentlich ist..." erklärt Sophie leise. Dabei hält sie Joanas Hand. Ungehindert fließen nun die Tränen an ihren Wangen herunter. "Ich denke es wäre wichtig, dass sie sich durchchecken lässt. Ihre letzte Vorsorge ist Jahre her, das Blutbild wahrscheinlich noch länger..."setzt sie nach. "Aber, sie braucht Zeit und Verständnis. Eine Hau Ruck Aktion von euch Jungs bringt da jetzt überhaupt nichts. Dadurch würde nur viel mehr zerstört werden." Sophie schaut uns bedeutungsvoll an. Von der strahlenden Joana ist gerade nicht mehr so viel übrig. Im Gegenteil. Sie sieht aus wie ein Häufchen Elend. Wie viel Kraft es sie gekostet haben muss, dies Kulisse aufrecht zu erhalten. Leon gibt sich zum Glück einen Ruck und nimmt Joana fest in den Arm. Ein kleiner Plan formt sich in meinem Kopf. Hm, ja das wäre vielleicht eine ganz gute Idee...

Teil 4 Herzergreifend - Nathans und Sophies GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt