Kapitel 14

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Noah beobachtete mich seit einer Viertelstunde. Zwischendurch hatte er einen Versuch gestartet, mit mir zu reden, aber ich hatte abgeblockt. Jetzt lehnte er an der Wand, doch versperrte mir den Weg. Hektik lag in seinem Blick und er wippte unruhig auf den Fußballen auf und ab, während es wirkte, als würde er die Sekunden zählen.

»Ich werde dir alles erklären, aber momentan sind so viele Menschen involviert, dass ich dir einfach nichts sagen kann.« Noahs Stimme ging mir durch Mark und Bein. Ich musste mich zusammenreißen, den Zorn und den Schmerz in mir zu zügeln.

Trotzig verschränkte ich die Arme vor der Brust. »Viele Menschen? Ich sehe nur zwei.«

»Weil du eben nicht alles weißt.«, erwiderte er.

»Es liegt ja an dir, mich einzuweihen.«, feuerte ich zurück. »Für mich geht es nämlich auch um eine ganze Menge und ich habe keine Lust, alles zu verlieren, für jemanden, den ich kaum kenne. Oder für einen Schwindler.«

Noah machte einen Schritt auf mich zu und sein Blick war durchdringend und verzweifelt. »Ich schwindle nicht.«

Ich blieb wie angewurzelt stehen, um zu demonstrieren, dass es lange her war, dass Noah mir Angst einjagen konnte.

»Du hast dich selbst dafür entschieden, mitzukommen. Wir hatten niemals eine Abmachung.«, fügte er hinzu.

Es durchfuhr mich heiß und kalt. »Selbst dafür entschieden?«, wiederholte ich. »Erinnerst du dich noch daran, wie du mich zu dir gezogen und mir die Pistole an den Kopf gedrückt hast?«

Fast unmerklich zuckte Noah zusammen. Offenbar hatte ich gerade einen wunden Punkt getroffen.

»Und so richtig aufmerksam war von dir, dass du mir nach alledem noch selbst die Entscheidung überlassen hast, ob ich ins Gefängnis gehe oder mit dir flüchte.« Ich lachte vor Wut. Meine Gesichtsmuskeln zuckten unkontrollierbar. »Das war so selbstlos von dir.«, meinte ich sarkastisch. »Weil du selbstverständlich der Einzige bist, der etwas zu verlieren hat.«

»Ich habe nichts zu verlieren.«, sagte Noah.

Ich hob die Brauen.

»Was denkst du, warum ich diesen Scheiß machen kann?« Er warf die Hände in die Luft, »Weil ich absolut nichts zu verlieren habe. Nur du hältst mich auf.«

»Wieso halte ich dich auf?« Der Zorn in mir brodelte.

Noah atmete tief durch. »Ich weiß, was ich dir bereits angetan habe und ich will, dass du sicher wieder nach Hause kommst.«

»Das heißt?«

»Ich beschütze dich.«

Jetzt war es vorbei mit meiner Gelassenheit. Innerlich explodierte ich. »Wie wäre es, würdest du mir mal die ganze Geschichte erzählen? Damit könntest du mich beschützen!«

»Ich sagte doch, ich weihe dich ein!«, fuhr er mich an.

»Mal ganz ehrlich ...« Ich versuchte, mich zusammenzureißen. »Du schießt einen Mann an und bist so dreist, mich quasi dazu zu zwingen, mit dir zu flücht-«

Da unterbrach Noah mich. »Die Cops wissen doch mittlerweile, dass du meine Geisel bist!«

»Na und? Sie würde mich trotzdem verhören!«

»Das machen sie mit jedem, der in eine Straftat verwickelt ist.« Noah rieb sich mit der Handfläche über das Gesicht. Dann packte er mich ruckartig an den Armen. Erschrocken wollte ich mich losreißen, aber er hielt fest. Der Druck seiner Finger, die sich in meine Haut bohrten, wurde beinahe unerträglich. Meine Verwirrung ließ mich wütend werden.

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