35.Kapitel

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Aus Annas Perspektive

Erleichtert, aber auch etwas konfus stehe ich vor der Praxis von Dr. Jäger. Ich schaue kurz nach oben und lächle, als ich sehe, wie er am Fenster steht und mir leicht väterlich herunterwinkt. Ich erwidere das Winken und entferne mich dann von der Praxis. Die Kontrolluntersuchung war in Ordnung gewesen. Dr. Jäger war heute sogar gefühlt noch etwas sanfter als sonst gewesen. Das hatte wohl damit zu tun, dass das heute mein letztes Mal bei ihm war. Bei der Nachbesprechung sagte er, dass er in 3 Monaten in den Ruhestand geht und gerade Ausschau nach einem Nachfolger für seinen Sitz- und natürlich für die Praxis sucht. Er möchte noch reisen, etwas von der Welt sehen und Zeit mit seiner Familie verbringen. Nachvollziehbar. Aber trotzdem muss ich mir wohl nun zähneknirschend einen neuen Gyn suchen. Schade. Zu ihm hatte ich nun wirklich Vertrauen gefasst. Ich steige in mein geparktes Auto und fahre nach Hause. 

Ein etwas gestresst aussehender Timo öffnet mir die Türe. Die kleine wimmert leise. Schnell ziehe ich mir meine Jacke aus, nehme sie ihm ab und setze mich mit ihr und Simon aufs Sofa. Während Mara andockt und zu saugen beginnt, lese ich Simon ein Buch vor. Timo sitzt ganz schön fertig auf dem Sessel und schaut uns dabei zu. Bald verliert Simon allerdings die Lust und beginnt mit einigen Autos auf dem Fußboden zu spielen. 

"Dr. Jäger hört auf!" beginne ich das Gespräch mit Timo.

"Echt. Okay. Aber war alles in Ordnung bei dir?" Sein Blick wandert über meinen Körper. 

"Ja, alles gut. Wegen den Medikamenten telefoniere ich demnächst mal mit Maxi, aber gynäkologisch gesehen ist alles okay." 

"Das ist gut zu hören!" Er lächelt mir zu und setzt sich neben mich. Sein Gesichtsausdruck ist nachdenklich. 

"Hm..."

"Was denkst du?" Ich schaue ihn forschend an. 

"Also Daniel hat ja Nathan angefragt, ob er nicht in die Praxis einsteigen möchte. Vielleicht sogar in Kooperation mit Sophie. Aber ich weiß da keinen konkreten Stand. Da muss ich mal nachfragen. Ansonsten wäre der Sitz von Dr. Jäger vielleicht interessant für ihn." Ich setze mich etwas aufrechter hin. Nathan und seine eigene Praxis. Eine gute Ergänzung für das Ärztehaus wäre es definitiv. Vor allem wenn Sophie da auch noch mitmischt. Das würde diesen ganzen Alphatierchen sicherlich ganz schön gut tun. Ich schaue nach unten. Mara hatte sich abgedockt und war eingeschlafen. Timo und ich tauschen einen zärtlichen Blick. 

"Das heißt natürlich nicht, dass du jetzt automatisch zu Nathan musst!" Timo hält meinen Blick und schaut mich beruhigend an. "Aber es gibt auch schlechtere Gynäkologen!" Ich zucke mit den Schultern. 

"Jetzt habe ich ja erstmal ein bisschen Zeit. In einem halben Jahr, kann ich mir immer noch jemand suchen." Bei dem Gedanke, mich wieder einmal vor Nathan ausziehen zu müssen, schlägt mein Herz schneller. Timo lächelt mich vielsagend an. 

"Man kann nie früh genug damit anfangen! Ich möchte, dass du dir auch Gedanken darüber machst, wann ein guter Zeitpunkt für einen Aufenthalt im Retreat für dich wäre." Timo schaut mich ernst an. 

"Dazu muss Mara erstmal abgestillt werden. Und außerdem weiß ich gar nicht, ob ich das überhaupt will!" sage ich angespannt. 

"Ich möchte, dass du da hingehst. Dass wird dir gut tun. Aber klar macht es Sinn, dass Mara vorher abgestillt ist." Timo tritt näher und umfasst mit seinen Händen sanft meinen Hals. "Ruhig Anna. Niemand tut dir irgendetwas!" Er fühlt meinen Puls. Ich zwinge mich etwas langsamer und bewusster zu atmen. 

"Sehr gut. Ich liebe dich, das weißt du?" Timo hält meinen Blick. "Außerdem will ich nur das Beste für dich!" 

"Ja, dass weiß ich. Danke Schatz!" Ich lächle ihn etwas müde an und stehe dann auf um Mara in den Stubenwagen zu legen. 

"Abendessen?" ich schaue meine 2 Männer an. 

"Abendessen!" Kommt es wie aus einem Mund zurück. 

Teil 4 Herzergreifend - Nathans und Sophies GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt