20/1

34.5K 1.6K 425
                                    

Viel zu sehr bemerkte ich meine schlechte Laune, weswegen ich mich nur auf meine Arbeit fokussierte. Die nächsten Tage ging ich in der Pause nicht mal raus. Ich war schlicht und ergreifend gekränkt. Deniz' Verhalten hatte mir weh getan. Er hatte es mal wieder geschafft, mich wie den letzten Trottel dastehen zu lassen und sich von seiner abscheulichen Seite zu präsentieren. Sein Selbstbewusstsein gab mir einfach den Rest. Durch diese Aktion, bei der er eindeutig einen Schritt zu weit gegangen war, hatte er jegliches Vertrauen mit einem Schlag verloren.

Ich schenkte ihm kaum Beachtung. Sicher lag es auch daran, dass er, wie ich bereits wusste, durchgeplant für diese Woche war. Aber selbst in dieser Zeit hatte ich ihn gesehen, nicht weil ich erpicht darauf war, sondern weil ich zwangsweise mein Büro verlassen musste, um mich meinen momentanen Aufgaben stellen zu können.

Am Donnerstag, am vorletzten Tag vor meinem Urlaub, begegnete ich ihm zufällig. Ich war gerade bei einem Kollegen, um ihn über eine Aufgabe um die er mich gebeten hatte in Kenntnis zu setzen, hierfür zeigte ich ihm meinen Vergleich. Dass plötzlich Deniz auftauchte überraschte mich, aber wie es schien, ihn auch. Er war plötzlich im Raum, in dem mehrere Kollegen untereinander waren und suchte ausgerechnet den Kollegen, mit dem ich zusammen arbeitete.

Ich zuckte zusammen und ärgerte mich, dass meine Reaktion ihm nicht entgangen war.

Er sah es aber auch nicht nötig, sich zu entschuldigen. War er ja nicht er schuld. wenn ich so schreckhaft war, dachte ich bitter.

Allerdings bedachte er mich mit einem intensiven und streng prüfenden Blick und möglicherweise wartete er darauf, dass ich etwas sagte, ihn vielleicht grüßte, aber das hatte ich nicht wirklich vor. Zum Glück war mein Kollege sofort aufgesprungen und suchte nach einem Dokument, das wohl für Deniz bestimmt war.

Sofort wandte Deniz sich dem Kollegen zu, als er ihm etwas bezüglich des Dokuments schilderte. Ich wandte meinen Blick ebenfalls von ihm ab und tat, als würde ich hochkonzentriert die Informationen auf dem Monitor studieren.

Nicht lange und Deniz ging auch schon. Ich atmete erleichtert auf. Ich mied ihn und das war ihm spätestens jetzt sicher nicht entgangen.

Am Abend, als ich auf meinem Zimmer war überlegte ich. Eigentlich dachte ich schon seit zwei Tagen darüber nach. Wollte ich Deniz diesen Kuchen bringen? Einerseits nein, wollte ich garantiert nicht, aber andererseits hatte ich es ja versprochen. Ich war es ihm irgendwie schuldig. Alles war so kompliziert. Deniz hatte so vieles noch komplizierter gemacht.

Ich war eine Frau, die zu ihrem Wort stand. Deswegen rappelte ich mich auf und bereitete den gewünschten Nusskuchen vor.

Knapp drei Stunden später lag der Kuchen zum Kühlen auf dem Balkonsims. Eigentlich hatte ich wirklich keine Lust Deniz irgendetwas Nettes zu tun, aber ich hielt mein Wort.

Am nächsten Morgen nahm ich die Hälfte des Kuchens mit. Gestern Nacht war mir der Einfall gekommen, dass ich ihm doch nicht den ganzen Kuchen geben musste, was ich ja ursprünglich auch nicht vorgehabt hatte, aber er würde nur drei Stücke vom ganzen bekommen. Das müsste genügen. Weitere vier Stücke nahm ich noch für meine Praktikantenkollegen und mich mit. In den letzten beiden Tagen hatte ich sie kaum zu Gesicht bekommen und mit dieser netten Geste könnte ich sie überraschen.

Außerdem konnte ich nicht ewig Trübsal blasen.

Ich lief zum Bahnhof und nahm die Tortenglocke mit. Es war blöd, dass ich kein Auto hatte, aber ändern konnte ich an dieser Tatsache leider nichts. Ich konnte froh sein, wenn keine Narbe an meinem Kopf zurückblieb.

Auf der Arbeit machte ich mich sofort an mein Tagesgeschäft ran. Der Kuchen würde später verteilt werden. Ich erledigte im Auftrag eines Kollegen ein paar administrative Aufgaben, sodass die Zeit relativ zügig rum ging, was sicher auch gut war, so musste ich nicht die Stunden zu meinem langersehnten Urlaub zählen. Endlich würde ich mal wieder etwas verschnaufen können und würde Abstand zum Unternehmen, zu dem Stress und zu Deniz gewinnen, was bitternötig war.

Plötzlich war es LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt