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Nach meinem dritten Arbeitstag ging es bei mir beruflich endlich Rolltreppe aufwärts. Es ereigneten sich keine weiteren Zwischenfälle zwischen Herr Aslan und mir. Im Gegenteil, manchmal verstanden wir uns schon fast normal und ich durfte auch feststellen, dass er einfach immer Vollgas gab, wenn es um das Unternehmen ging. Da mir Herr Weber Wochen zuvor den Grund genannt hatte, war für mich sein Verhalten auch mehr als verständlich. Ich sah ein, dass ich mich ändern musste und in entsprechenden Situationen die geschäftliche Coolness bewies und gegebenenfalls auch ein Pokerface aufsetzen musste, aber auf keinen Fall mich von aufbrausenden Gefühlen leiten durfte. Außerdem fand ich es toll, dass er mit so jungen Jahren ein Gesellschafter werden wollte. Ich würde mir so etwas nicht zutrauen. Für mich war noch so vieles Neuland, auch wenn ich bereits seit über zwei Monaten beim media-create war.

Heute war für Kevin und mich ein äußerst wichtiger Tag, denn wir sollten zusammen eine Präsentation über die Nachfrage unserer Produkte im Ausland erstellen und vortragen. Da bei diesem Ereignis nicht nur unsere beiden Abteilungsleiter, sondern auch die ganz großen Chefs und auch zwei wichtige Kunden dabei waren, mussten Kevin und ich umso mehr mit der Nervosität kämpfen.

Nach einer mir schier unendlich andauernden Stunde beendeten wir unseren Vortrag.

„Deswegen würde ich sagen, dass wir unseren Standort in Kanada noch mehr ausbauen sollten, da wir der kanadischen Konjunktur zuversichtlich entgegenblicken." Ich wechselte auf die letzte Power-Point-Folie mit der Aufschrift 'Danke für Ihre Aufmerksamkeit' „Das wäre es dann von unserer Seite. Wir danken Ihnen und sind bereit Ihnen Ihre Fragen zu beantworten."

Ich schluckte schwer und blickte in die interessierten Gesichter unserer Vorgesetzten und Kunden und hoffte schwer, dass Fragen ausblieben.

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Rückfragen waren wie erwartet nicht ausgeblieben. Dennoch konnten Kevin und ich stolz auf das sein, was wir geleistet hatten, denn Herr Weber und Herr Aslan lobten uns einige Male, als alle anderen den Raum bereits verlassen hatten.

„Sehr gute Arbeit Herr Becher und Frau Kaya! Das war wirklich top!"

Herr Weber streckte uns seine Hand entgegen und wir schüttelten sie nur allzu gerne. Meine Brust schwoll vor Stolz an und Kevin und ich konnten uns das Grinsen nicht verkneifen. Diese Präsentation war die schwerste Aufgabe, die wir in den letzten Wochen aufgetragen bekamen und entsprechend schön war es jetzt die Lorbeeren pflücken zu dürfen. Es war zwar anstrengend gewesen, aber die Erfahrung war nötig.

„Die Chefs waren zufrieden, wir waren zufrieden und Sie sollten das auch sein. Ich würde sagen, Sie haben sich Ihren Tag verdient. Sie können für heute Schluss machen", schlussfolgerte Herr Aslan mit seiner gewohnten Businessstimme. Sachlich und distanziert.

Abermals bedankten wir uns bei unseren Vorgesetzten und etwas verwundert war ich doch über Herrn Aslans selten offenkundige Art. Er war also zufrieden, das hieß, wir waren wirklich nicht schlecht.

Wir traten alle vier gemeinsam aus dem Konferenzraum.

Was für ein befreiendes Gefühl es doch sein konnte, wenn man so lange an etwas arbeitete und jetzt von allen gelobt wurde. Ich konnte mein Dauergrinsen nicht abstellen und Kevin erging es genauso. Wir grinsten um die Wette.

„Gut dann würde ich vorschlagen, Sie bereiten sich auf die Präsentation nächste Woche noch vor."

Augenblicklich verging Kevin und mir das Grinsen: „Welche Präsentation?"

„Das war ein Scherz! Beruhigen Sie sich. In nächster Zeit sind Sie davon befreit."

Herr Weber konnte so mies sein. Er lachte herzhaft darüber und zu meiner Verwunderung lachte selbst Immercool-Deniz mit. Das war das erste Mal, dass ich ihn überhaupt lachen hörte und was sollte ich machen, es gefiel mir und endlich lachte ich als letzte mit.

Plötzlich war es LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt