Kapitel 66

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Ich war mir nicht mehr sicher, ob Noah mich über Wasser hielt, oder ob er mein Untergang sein würde.

Schwer atmend lief ich in die Küche und füllte ein Glas mit stillem Wasser. Eigentlich mochte ich kohlensäurehaltiges lieber, doch wir hatten keines mehr.

»Da sind wir.«, verkündete Miles.

»Falls sich einer fragt, was wir solange getrieben haben ...« Jake machte eine kurze Pause, um die Spannung zu heben. »Miles musste noch ein Softwareupdate machen.«

»Das war wichtig.« Miles klemmte sich den Laptop in seiner schwarzen Schutzhülle unter den Arm und blickte zu mir in die Küche.

Schweigend trank ich das Glas aus und stellte es in die Spüle.

»Okay.«, murmelte Miles. Als sein Blick Noah streifte, trat dieser unruhig auf der Stelle. Es war, als wollte er nichts sehnlicher als zu fliehen. Bloß weg von hier, raus aus dieser Situation. Irgendwohin, wo auch ihm das Atmen leichter fiel.

Jake klatschte in die Hände. »Los gehts.«

Wie auf Kommando riss Noah die Tür auf und stürmte hinaus.

Verwundert schüttelte Jake den Kopf. Seine Augen hafteten auf der offenen Haustür. »Was ist jetzt los?«

»Die Anspannung ...« Miles berührte Jake flüchtig an der Schulter, als er ebenfalls nach draußen ging.

Ich folgte ihm ein paar Schritte, bis ich stehenblieb. Abwartend, als wollte ich Jake vorbeilassen, sah ich hinaus zu Noah, der in dem Auto vorfuhr. Für den Bruchteil einer Sekunde haderte ich mit mir. Ich wollte mich amüsieren, so wie die ganze Zeit schon. Mein Herz schmerzte. Es raubte mir den Verstand. Er raubte mir den Verstand.

»Julie, kommst du? Ich will abschließen.«

Als ich hochsah, blickte ich in Miles Gesicht. Jake drehte sich nun ebenfalls um. Er stand zwei Meter entfernt, direkt an den Treppenstufen, die von der hölzernen Veranda herunter führten.

»I-Ich muss nochmal auf die Toilette.«, log ich, ohne vorher darüber nachzudenken.

Jake beobachtete mich stirnrunzelnd. Bestimmt kam ich nicht sonderlich glaubhaft rüber.

»Sorry.«, schob ich nach.

»Kein Ding.« Miles klimperte mit dem Schlüssel in der Hand, bevor er ihn einfach in das Schloss steckte und sich schon auf den Weg zu Noah machte.

Eilig begab ich mich zurück in die Küche, durchwühlte eine Kommode als wäre ich ein Einbrecher auf der Suche nach Geld und scannte mit meinen Augen den Wohnbereich ab. Gott, ich war wirklich selten dämlich gewesen. Natürlich hatten sie das Telefon schon eingepackt. Sicherlich lag es irgendwo im Auto bei Noah und Miles. Ich fuhr mir mit den Handflächen über das Gesicht. Völlig fertig raufte ich mir die Haare.

»Suchst du was?«

Ich wirbelte herum. Jake lehnte im Türrahmen. Wie lange war er schon da?

»Nein, ich suche nichts.«, antwortete ich verspätet und guckte zum Kamin. »Wollte nur ein letztes Mal die Stille genießen.«

»Julie« Jake lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf sich. Er fischte etwas aus seiner hinteren Hosentasche. Dann kam er näher und streckte seine Hand aus. Erst bei genauerem Betrachten erkannte ich das silberne Gehäuse des Handys. Ich nahm es an mich, irritiert von Jakes Hilfe.

»Tu es.«, sagte er. »Es ist die richtige Entscheidung.«

In meiner rechten Hand umklammerte ich das Handy. Perplex sah ich Jake an. Natürlich hatte er aufgrund des Gesprächs mit Agent Roberts über alles bescheid gewusst, aber dass ihn dieser Gedanke in demselben Augenblick wie mir gekommen war, jetzt ein Telefonat zu führen, war mir trotzdem ein wenig unheimlich. Vielleicht hatte er auch gar nicht telefonieren wollen, sondern nur damit gerechnet, dass ich es tun wollte, und war so aufmerksam und hilfsbereit gewesen, mir das Telefon zukommen zu lassen.

»Danke« Ich nickte Jake zu.

Er nickte ebenfalls und ging wieder raus. Draußen hörte ich Miles nach mir fragen. Jake entgegnete, ich hätte eine schwache Blase und wäre nervös. Anschließend fügte er noch ein gelangweiltes »Typisch Frau« hinzu, wofür er sich sofort eine Diskussion mit Miles einhandelte, die mir glücklicherweise noch ein wenig Zeit verschaffte.

In der Zwischenzeit öffnete ich auf dem Handy die eingegangenen SMS-Nachrichten. Da war eine SMS von der einzigen eingespeicherten Nummer. Die Betreffzeile war nicht ausgefüllt, aber in der Textnachricht stand eine Zahlenkombination. Eine Telefonnummer. Ich tippte diese in das Display ein und drückte auf die Taste mit dem grünen Hörer. Einen Moment blieb es still, dann wurde die Nummer gewählt und das altbekannte Tuten durchdrang die Stille.

Es nahm keiner ab. Also sprach ich auf den Anrufbeantworter. In der ersten Nachricht stellte ich mich als eine Freundin von Noah vor und nannte eine Uhrzeit. In der zweiten erklärte ich unseren möglichen Treffpunkt als einen öffentlichen Ort, durch den alles begonnen hatte.

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